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Was die AfD jetzt blockieren kann

Montag, 2. September 2024
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Von Florian Eder

mit Tim Frehler und Gabriel Rinaldi

Guten Morgen. Rund 74 Prozent erreichte die Wahlbeteiligung in beiden Ländern – die Epochenscheide haben Wählerinnen und Wähler nicht durch Desinteresse herbeigeführt. In Thüringen ist eine rechtsextreme Partei zum ersten Mal stärkste Kraft in einem deutschen Landtag, in Sachsen hat nicht viel zum Erstplatzierten gefehlt. Was nun folgen sollte, es bleibt nicht viel anderes übrig, ist die Übung, in demütigem Pragmatismus und demokratischer Selbstachtung Wege zu neuen Landesregierungen zu finden.


Die Klage jedenfalls über die ideologischen Unterschiede der drei Parteien, die aus der Berliner Ampel bis hoch zum Bundeskanzler die ganze Zeit erhoben wird, ist seit gestern noch weniger eine Ausrede für schlechtes Regieren: Frage mal jemand die Leute von CDU und dem Bündnis Sahra Wagenknecht, die in Sachsen und Thüringen jedenfalls Gespräche beginnen wollen, wie viel sie gemeinsam haben.


Dossier-Flex: Tim Frehler berichtet aus Erfurt, Gabriel Rinaldi aus Berlin und ich aus Dresden. Die Kolleginnen und Kollegen von der SZ haben hier im Liveblog immer das Neueste für Sie. Gehen wir es an und sortieren die Lage und was sie bedeutet.


Willkommen am Platz der Republik.

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Was wichtig wird

1.

Die in Thüringen als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei unter Björn Höcke triumphiert und erreicht eine Sperrminorität (im Tiefgang mehr dazu). Ihr Sieg wurde aber schon am Wahlabend von den anderen vom Trauma zum Was-will-man-machen-Problem degradiert, gerade weil es so kompliziert bleibt. Ein Bündnis aus CDU, BSW und SPD, die einzige Option, für die keine von der CDU definierte Brandmauer überwunden werden müsste, kommt laut vorläufigem Endergebnis nicht auf eine Mehrheit der Landtagssitze.


Bitte lösen: Wählerinnen und Wähler haben sich kreativ am Markt der Möglichkeiten bedient. CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt, der aus dem Wahlergebnis in der Tat die Chance für eine „stabile Regierung“ abliest, müsste mit der Linken sprechen, in der CDU ein Tabuthema.


No Wagenknecht, no party: Dass Voigt an Sahra Wagenknechts BSW nicht vorbeikommt, steht schon fest. Spitzenkandidatin Katja Wolf will Gespräche schnellstmöglich beginnen, das BSW stehe für einen „Neustart“. Vielleicht denken das auch einzelne Abgeordnete, die für die Linke gewählt wurden, und wechseln die Fraktion? Willkommen in italienischen Verhältnissen, die auch seit Jahrzehnten demokratische sind.


An Ramelow soll es nicht liegen: „Der im demokratischen Spektrum, der die meisten Stimmen hat, der muss die Gespräche beginnen, der muss einladen“, sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linken. Voigt führt den demokratischen Block an – weit hinter der AfD, aber mit leichten Zugewinnen. Ramelows Partei hingegen stürzt dramatisch ab, wird von der stärksten Kraft zur vierten, will aber trotzdem alle unterstützen, die helfen, dass „wir zu einer demokratischen Mehrheit im Parlament kommen“.


Wenn das nicht klar genug ist: Die Linke schließt nicht aus, eine Koalition aus CDU, BSW und SPD, also eine Minderheitsregierung, zu tolerieren. „Wenn das so wäre, muss man wirklich alle Optionen auf den Tisch legen“, sagte der Co-Vorsitzende der Thüringer Linken, Christian Schaft.


Danke, das war’s: Die Grünen, mit Linken und SPD in der Landesregierung, fliegen aus dem Landtag. Die Thüringer FDP hatte einen Sonderweg eingeschlagen, der gestern endete. So absehbar das war, Thomas Kemmerich bewies keine Lust, sich andere Abschiedsworte zu überlegen als: „Es hat halt nicht gereicht.“

2.

Wenn es in der Frage der Koalitionsbildung nach der Stimmung in Michael Kretschmers CDU ginge, die Sache wäre mit der ersten Prognose entschieden gewesen. „Ich sage Ihnen, wie die Stimmung ist“, sagte ein Mitglied im erweiterten Landesvorstand auf der bald wegen Überfüllung geschlossenen Wahlparty im Landtag: „Wenn SPD und Grüne, die an der ganzen Lage Schuld sind, jetzt wieder beide zwei Ministerposten bekommen, dann finde ich das ungerecht.“


Die Katze im Sack? Nur her damit. Lieber mit dem BSW als in der heutigen Koalition weiterzumachen, das ist für die Sachsen-CDU keine Frage, wenn die Sitzverteilung es hergibt. Gespräche mit dem BSW, die in Thüringen schon aus purer Not geschehen, passieren in Sachsen aus freiem Willen. Es ist der noch größere Erfolg für die Partei, die es in Sachsen seit gut sechs Monaten gibt, und die CDU verhilft ihr dazu.


Dresdner Beziehungskrisen: Kretschmer bildet mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder den Block der Grünen-Basher unter den Ministerpräsidenten der Union. Die SPD, da aufs Maß der Kleinen gestutzt, wird eher geduldet. Franziska Schubert, eine Grünen-Spitzenkandidatin, gibt im Gespräch mit Reportern die line to take aus: Kretschmer müsse sich überlegen, ob er mit verlässlichen Partnern sprechen will oder mit „Putin-Freunden“ vom BSW, sagte sie.


Das BSW weiß schon, wie es die Sache einschwingt: „Die CDU muss sich überlegen, ob sie mit den Grünen und SPD weitermachen wollen“, sagte Sabine Zimmermann vom BSW im ZDF. „Dann bleibt alles, wie es ist. Oder mit dem BSW sprechen, dann kann sich was verändern.“ Es stellte sich im Laufe des Abends heraus: Die Überlegung ist schnell gemacht. Kretschmer liegt nach Auszählung aller Stimmen zwar auf Platz eins, die bisherige Koalition kommt aber auf keine Mehrheit im neuen Landtag.


Moi? So umworben zu werden, führt bei der Sachsen-CDU nicht direkt geradeaus zur Frage, ob bei der deutlichen Abwahl der bisherigen Koalition eine Rolle spielte, wer sie anführt. Kretschmer blickte auf der Wahlparty zurück auf „fünf harte Jahre“, in denen seine Partei der „Fels in der Brandung“ gewesen sei. Da kann sich der Bundeskanzler vielleicht noch was abschauen.

3.

Sie sei schon mal entspannter gewesen, sagte die Thüringer Spitzenkandidatin Katja Wolf auf der Bühne im Erfurter Dompalais: „Ich hab' Gänsehaut.“ Unten im Publikum steht Parteichefin Wagenknecht und klatscht. Zuerst ist also Wolf dran, sie wird auch erst ihren Co-Spitzenkandidaten Steffen Schütz auf die Bühne holen und dann Wagenknecht. Dritter Platz in Thüringen, dritter auch in Sachsen, aus dem Stand heraus. Die Lesart beim BSW an diesem Abend geht so: junge Partei, zum ersten Mal angetreten bei Landtagswahlen, da ist ein zweistelliges Ergebnis ein großer Erfolg.


Die Umfragen waren besser: Sie sahen Wagenknechts Truppe schon bei mehr als 20 Prozent, es galt nicht als ausgeschlossen, dass Spitzenkandidatin Wolf nach dem Amt der Ministerpräsidentin greifen würde. Entsprechend selbstbewusst war Wagenknecht im Wahlkampf aufgetreten und hatte hohe Bedingungen an eine Koalition gestellt. Auf der Bühne in Erfurt sagte sie an die Adresse der CDU und mit Blick auf mögliche Koalitionen: „Die Menschen wollen Veränderungen.“


Wagenknecht bremst: Sie spricht über die Stationierung von US-Raketen in Deutschland und formuliert eine weitere Bedingung: Zwei Drittel der Menschen in Thüringen lehnten diese Stationierung ab. „Und wir erwarten, dass eine künftige Landesregierung diese Haltung der Menschen und diesen Wunsch der Menschen berücksichtigt.“ Der Abstand zwischen CDU und BSW ist deutlich, Voigts Partei wäre in einer Koalition eindeutig der größte Partner, aber ohne das BSW ginge trotzdem nichts.


Ohne Sahra wird verhandelt: BSW-Sprecher und Kandidat auf Listenplatz drei, Steffen Quasebarth, sagte SZ Dossier mit Blick auf mögliche Sondierungsgespräche: Das BSW sei eine neue Partei „und wir wollen die Spielregeln neu aufstellen“. Wagenknecht? Sie werde bei Koalitionsverhandlungen nicht mit am Tisch sitzen, sagte Steffen Schütz SZ Dossier. „Warum sollte sie?“ Davon sei nie die Rede gewesen, sagte Schütz: „Wir sind erwachsene Menschen.“

4.

Thüringen und Sachsen seien kein Ampel-Land, Sprüche dieser Art, sie waren für die Berliner Runde vorbereitet. Vielleicht als Panzer dagegen, dass es für SPD, Grüne und FDP so dick kommen könnte, wie es tatsächlich der Fall war.


Letzter Tanz: Es war FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der den Kaiser nackt nannte; er tat es auf X. Die Ampel habe ihre Legitimation verloren, sagte er. „Die Menschen haben den Eindruck, diese Koalition schadet dem Land.“ Für die FDP gilt auf jeden Fall: Aus den Hochrechnungen wurde sie alsbald entfernt, als Unter-drei-Prozent-Partei.


Haltung! Aus der Kanzlerpartei wurde zurückgekeilt: „Da muss eine andere Körperhaltung angenommen werden“, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und kündigte an, man werde sich „nicht auf der Nase herumtanzen lassen“ von „anderen, die gerade krachend aus den Landtagen geflogen sind“. Das Rentenpaket wird demnach die nächste Gelegenheit für die SPD, der Koalition aber einmal deutlich die Ansage zu machen: Wir sind die Sozialdemokratie und in Sachsen und Thüringen weiter je einstellig.


Show must go on: Grünen-Chef Omid Nouripour, gar nicht gemeint, legte nach. Das sei genau die Art von Umgang, die nicht helfe. Die Koalition leiste gute Arbeit, zerrede das aber selbst durch „überflüssigen Streit“. Trotzdem sei es so, dass die Ampel noch Hausaufgaben habe. Übergangsregierung auf einer letzten Mission? Zunächst einmal wird in Brandenburg gewählt, am 22. September.

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Tiefgang

Knapp 33 Prozent für die AfD in Thüringen, mehr als 30 in Sachsen. Das macht einerseits die Regierungsbildung schwer, aber es stellt die politischen Akteure auch darüber hinaus vor große Probleme.


Angefangen bei der Wahl des Landtagspräsidenten in Thüringen, oder der Landtagspräsidentin: Wenn spätestens am 30. Tag nach der Wahl der Landtag zu seiner ersten Sitzung zusammenkommt, wählen die Abgeordneten eine oder einen der ihren in ein nicht zu unterschätzendes Amt: Er oder sie repräsentiert das Parlament, führt seine Geschäfte, leitet die Verhandlungen „und wahrt die Ordnung im Hause“. So steht es in der Geschäftsordnung. Erst, wenn ein Landtagspräsident gefunden ist, kann auch der Ministerpräsident gewählt werden.


Da Björn Höcke und seine AfD die stärkste Partei sind, dürfen sie einen Kandidaten für das Amt vorschlagen. „Gewählt ist, wer die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhält.“ Heißt: Die anderen Parteien können den AfD-Kandidaten verhindern.


Und dann? Erhält der Kandidat im ersten Anlauf keine Mehrheit, wird die Wahl wiederholt. Entscheidend wird im ganzen Prozedere die Rolle des Alterspräsidenten sein, des ältesten Abgeordneten. Er oder sie leitet die erste Sitzung. Kommt er jedoch auch von der AfD (wie es 2019 bereits der Fall war), könnte es kompliziert werden. Der Jurist und Gründer des Verfassungsblogs, Maximilian Steinbeis, hat dieses Szenario in seinem jüngst erschienen Buch „Die verwundbare Demokratie“ durchgespielt.


Demnach müsste der Alterspräsident „nach der etablierten parlamentarischen Praxis“ spätestens für den dritten Wahlgang andere Wahlvorschläge zulassen. Wenn mehrere Bewerber antreten und keiner die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält, kommt es zu einer Stichwahl. So sieht es die Geschäftsordnung des Landtags vor.


Steinbeis macht aber noch eine andere Möglichkeit auf: Der Alterspräsident könnte von der Praxis abweichen – und die AfD einfach so lange Kandidaten vorschlagen, bis über die gesamte Fraktion abgestimmt wurde und erst dann über Bewerber anderer Parteien abstimmen lassen. Die übrigen Parteien müssten also nicht nur einmal zusammenarbeiten, sondern diese Kooperation eine Weile durchhalten und die Nerven bewahren. Die AfD könnte sich ihrerseits großspurig inszenieren.


Die Parteien abseits der AfD müssten sich aber nicht nur darin einig sein, gemeinsam die Vorschläge der AfD abzulehnen, sie müssten sich auch auf einen eigenen Kandidaten verständigen – und zwar wohl noch bevor der Landtag überhaupt zusammentritt.


In Sachsen stellt sich die Lage anders dar: Dort ist die CDU stärkste Kraft und kann daher den Kandidaten für das Amt des Landtagspräsidenten vorschlagen.


Besonders schwierig wird es im neuen Thüringer Landtag nun, weil die AfD mit 32 von 88 über mehr als ein Drittel der Sitze, also eine Sperrminorität verfügt. Alle Entscheidungen, die der Landtag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit treffen muss, etwa Änderungen der Verfassung, kann sie damit blockieren. Oder die Konkurrenz zur Zusammenarbeit zwingen.


Relevant werden könnte das etwa bei der Besetzung der Richter am thüringischen Verfassungsgerichtshof. Die Amtszeit aller neun Richter endet spätestens 2029. Eine Neubesetzung müsste also in der kommenden Legislaturperiode geschehen. Allerdings, so schreibt Maximilian Steinbeis, blieben die Richter geschäftsführend im Amt, bis ein Nachfolger gewählt ist. Auch Stellvertreter gibt es. Aber, so schreibt Steinbeis, „als Institution nimmt das Gericht Schaden, je länger seine Mitglieder über ihre reguläre Arbeitszeit hinaus weiterarbeiten müssen“. Ihnen fehle die demokratische Legitimation.


Und in der Justiz bleibt es nicht bei dieser Blockademöglichkeit. Laut Artikel 89 Absatz 2 der Thüringer Verfassung werden zwei Drittel der Mitglieder des Richterwahlausschusses vom Landtag gewählt, mit Zwei-Drittel-Mehrheit. Außerdem muss jede Fraktion mit einer Person in diesem Gremium vertreten sein.


Gelingt es der AfD, den Ausschuss zu blockieren, hat das Folgen. Dieser Ausschuss ist dafür zuständig, Richter auf Lebenszeit zu berufen. Und das dürfte schon bald sehr relevant werden. Laut Angaben des Deutschen Richterbunds gehen besonders in Thüringen demnächst viele Richter, Staatsanwälte und Proberichter in Pension. Ändern lässt sich an dem Verfahren ohne die Zustimmung der AfD nun nichts mehr, denn das würde eine Verfassungsänderung bedeuten. Und eine Zwei-Drittel-Mehrheit verlangen.


Und in Sachsen? Dort dauerte die Auszählung der Stimmen länger. Weit nach Mitternacht wurde allerdings bekannt: Die AfD kommt im Landtag auf 41 von 120 Sitzen, also mehr als ein Drittel. Sie verfügt damit auch im Dresdner Landtag über eine Sperrminorität. Tim Frehler

Fast übersehen

5.

Zahlen, Zahlen, Zahlen: Wahlen wie diese sind ein Fest für Meinungsforscherinnen und Meinungsforscher. Vier Beobachtungen, die uns gestern Abend aufgefallen sind.


Die Union als Alternative zur Alternative: Fast die Hälfte der Stimmen für die CDU wurde laut Infratest dimap abgegeben, um die AfD zu verhindern: 52 Prozent in Sachsen und 55 Prozent in Thüringen. Das stellt die CDU vor ein gewisses Dilemma: Öffnung versus Anbiederung.


BSW, die neue Linkspartei? Schaut man sich die vorläufige Wählerwanderung laut ARD-Umfragen an, hat die Linke in Sachsen 76.000 Wählerinnen und Wähler an das BSW verloren, in Thüringen sogar 84.000. Die Wagenknecht-Partei hat sonst viele Nicht- und CDU-Wähler angesprochen, gerade in Thüringen, aber auch Wähler anderer Parteien.


Männerpartei AfD: Die AfD kann in Sachsen mehr bei Männern (35 Prozent) punkten als bei Frauen (26 Prozent), in Thüringen (38 und 27) ebenfalls. Die Partei spricht in erster Linie Menschen im erwerbsfähigen Alter ohne Abitur an. Nur 16 Prozent gibt es von Akademikerinnen und Akademikern. Was die Erstwählenden denken, dazu unten mehr.


Die „Gewinnerthemen“: Die Forschungsgruppe Wahlen bezeichnete das Abschneiden von AfD und BSW in einer Analyse als einen „Erfolg ohne viel eigenes Zutun“. Neben Geflüchteten (AfD) und Ukrainepolitik (BSW) profitierten sie vor allem von der enormen Unzufriedenheit mit der Ampel, denn in den meisten Politikfeldern wurden ihnen recht wenig Kompetenzen zugesprochen.

6.

Die Folgen für Sachsen und Thüringen: Und damit zur Frage, was eine Regierungsbeteiligung der Parteien für konkrete Politik bedeuten könnte. „Eine Regierungsbeteiligung von BSW oder AfD wären eine Riesengefahr für Umwelt- und Klimaschutz“, sagte Sarah Ryglewski SZ Dossier. Die Staatsministerin für Bund-Länder-Beziehungen und nachhaltige Entwicklung beim Bundeskanzler sagte weiter: „Der Einzug in eine Landesregierung könnte dazu führen, dass wichtige Vorhaben wie der Ausbau der Windenergie entscheidend verschleppt werden.“


Rolle rückwärts: „Insbesondere bei Thüringen mache ich mir großen Sorgen, dass das einstige Klima-Vorreiterland künftig die rote Laterne tragen könnte“, sagte die Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete. Sie spielt damit auf Blockademöglichkeiten über den Bundesrat an, etwa beim Ausbau der Erneuerbaren, zum Beispiel durch Verschleppung der Genehmigungsverfahren. Das ganze Interview mit Ryglewski finden Sie in unserem neuen Dossier Nachhaltigkeit, das heute an den Start geht – hier für einen kostenfreien Test registrieren.

7.

Linnemanns Wahlanalyse: Die Union sieht sich als Siegerin der kleiner werdenden demokratischen Mitte. Wie ihr CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ausführte, wählten die Menschen die AfD, weil sie unzufrieden seien mit den „etablierten Parteien“. Es ist eine Erkenntnis, die er nicht als Erster hat, gerichtet ist sie selbstverständlich in erster Linie gegen die Ampel, die ihre „desaströse Politik“ umstellen müsse.


Wird Merz jetzt Kanzlerkandidat? „Das müssen wir entscheiden in den nächsten Wochen“, sagte Kretschmer. Vor vier Jahren sei das katastrophal schiefgegangen, „das wird uns nicht nochmal passieren“, sagte er. „Wir müssen die beste Person aussuchen.“

Unter eins

Wie hierzulande die Zukunft aussieht, ist ab heute wieder eine große und schwierige Frage.

Charlotte Knobloch schrieb auf X, nicht nur Minderheiten wie die jüdische Gemeinschaft müssen sich jetzt die Frage stellen, wohin sich die gesellschaftliche und politische Lage in Deutschland entwickelt

Deutschland in Daten

Generation Höcke statt Generation Greta

Zu guter Letzt

Auch eine Lehre aus dem Abend: Die Menschen sind nicht dumm, anders als man vielleicht in der Berliner Koalition geneigt sein könnte, erst zu denken und dann zu verbrämen. Und sie haben vielleicht auch das Programm des BSW gelesen, bevor sie es wählten.


Da findet sich für Sachsen der Satz: „Wir streben mittelfristig die Schaffung eines sachsenweiten Verbundraumes unter dem Dach eines Verkehrsverbundes an. Wir wollen einheitliche Tarife im Freistaat.“ Er bedeutet: Weniger Overhead-Kosten für die Handvoll Verkehrsverbünde, die es heute gibt; weniger Bürokratie; weniger Wettbewerb auch, aber Wettbewerb war schon besser beleumundet.


So jedenfalls hat „Sahra“ Ronald Paul gewonnen. Er ist gelernter Mechaniker und Schweißer, Betriebs- und Aufsichtsrat bei der Länderbahn DLB, einem wirklich großen privaten Bahnunternehmen. Seine Unterstützung für das BSW, sagte er mir im Dresdner Penck-Hotel, wo die Wahlparty stieg und er mir ein Bier ausgab in der Solidarität der noch spät am Abend Werktätigen, hänge an diesen beiden Fäden: Verständnis für ostdeutsche Biografien und dem konkreten Satz aus dem Programm.


Falls es da Zweifel gab: All politics is local.


Danke! Nach Australien für die Nachtwache.

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Florian Eder

Leiter SZ Dossier