Gefahr für den Green Deal
Süddeutsche Zeitung Dossier
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Mittwoch, 22. Mai 2024
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Von Valerie Höhne

mit Gabriel Rinaldi und Tim Frehler

Schnelldurchlauf:

Zahl der antisemitischen Straftaten hat sich fast verdoppelt +++ So reagiert der Bundestag auf neue Sicherheitsrisiken +++ Die offene Radikalisierung der AfD +++ Wer zahlt Hochwasserschäden? +++ Baerbock in der Ukraine +++ Regierung lädt Bürger zum Demokratiefest ein



Guten Morgen. Das Rentenpaket II ist schon wieder nicht im Kabinett, aber die Einigung sei nah, versprochen, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast. „Der Mai hat 31 Tage“, sagte vor einer guten Woche Regierungssprecher Steffen Hebestreit, das Banale vielsagend verstanden wissen wollend.


Bis in die späten Abendstunden war nicht klar, ob die Tierschutznovelle (siehe unten) es durchs Kabinett schafft. Die FDP habe noch Abstimmungsbedarf, erfuhr SZ Dossier. Wir fragen uns: Wann ist der Bedarf der Liberalen nach Abstimmung gedeckt?


Herzlich willkommen am Platz der Republik.

Was wichtig wird

1.

Gewalt, politisch motiviert, steigt auf Rekordhoch

Heute veröffentlicht die Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) ihren neuen Bericht zu antisemitischen Vorfällen in Berlin im Jahr 2023. Was drinstehen wird: „Besorgniserregend ist, dass sich Antisemitismus zunehmend enthemmter zeigt, verbal, aber auch physisch“, sagte Projektleiterin Julia Kopp SZ Dossier.


Völlige Eskalation“: Die Zahl der antisemitischen Straftaten hat sich auch laut der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2023, die gestern vorgestellt wurde, fast verdoppelt. Insgesamt kamen die Ermittler auf 5164 Fälle. Mehr als 60.000 Delikte wurden erfasst. „Wir erleben eine völlige Eskalation der politischen Aggression“, sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gestern bei der Vorstellung. Seit 2014 hat sich die Zahl fast verdoppelt. „In Teilen der Bevölkerung bestehen Radikalisierungstendenzen“, warnte Holger Münch, Chef des Bundeskriminalamts.


Mehr Gewalt von rechts – und links: Die Gewalttaten aus dem rechten und linken Spektrum stiegen jeweils um rund neun Prozent. 1270 Angriffe gingen von Rechten aus, 916 von Linken. Im Bereich der „ausländischen Ideologie“ war die Zunahme stärker, hier wurden 491 Fälle registriert, knapp 32 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Bereich „religiöser Ideologie“ waren es 90 Fälle und 76 Prozent mehr. Mehr Zahlen gibt es hier von den SZ-Kollegen. Die Zahlen haben Konsequenzen. Gestern hat die Staatsanwaltschaft Neuruppin Anklage gegen fünf Mitglieder der Letzten Generation wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung erhoben.

2.

So reagiert der Bundestag auf Sicherheitsrisiken

In Frankfurt hat der zweite Terrorprozess gegen die Reichsbürger-Truppe um den Prinzen Reuß begonnen. Das Gericht wirft ihr vor, sie habe den Bundestag stürmen und Politiker erschießen wollen. Dort will man angesichts zunehmender Bedrohungen nicht stillsitzen. „Die Anforderungen an die Sicherheitsaufgaben im Deutschen Bundestag haben sich qualitativ verändert und sind angewachsen“, sagte uns ein Sprecher der Bundestagsverwaltung. Das Parlament hat seine Sicherheitsabteilung umorganisiert (SZ Dossier berichtete). Gabriel Rinaldi hat genauer hingeschaut.


Neues Referat für Zutritte: Das Referat „Polizei, Sicherungsaufgaben“ sei mit über 400 Dienstposten das größte der Bundestagsverwaltung gewesen. Aufgrund der Aufgabenfülle habe sich die Verwaltung für eine Aufteilung entschieden, es gibt nun ein neues Referat nur für Zutrittsangelegenheiten. Gleichzeitig wurde die Stabsstelle „Notfallmanagement“ in Stabsstelle „Kritische Infrastruktur und Krisenprävention“ umbenannt.


Sicherheit muss angepasst werden: Der Parlamentskomplex, selbst Teil der kritischen Infrastruktur, sei zum überwiegenden Teil vor mehr als 20 Jahren fertiggestellt worden. Wegen der „weiterhin bestehenden abstrakten Gefährdungslage für die Gebäude und Liegenschaften des Bundestages“ müsse man die Sicherheit im Rahmen aller Baumaßnahmen projektspezifisch erarbeiten oder anpassen, dabei aber ein offenes und modernes Parlament bleiben. Die dafür erweiterte Stabsstelle arbeite dazu mit den weiteren Referaten der Bundestagsverwaltung, etwa zur IT-Sicherheit, intensiv zusammen.


Nicht nur dort. Die Parlamentspolizei arbeite tiefer mit anderen Polizeibehörden zusammen, zudem würden Maßnahmen erarbeitet, die das Haus vor extremistischen Einflüssen schützten.

3.

Die offene Radikalisierung der AfD

Maximilian Krah, Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl, wird von der Führung seiner Partei mittlerweile als Belastung wahrgenommen. Aus dem Umfeld des Bundesvorstands erfuhr SZ Dossier, dass Krah zum „sofortigen Rücktritt“ aus dem Gremium aufgefordert werden solle. „Das hätte durchaus eine positive Wirkung in die Partei hinein“, hieß es. Die nächste Stufe der Distanzierung von einem Stimmenfänger.


Ich kenne den Menschen nicht: Außerdem sei es nur folgerichtig, wenn Krah nicht mehr gemeinsam mit den Parteivorsitzenden auftreten würde, hieß es weiter. Damit würde zunächst Krahs Auftritt am kommenden Samstag in Marl wackeln, wo er gemeinsam mit Alice Weidel und Tino Chrupalla bei einer Wahlkampfveranstaltung sprechen soll. Die Fragen sind aber größer. Woher kommt die Aufregung der Parteispitze diesmal?


Gleich darauf krähte ein Hahn. Bisher sind AfD und Marine Le Pens Rassemblement National (RN) gemeinsam Teil der Fraktion Identität und Demokratie (ID) im Europäischen Parlament. Das ändert sich aber wohl bald. Verantwortlich dafür: Maximilian Krah. Der hatte am Wochenende der italienischen Zeitung La Repubblica gesagt, er werde „nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Verbrecher war“. Das war dem RN viel zu viel Rechtsextremismus in Reinform. Er passt nicht zu Le Pens Kurs der sogenannten Entteufelung. Die Französin will sich bürgerlicher präsentieren, sanfter im Ton. Eine sich weiter radikalisierende AfD stört da sehr.


Getrennte Plätze: Im Europaparlament wollen die Franzosen nicht mehr mit der AfD zusammenarbeiten. Alexandre Loubet, Wahlkampfleiter des RN-Spitzenkandidaten Jordan Bardella, sagte der französischen Zeitung Libération: „Wir werden in der nächsten Amtszeit nicht mehr mit ihnen zusammensitzen.“ Der RN-Abgeordnete Thibaut François wurde in La Repubblica noch deutlicher und sagte: „Wir werden uns in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr mit der AfD zusammenschließen.“


Wie geht es weiter? Fraktionen im Europaparlament sind fluider, als sich Berliner Pflänzchen das vorstellen, aber Veränderung passiert wie überall sonst: entweder durch Austritt oder durch Rausschmiss. Der RN hat diesbezüglich noch keine Parteilinie kommuniziert. Die AfD hat für den heutigen Vormittag eine Sondertelefonkonferenz anberaumt.

4.

Wer zahlt?

Hochwasserentwarnung kam gestern Mittag von der Landesregierung des Saarlands. Es würden keine starken neuen Regenfälle erwartet. Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD), sagte in einem etwas kühnen Wortspiel, man werde „niemanden im Regen stehen lassen, weder wortwörtlich noch finanziell“. 1000 Euro kann jeder Betroffene pauschal erhalten. Wer einen Schaden über 5000 Euro hat, aber keine Versicherung, kann Hilfe gemäß der sogenannten Elementarschädenrichtlinie beantragen. Dafür müssen Betroffene nachweisen, dass eine Versicherung „finanziell nicht zumutbar“ gewesen wäre. Doch wer zahlt in diesen Fällen?


Bundesregierung wartet ab: Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte SZ Dossier, „grundsätzlich sind in den Bereichen Katastrophenschutz und -hilfe der Länder zuständig“. Der Bund könne „nur ausnahmsweise finanzielle Unterstützung gewähren, wenn die Naturkatastrophe eine nationale Dimension erreicht hat“, sagte er. „Ob die Hochwasserkatastrophe von nationaler Dimension ist, ist auf Grundlage der Schadenslage erst noch zu bestimmen.“


Erst einmal aus eigener Kraft: Aus saarländischen Regierungskreisen heißt es, zum jetzigen Zeitpunkt sei der Gesamtschaden in keinster Weise abzuschätzen. Erst nach der Analyse der Schadenshöhe könne man prüfen, welche staatliche Ebene welchen Anteil leisten müsse. Die Maßnahmen, die bislang auf den Weg gebracht wurden, stemmen Land und Kommunen allerdings gemeinsam, heißt es weiter.

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Tiefgang

Gefahr für den Green Deal

Die Welt dreht sich nicht zurück, und Geschichte wiederholt sich nicht. Die Europawahl am 9. Juni wird zwar zu einer Klimawahl, genau wie 2019, zu einer Richtungswahl darüber, ob es mit dem Green Deal, dem ambitionierten Klimaprojekt der EU, weitergeht. Doch die Klimakrise wurde aus den Schlagzeilen verdrängt.


Es ist ja verständlich. „Natürlich ist das Klimathema durch die Krisen der letzten Jahre in den Hintergrund gedrängt worden“, sagt Sascha Müller-Kraenner, CEO der Deutschen Umwelthilfe, SZ Dossier. „Mein Eindruck ist, wenn man genauer nachfragt, gibt es noch immer ein großes Bewusstsein dafür, dass die Klimakrise eines der ganz großen Probleme ist. Und darüber, dass sich die Regierungen kümmern müssen.“


Das Momentum ist verloren gegangen, sowohl der Klimabewegung als auch der Grünen Partei. Es war erst die Pandemie, dann der Ukrainekrieg, die Wirtschaftskrise und das Gefühl der Gängelei durch Gesetzgebung, die den Menschen zu viel abverlangte. Wenn aber die Öffentlichkeit fehlt, die nach einer Lösung ruft, wenn der Gesellschaft „Klimawandelmüdigkeit“ attestiert wird, gibt es Raum für Stimmen, die die Welt gänzlich anders sehen als Klimawissenschaftler und die den Green Deal am liebsten aufweichen würden, die Welt zurückdrehen, gewissermaßen.


Ein Auszug: Carsten Spohr, CEO von Lufthansa, sagte dem Handelsblatt, er wolle die Quoten für die Beimischung von synthetischem Kerosin ändern, BMW-Chef Oliver Zipse sagte im Interview mit der FAZ, das Verbot neuer Verbrenner auf EU-Ebene ab dem Jahr 2035 sei „naiv“. Dadurch mache sich die Industrie „erpressbar“. Statt darauf zu setzen, müssten Kraftstoffe, also Benzin und Diesel, mit „einem anspruchsvolleren CO2-Ziel belegt werden“.


Es gibt aus der Kommission erste Zeichen der Aufweichung, der EVP-Vorsitzende Manfred Weber hat angekündigt, das Thema Verbrenner-Aus direkt nach der Wahl neu zu besprechen. Der Spiegel berichtet über einen Entwurf von EU-Ratspräsident Charles Michel zur neuen Strategischen Agenda des Kontinents, der die Leitplanken von 2024 bis 2029 vorgeben und im Juni beschlossen werden soll. Die Klimakrise tauche nur am Rande auf. Zum Vergleich: 2019 war eines der Hauptziele ein „klimaneutrales, grünes, faires und soziales Europa“, das schrieb Michel selbst. Die Bundesregierung ist mit dem Entwurf nicht einverstanden.


„Es geht dabei auch um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“, sagt Müller-Kraenner, er erinnert an die USA und China, die viel in Elektromobilität investierten. „Es wäre verhängnisvoll, wenn die Dinge, die jetzt angeschoben worden sind, wie das Verbrenner-Aus, wieder rückgängig gemacht würden. Nicht nur wegen des Klimaschutzes, sondern wegen der Wettbewerbsfähigkeit“, sagt er.


Dass es um Wettbewerbsfähigkeit geht, ist die Sicht der Umweltverbände, der Grünen. Die „Klimawandelmüdigkeit“ bleibt. Sie ist dokumentiert, die Universität Hamburg hat in einer Befragung, die sie jährlich wiederholt, herausgefunden, dass 2023 im Vergleich zu 2021 nur noch halb so viele Menschen fanden, dass der Klimawandel eines der drängendsten Probleme des Landes sei. Müller-Kraenner sieht sie auch.


„Die vielen Vorschriften stoßen nicht auf Widerhall“, sagt er. Das Heizungsgesetz. „Klimaschutz ist nicht das einzige Umweltproblem“, sagt er, „Naturschutz ist ebenfalls ganz wichtig. Es ist wichtig zu sagen, es geht auch darum.“ Derzeit sehe er eine „Übersättigung“ der Gesellschaft mit dem Thema. Es ist ja auch alles wichtig – doch nicht einmal die zuständigen Kabinettsmitglieder Robert Habeck und Steffi Lemke, obwohl beide von den Grünen, können sich auf Prioritäten einigen.


Laut einer Umfrage, die der britische Guardian in Auftrag gab, glauben 80 Prozent der befragten Klimawissenschaftler, dass die Welt mindestens um 2,5 Grad heißer werden wird. Die neuen Wetterextreme der Gegenwart wären dann erst der Anfang.


Hat er denn Hoffnung? „Es hat sich schon viel geändert. Dort, wo ein politischer Wille vorhanden ist, gibt es auch die Unternehmen, die technische Lösungen anbieten. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien“, sagt er, „ist eine Riesen-Erfolgsgeschichte der letzten Jahre.“ Eine gute Nachricht: Der NDR hat recherchiert, dass Deutschland schon an diesem Montag, sieben Monate vor Ende des Jahres, das Ausbauziel 2024 für die Solarenergie erreicht hat. Es sind – Chapeau! an die Bürgerinnen und Bürger – auch die vielen kleinen Balkonkraftwerke, die ihren Dienst seit neuestem tun.

Fast übersehen

5.

Baerbock ist zum siebten Mal seit Kriegsbeginn in der Ukraine: Paul-Anton Krüger hat sie begleitet. Er berichtete, dass Baerbock mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba eigentlich nach Charkiw wollte, das ging aber nicht, viel zu gefährlich, seit Russland die Offensive rund um die Stadt begonnen hat. Baerbock fordert im Ampel-Haushaltsstreit mehr Geld für Sicherheit. Der Bild sagte sie, „niemand kann es verantworten zu sagen, wir waren damals nicht bereit, weitere Milliarden in die Hand zu nehmen für den Frieden“.


Mobile Luftverteidigung: Weil die Ukraine derzeit nicht genügend Luftverteidigungssysteme hat, müsse sie kreativ sein. Sie geht mit mobilen Einheiten auf Drohnen- und Raketenjagd, Baerbock besuchte gestern Nachmittag eine solche Truppe. Auf einem weißen Pick-up-Jeep ist ein Maschinengewehr montiert, damit ließen sich auf 600 bis 1000 Meter die langsamen Shahed-Drohnen abschießen. Gegen Raketen und Marschflugkörper versuchen sie, mit Stinger-Abwehrraketen anzukommen. Kriegen sie Informationen zur Flugbahn, berichtet Paul, rasen diese Einheiten zum Einsatzort und bringen sich in Stellung. Doch gegen die massiven Attacken reicht die Kreativität oft nicht.


Treffen im Weimarer Dreieck: Heute empfängt Baerbock in Weimar ihren französischen Amtskollegen Stéphane Séjourné und Radosław Sikorski aus Polen. Es wird, selbstredend, auch bei diesem Treffen vor allem um Sicherheitspolitik gehen.

6.

Alle unzufrieden: Mit der Tierschutznovelle sind Tierschützer und Bauernverbände gleichermaßen unzufrieden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte, dass die Anbindehaltung von Rindern weiterhin nicht vollständig beendet und das Kupieren der Ringelschwänze bei Ferkeln kaum eingeschränkt werde. „Und die extrem tierschutzwidrigen Tiertransporte werden erst gar nicht erwähnt“, sagte ein Sprecher des Verbands SZ Dossier.


Moment mal: Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands kritisierte scharf („Stoppt diesen Wahnsinn“), dass in Ausnahmefällen – denn eigentlich ist die Praxis routinemäßig verboten – künftig nur maximal ein Drittel des Schwanzes gekürzt werden dürfe. Das treffe wieder nur die deutschen Ferkelerzeuger, denn Importferkel mit stärker gekürzten Schwänzen seien davon nicht direkt betroffen.

7.

Darf er so? Olaf Scholz hat nach dem Unfalltod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi „der Regierung der Islamischen Republik Iran und den Familien der beim Absturz Getöteten“ sein Beileid ausgedrückt. Wem also nicht: dem iranischen Volk, das den Massenmörder kaum vermissen wird. Das Kondolieren, „eine etablierte diplomatische Praxis“, schrieb Nicole Deitelhoff, Leiterin des Leibniz-Instituts für Friedens- und Konfliktforschung, auf der Plattform X. Es drücke „keine Wertschätzung für die Person aus“.


Trotzdem falsch? Es hätte „völlig ausgereicht“, schrieb CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt, wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier „nur den Angehörigen der Familien kondoliert hätte“. FDP-Spitzenkandidatin für die EU-Wahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, schrieb neulich schon, es sei „ein moralischer Absturz“, dass die UN eine Schweigeminute zu Raisi (Spitzname: „Schlächter von Teheran“) abgehalten hatte. Die USA und Frankreich haben zwar auch kondoliert, aber nur auf Ebene der Außenministerien: Es führten nicht einmal die Minister selbst das Wort.

8.

CSD-München lädt CSU aus: Die Veranstalter des Christopher-Street-Day in München haben die CSU-Stadtratsfraktion nicht zur Politparade zugelassen, weil sie sich zu wenig für „gleiche Rechte und gesellschaftliche Akzeptanz von queeren Menschen engagieren“.


Früher darüber gefreut: Der Regensburger FDP-Abgeordnete Ulrich Lechte sagte SZ Dossier, vor einigen Jahren hätten sie sich „sehr darüber gefreut, wenn die CSU endlich teilgenommen hätte“. Demokraten müssten in diesen Zeiten zusammenstehen. So sieht das auch CSU-Generalsekretär Martin Huber, er sagte der Bild, das sei ein „Schlag ins Gesicht für alle queeren Mitglieder und Wähler der CSU“.

Zitat des Tages

Ich habe ehrlich gesagt nicht so richtig viel Verständnis dafür, dass hier zwei derartig ungleiche Sachverhalte miteinander gewissermaßen in eine Akte gepackt werden.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) über die Entscheidung des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs, zeitgleich Haftbefehle gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, Verteidigungsminister Joav Galant und die Führung der Terrororganisation Hamas anzustreben

Zu guter Letzt

Zwischen Bundeskanzleramt und Paul-Löbe-Haus feiert die Bundesregierung, gemeinsam mit Parlament, Bundespräsidialamt und den Ländern am Wochenende ein Demokratiefest zur Feier des 75-jährigen Geburtstags des Grundgesetzes. Servicehinweis: Tickets braucht es keine, nur Anmeldungen zu Veranstaltungen auf den Hauptbühnen sind erforderlich, auch hier gibt es aber Ticketkontingente vor Ort. Die Regierung bittet, keine unhandlichen Gegenstände mitzubringen, sonst könne man den – aus Sicherheitsgründen, siehe oben – abgesperrten Bereich nicht betreten.


„Im Jahr 1949 haben sich vermutlich nur wenige Menschen vorstellen können, dass wir einmal das 75-jährige Jubiläum des Grundgesetzes feiern würden. Aber vielleicht liegt das Erfolgsrezept des Grundgesetzes gerade in seinem ursprünglichen Charakter als Provisorium, im Unvollendeten und seiner Anpassungsfähigkeit“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) SZ Dossier.


Er plädierte dafür, insbesondere das Bundesverfassungsgericht besser zu schützen. „Die Erfahrung anderer Staaten in den letzten Jahren lehrt uns, dass Populisten mit subtilen Mitteln versuchen, die Funktionsfähigkeit der Dritten Gewalt zu beeinträchtigen – allen voran die der Verfassungsgerichte“, sagte er. Davor wolle man die Verfassungshüter schützen.


Vielen Dank! An Florian Eder fürs Redigat, an Gabriel Rinaldi und Tim Frehler für ihre Beiträge und den langen Einsatz, an Paul-Anton Krüger für die Einblicke vor Ort und an Sabrina Frangos und Team in Australien für Schlussredaktion und Produktion.

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Florian Eder

Leiter SZ Dossier

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Valerie Höhne

Leitende Redakteurin