Frankreich hat gewählt: Zwischen Erleichterung und Ratlosigkeit
Süddeutsche Zeitung Dossier
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Montag, 8. Juli 2024
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Von Valerie Höhne

mit Gabriel Rinaldi und Selina Bettendorf

Schnelldurchlauf:

Haushaltseinigung bislang überraschend pragmatisch +++ Ampel-Koalitionäre hoffen auf Annäherung zu Großbritannien +++ Die wichtigste Frage des Nato-Gipfels +++ Tiefgang: Zeitdruck bei der 5G-Einigung +++ Personaldiskussionen bei der Linken



Guten Morgen. Quelle surprise. Das Linksbündnis Nouveau Front Populaire liegt vorn, es errang laut Le Monde und France 24 182 Sitze, darauf folgt das Bündnis Ensemble von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit 168 Sitzen, erst auf Platz 3 liegt Marine Le Pens Rassemblement National (RN) mit 143 Sitzen. Die absolute Mehrheit von 289 Sitzen konnte kein Bündnis erreichen.


Doch wer wird Frankreich künftig regieren? Premierminister Gabriel Attal kündigte an, heute früh seinen Rücktritt bei Macron einzureichen, er werde seine Aufgaben aber so lange wahrnehmen, wie es nötig sei.


Macrons Strategie, wenn man sie denn so nennen kann, in einem Duell mit Frankreichs Rechtsextremen seine eigene Stärke zu beweisen, ist trotz des Wahlausgangs – und der Stärkung der sogenannten „republikanischen Front“, der Brandmauer also zum RN – gescheitert.


Zur Nouveau Front Populaire, der großen Gewinnerin des Wahlabends, gehört auch die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI). Deren Chef Jean-Luc Mélenchon forderte Macron gestern Abend auf, die „Neue Volksfront“ zum Regieren aufzurufen.


Möglich wäre eine Koalition aus Grünen, Sozialisten, Kommunisten, und Macronisten, rein arithmetisch könnte das funktionieren, LFI wäre raus. Für Frankreich wäre eine solche Koalition trotzdem neu, Koalitionsregierungen kennt die Fünfte Republik nicht. „Die Wählerinnen und Wähler senden eine eindeutige Botschaft, dass sich etwas in der französischen Innenpolitik ändern muss“, sagte Europaausschussvorsitzender Anton Hofreiter SZ Dossier.


Können Koalitionsregierungen in Frankreich funktionieren? Die Bundesregierung ist derzeit dafür ein höchstens mittelmäßiges Beispiel. Macron wollte sich am Abend nicht äußern, bei einer so raschen Neuwahlentscheidung will er sich immerhin bei der Analyse der Ergebnisse etwas Zeit lassen. Herzlich willkommen am Platz der Republik.

Was wichtig wird

1.

Das (vorläufige) Ende des Haushaltsstreits ist leiser als erwartet

Ist der Kanzler durchsetzungsschwach? Wieder hat Olaf Scholz es nicht geschafft, einen Notlagenbeschluss gegen Finanzminister Christian Lindner durchzusetzen. Seine SPD sah das am Wochenende gelassener als noch am Freitag. „Mit diesem Haushaltsentwurf setzen wir ein starkes Zeichen: Wir investieren mutig in die Zukunft Deutschlands und stärken den sozialen Zusammenhalt“, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, SZ Dossier.


Die Milliarden sind dahingeschmolzen. Eine Haushaltslücke von 40 Milliarden Euro wurde zu zehn Milliarden Euro, jeder Stein sei umgedreht worden für die politische Einigung zwischen Scholz, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP). Nun sind die Parteien und Fraktionen gefragt.


So begeistert sind die Grünen nicht: Vieles sei noch unklar, sowohl die Einigungen zum Haushalt als auch die zum Dynamisierungspaket seien kompliziert, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Sven-Christian Kindler, SZ Dossier. „Es ist ein gutes Ergebnis für Klima und Kinder. Gleichzeitig gibt es schmerzhafte Kürzungen, zum Beispiel bei der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit“, sagte er.


Was mehr schmerzt: dass die FDP etwas bekam und die Schuldenbremse nicht angetastet wird. „Im Kern zeigt die Einigung, dass die Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form den großen Herausforderungen unserer Zeit – Krieg in Europa, Klimakatastrophe, Investitionsstau – nicht gerecht wird“, sagte Kindler. Für mehr Investitionen sei eine Reform der Schuldenbremse „notwendig“. Er kritisierte, vom Abbau der kalten Progression profitierten „vor allem“ Besserverdiener. Was immer zieht: sich selbst zum Maßstab zu machen. „Das nimmt den Kommunen Investitionsspielräume, und ehrlich gesagt, ich brauche das Geld nicht“, sagte er.


War die Krise notwendig? Der Kanzler sprach am Freitag von einer Einigung aus „einem Guss“, aber auch davon, dass die Alternative keine Alternative sei: „Die Nerven zu verlieren, hinzuschmeißen, vor der Verantwortung wegzulaufen.“ Seit Monaten heißt es aus Koalitionskreisen, dass der Haushalt 2025 das Ende der Ampel sein könnte. Donnerstagmittag waren sich führende Koalitionspolitiker nicht sicher, dass ein Kompromiss zwischen Habeck, Lindner und Scholz gelingen könnte. Im Vergleich zum Streit wirkt die Einigung nun recht pragmatisch. Mehr Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, finanzielle Arbeitsanreize für Rentner und ausländische Fachkräfte, eine dauerhafte Senkung der Stromsteuer, härtere Regeln für Bürgergeldempfänger. Gespart wird im Sicherheitsbereich – dort also, wo die meisten Menschen im Land es eher weniger mitbekommen.

2.

„Kann Biden zwei zusammenhängende Sätze hervorbringen?“

Übermorgen fliegt der Kanzler gemeinsam mit vielen weiteren Staats- und Regierungschefs zum Nato-Gipfel nach Washington D.C. Sie wollen sich dabei auch, berichtet mein Kollege Hubert Wetzel, ein Bild vom körperlichen und geistigen Zustand des US-Präsidenten Joe Biden machen. „Die wichtigste Frage in Washington wird sein: Kann Biden zwei zusammenhängende Sätze hervorbringen?“, sagte ein europäischer Diplomat.


Ebenfalls eine wichtige Frage: Was machte Ungarns Staatschef Viktor Orbán wenige Tage vor dem 75-jährigen Nato-Jubiläum beim russischen Diktator Wladimir Putin? Warum teilte er danach ein Werbevideo von dem Besuch, auf dem das Logo der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft prangte, ganz, als sei er im Auftrag der EU unterwegs? (Weil es genau so aussehen sollte.) Das Weiße Haus zeigte sich besorgt über die Reise, die „weder dem Frieden dient, noch die territoriale Unversehrtheit, Souveränität oder Unabhängigkeit der Ukraine befördert“. Überraschend reiste Orbán nun auch nach China, wo er mit Staatschef Xi Jinping Gespräche führen will. Auf X postete er ein Foto seiner Ankunft, das er mit „Friedensmission 3.0 #Beijing“ betitelte. Ein Treffen von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mit ihrem ungarischen Amtskollegen Péter Szijjártó, das für heute angedacht war, wurde von ungarischer Seite abgesagt.

3.

Gute Nachrichten für die Ampel

Für die Ampel, FDP inbegriffen, ist der Sieg der Labour-Partei in Großbritannien Grund zur Freude. Am Samstag war Großbritanniens neuer Außenminister David Lammy zu Besuch bei Annalena Baerbock, nur einen Tag nach seiner Vereidigung im neuen Amt. „Nach dem für die Wirtschaft schädlichem Brexit können Briten und Deutsche nun auf eine Regierung hoffen, die sich pragmatisch der Stärkung der deutsch-britischen Beziehungen widmet“, sagte der FDP-Abgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der deutsch-britischen Parlamentariergruppe, Michael Kruse, SZ Dossier.


Ampel hofft auf mehr Zusammenarbeit in vielen Bereichen: Selbst Jugendaustausche seien zuletzt schwierig gewesen, sagte die Abgeordnete Nyke Slawik (Grüne) SZ Dossier, die ebenfalls Teil der deutsch-britischen Parlamentariergruppe ist. Auf ihrer letzten Reise sei ihr von Schulklassen aus Deutschland berichtet worden, die Probleme hatten, Visa zu erhalten, wenn Kinder aus geflüchteten Familien dabei waren. Sie hoffe auf eine „entspanntere Politik“ der neuen britischen Regierung. Dass Premierminister Keir Starmer Abschiebungen nach Ruanda gestoppt hat, mache sie hoffnungsvoll. Slawik sagte, sie könne sich gut vorstellen, dass Deutschland und Großbritannien künftig beim Aufbau einer klimaneutralen Wasserstoffindustrie enger zusammenarbeiten könnten.


Lammy offen für Annäherung: „Wir prüfen mit der neuen britischen Regierung, wie das Vereinigte Königreich auch wieder näher an die EU heranrücken kann“, schrieb das Auswärtige Amt auf X. Auch Lammy drückte den Wunsch nach einem Neustart aus. Natürlich sei man „weiterhin offen dafür, sollte das Vereinigte Königreich wieder den Schritt in die EU hineinwagen“, sagte Slawik, mehr in Hoffnung als tiefer Vertrautheit mit dem britischen Diskurs.

4.

So twittert der Bundestag

Es ist Montag und wir schauen mit der Bundesdatenschau darauf, wie die Bundestagsabgeordneten auf X unterwegs waren. In der Grafik stellen die Kollegen dar, wer im Vergleich zu den Vorwochen durchschnittlich mehr oder weniger Aufmerksamkeit in Form von Likes und Kommentaren erhalten hat.

Twitter-Trends der Woche
in Kooperation mitBundesdatenschau

Kritik, Kritik, Kritik: Jürgen Pohl (AfD) kritisierte in seinem Tweet die angekündigten Reparationszahlungen Richtung Polen und erhielt dafür überdurchschnittlich viele Likes. Der Linken-Abgeordnete Bernd Riexinger hingegen punktete, indem er die Aussage seiner ehemaligen Parteifreundin Sahra Wagenknecht (BSW), die Grünen würden Deutschland mehr schaden als die AfD, kritisierte. ⁠Franziska Brantner (Grüne) repostete ein Video der Transformationsforscherin Maja Göpel zum Thema Klimaschutz.


Es bestand Diskussionsbedarf. Nicole Höchst (AfD) postete einen Screenshot mit einer offenbar an sie gerichteten grob beleidigenden Nachricht, den sie mit „Fanpost. :D“ kommentierte. Christian Dürr (FDP) warnte nach dem ersten Wahlgang in Frankreich die Parteien der Mitte, die Probleme der Zeit anzusprechen. Beide Tweets bekamen – neben Riexingers Wagenknecht-Kritik – überdurchschnittlich viele Kommentare.

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Tiefgang

Zeitdruck bei der 5G-Einigung

Sollen Bauteile der chinesischen Firmen Huawei und ZTE aus deutschen Handynetzen verschwinden? Darum ringt die Regierung seit Jahren. Die einen sorgen sich um den Schutz kritischer Infrastruktur, die anderen um die flächendeckende Internetversorgung. Über allem schwebt die Frage, wie Deutschland unabhängig von Peking wird. Nach Informationen von SZ Dossier hat das Innenministerium (BMI) schon vor Wochen festgehalten, wie gefährlich die chinesische Technik wirklich ist. Eine Einigung ist aber noch nicht in Sicht.


Auf der Agenda des Innenausschusses stand am Mittwoch ein Bericht der Bundesregierung zur 5G-Debatte, der Tagesordnungspunkt wurde aber nicht aufgerufen. Eigentlich wollte die Ampel vor der Sommerpause eine Lösung finden. Diskussionen über einen Bericht gibt es schon länger, das Dossier Digitalwende berichtete bereits vergangene Woche über die internen Diskussionen dazu (hier kostenlos testen).


Im Mai war der Bericht nach Informationen von SZ Dossier auch Thema im Außenausschuss. Das Innenministerium berichtete in einer nicht-öffentlichen Sitzung, man arbeite seit Monaten an einer Gefahreneinschätzung, die nun fertig sei. Auch zum 5G-Gipfel des Kanzlers mit den beteiligten Ressorts im Mai gab es Gerüchte, dass ein BMI-Papier dazu fertiggestellt sei.


Das Thema: eine Technikanalyse zur Einschätzung der Kritikalität der 5G-Komponenten. Eine Sprecherin des Innenministeriums teilte SZ Dossier mit, die Prüfungen des BMI zu kritischen Komponenten chinesischer Hersteller in 5G-Mobilfunknetzen gingen weiter voran und sollen „in Kürze“ abgeschlossen werden. Zu weiteren Details könne das Ministerium keine Auskünfte erteilen.


Im Hintergrund bestätigen mehrere Beteiligte, das geheime Papier sei finalisiert. Es sei in den vergangenen Monaten fertiggestellt worden und könnte eine Diskussionsgrundlage für das Gipfeltreffen gewesen sein. „Die Bundesregierung drückt sich weiter vor der Entscheidung zum Austausch chinesischer Komponenten aus dem deutschen Mobilfunknetz“, sagte CDU-Innenpolitiker Alexander Throm SZ Dossier. Die Ampel erwecke den Eindruck, als schiebe sie das Thema auf die lange Bank.


Die Positionen der Ressorts sind bekannt. Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) wollen ein zügiges Verbot kritischer Bauteile der betroffenen chinesischen Konzerne im deutschen Mobilfunknetz. Digitalminister Volker Wissing (FDP) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sind davon nicht überzeugt. Vor allem Wissing verfährt nach altem FDP-Wahlspruch „Digital first, Bedenken second“. Er wünscht sich, dass die Versorgung nicht gefährdet wird, priorisiert schnelles Internet: Bauteile also erst dann ersetzen, wenn sie eh nicht mehr funktionieren.


Ein Insider sagte, bis zuletzt sei einer der drei Mobilfunkanbieter in Deutschland nicht von Wissings Strategie überzeugt, weil sich seine Aktionäre eher ein Verbot wünschten. Politisch wäre das eine Ansage: Wenn dieser Provider überzeugt würde, könnte die Einigung noch vor Ende Juli erreicht werden. Bisher ist das nach Informationen von SZ Dossier aber nicht der Fall. Also hoffen in der Regierung jetzt schon manche auf eine Einigung zum Herbstbeginn.


Dafür haben sich am Dienstag die Staatssekretäre aller betroffenen Häuser zu ihrer regelmäßigen China-Runde getroffen, wie zunächst das Handelsblatt berichtete. Die Runde soll nach der Verabschiedung der China-Strategie vor einem Jahr eingerichtet worden sein und trifft sich nach Informationen von SZ Dossier derzeit ungefähr alle vier Monate. Zuständig sei dabei das Auswärtige Amt, wie es aus Regierungskreisen hieß.


Ein Sprecher sagte, in der Runde gehe es um die Steuerung und Umsetzung der China-Strategie. „Sie stellt dabei auch eine angemessene strategische Vorausschau sicher“, sagte er. Mehrere beteiligte Ministerien wollten sich zu regierungsinternen Abstimmungen nicht äußern. Die Frage, ob auch die 5G-Einigung auf der Tagesordnung stand, ließen sie unbeantwortet. Gabriel Rinaldi, Selina Bettendorf

Fast übersehen

5.

Chrupalla unterstützt Weidel als Kanzlerkandidatin: Mitten in Sachsen hat ZDF-Moderatorin Shakuntala Banerjee AfD-Chefin Alice Weidel getroffen, beinahe zeitgleich war Co-Chef Tino Chrupalla zum ARD-Interview verabredet. Erste Frage von Banerjee an Weidel: Will sie Kanzlerkandidatin werden? Dazu will sich Weidel nicht äußern, Chrupalla aber würde sie unterstützen. Die AfD ist in Teilen gesichert rechtsextrem, bei einer Parteiveranstaltung in Freiberg wurde von Teilnehmern die SA-Parole „Alles für Deutschland“ skandiert.

6.

Personaldiskussionen bei der Linken: Nach dem desaströsen EU-Wahlergebnis von 2,7 Prozent hat sich der Parteivorstand der Linken am Wochenende zur Klausur getroffen. Das Ergebnis sei ein „schwerer Schlag“, hieß es in einem Papier des Vorstands, das SZ Dossier vorliegt. Laut dem Papier soll eine Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des Bundesparteitags gebildet werden, diese soll „Personalvorschläge von Parteivorstand und Landesvorsitzenden“ entwickeln. Zunächst hatte der Spiegel darüber berichtet. Aus Parteikreisen hieß es, die Vorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler „kleben nicht am Stuhl“, soll heißen: Sie könnten sich einen Spitzenpersonalwechsel vorstellen.


Kritik der Kritik: Am Wochenende hatte der frühere Fraktionschef Dietmar Bartsch gesagt, es brauche eine „strukturelle, politische und personelle Erneuerung“. Die Aussage wurden während der Klausur nach Teilnehmerangaben „mit deutlichen Worten schwer verurteilt“. Selbstkritik übte die Linke bei der Klausurtagung aber auch. Obwohl sie mit sozialer Gerechtigkeit ein zentrales Thema im EU-Wahlkampf bespielt hätten, gebe es verschiedene Gründe, warum Menschen ihr Kreuz woanders machten: „Außenpolitik, Flucht und Migration und Wirtschaftspolitik hält (unterschiedliche) potenzielle Wähler*innen von der Wahl ab“, hieß es im Parteivorstandspapier. Die Linke habe in „medialen Debatten kaum eine Rolle“ gespielt.

7.

Abschied: In ihrem Büro steht auf der Kommode ein Panzermodell, ein Eurofighter auf dem Schreibtisch. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, bislang Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, verabschiedet sich nach Brüssel. Damit geht eine der lautesten innerkoalitonären Gegnerinnen von Kanzler Olaf Scholz (SPD). Der dürfte sie kaum vermissen, immerhin aber sei er bei ihrer letzten Rede da gewesen, erzählte sie Georg Ismar.


Am 16. Juli konstituiert sich das Parlament in Brüssel: In der Woche danach bilden sich im Europaparlament die Ausschüsse, danach geht sie in den Urlaub. Eine Reise ins westukrainische Lwiw Anfang April politisierte sie im Ukrainekrieg. Ihre Mitreisenden, der Europaausschussvorsitzende Anton Hofreiter (Grüne), Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, und sie selbst waren fortan die Treiber, wenn es um mehr Waffenlieferungen für die Ukraine ging. „Ich möchte keinen Tag hier missen“, sagte sie zum Abschied aus dem Bundestag. „Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, was hier geleistet wird. Das ist ein Hochleistungsbetrieb.“

Zitat des Tages

Die russischen Streitkräfte planen einen Aufwuchs auf 1,5 Millionen Soldaten, das sind mehr Soldatinnen und Soldaten als in der gesamten EU. Wir sollten ernst nehmen, was Putin in Reden und Schriften geäußert hat.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, im Interview mit der SZ zu einem möglichen russischen Angriff auf das Nato-Gebiet

Zu guter Letzt

Wenn die Politik es nicht hinbekommt, muss es der Fußball richten. So fühlte es sich in den vergangenen Wochen manchmal an, zum Beispiel als Niclas Füllkrug ein neues Sommermärchen beschwor. Vor allem aber, als Bundestrainer Julian Nagelsmann sich nach dem verlorenen Viertelfinale gegen Spanien vor die Presse setzte und weinte.


Er verband das mit einem Appell, der aus dem Mund vieler Politiker hohl geklungen hätte, aus seinem aber integer. Es sei wichtig, nicht immer sofort das Negative zu sehen, sich gegenseitig zu unterstützen, zum Beispiel beim Hochwasser, zu integrieren und willkommen zu heißen.


Mein Mann, Hobbydatensammler, hat in einer Excel-Tabelle – außerordentlich unwissenschaftlich, aber trotzdem interessant – die Niederlagen der deutschen Fußballnationalmannschaft mit den Umfragewerten der AfD verglichen. Selbstredend, als die Leistungen der Mannschaft nachließen, stiegen die Werte. Natürlich ist es unsinnig, das in dieser Steifheit miteinander zu verbinden.


Und trotzdem ist mit dem Wunsch nach dem Sommermärchen eine Sehnsucht nach einem Patriotismus verbunden, der sich einfach darüber freuen darf, in was für einem schönen, vielfältigen, und oft offenen Land wir leben. Das auch noch guten Fußball spielen kann.


Vielen Dank! An Florian Eder fürs Redigat, Gabriel Rinaldi und Selina Bettendorf für ihre Beiträge, an Claus Hulverscheidt für seine fachliche Expertise, und an Michelle Ostwald und Team in Sydney für Schlusskorrektur und Produktion.

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Florian Eder

Leiter SZ Dossier

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Valerie Höhne

Leitende Redakteurin