Das sind die Hürden bei Zurückweisungen an der Grenze
Süddeutsche Zeitung Dossier
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Mittwoch, 4. September 2024
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Von Valerie Höhne

mit Tim Frehler und Gabriel Rinaldi

Schnelldurchlauf:

So will Wissing die Deutsche Bahn retten +++ SPD bespricht das Klima +++ In der FDP stellen sie die Ampel infrage – dieses Mal ernsthaft +++ Zwei-Prozent-Ziel: Wie geht es weiter mit der Zeitenwende? +++ Staatssekretär Kellner auf dem Wasserstoffgipfel in Namibia



Guten Morgen. Das Kabinett tagt heute das erste Mal seit dem Wahldesaster für die Ampel-Parteien in Thüringen und Sachsen. Darum wird es wohl, wenn überhaupt, am Rande gehen. Beschlossen werden soll ein Gesetz für die bundeseinheitliche Ausbildung von Pflegeassistenten, die Krankenpfleger künftig entlastet sollen, die Baunovelle soll beschlossen werden, und die steuerlichen Abschreibungsbedingungen für E-Autos attraktiver werden, damit die Nachfrage wieder anläuft.


Das wäre wenigstens langfristig wohl auch für den zweitgrößten Autobauer der Welt, VW, gut, dessen Krise immer größer zu werden scheint. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hielt es gestern für nötig, sich einzumischen, nachdem VW angekündigt hatte, Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr auszuschließen. Die deutschen Autobauer seien „Wohlstandsmotor“, sie müssten bei der Transformation mithalten.


Vielleicht fordert VW-CEO Oliver Blume von der Ampel bald weniger Streit, es wäre möglicherweise ähnlich wirksam. Herzlich willkommen am Platz der Republik.

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Was wichtig wird

1.

So will Wissing die Deutsche Bahn retten

Volker Wissing (FDP) will dafür sorgen, dass die Züge der Deutschen Bahn (DB) endlich pünktlicher werden. „Gerade im Fernverkehr muss die Pünktlichkeit kurzfristig deutlich verbessert und auf international vergleichbares Spitzenniveau gebracht werden“, heißt es in einem Papier seines Hauses. Der Bund als Eigentümer sei in Vorleistung gegangen, jetzt sei die Bahn am Zug.


Retter der Fernzüge? Das Deutschlandticket war als großer Wurf gedacht, aber wirklich aufgegangen ist der Plan nicht, Autofahrerinnen und Autofahrer in Regionalzüge und S-Bahnen zu locken. An den Fernverkehr, dessen Ruf nicht viel besser ist, will Wissing jetzt ran: In der Ampel muss jetzt jeder schauen, wie er oder sie in Erinnerung bleibt.


Desolate Infrastruktur: Der Verkehrsminister forderte den bundeseigenen Konzern zu einem Sanierungskonzept auf und legte einen Forderungskatalog vor. Ein DB-Sanierungsprogramm, und hier geht es um den Konzern und nicht um Schienen, soll bis zum Jahr 2027 „kontinuierliche Verbesserungen“ bringen. Wissing habe die Bahn in einem schwierigen, die Infrastruktur in desolatem Zustand vorgefunden. „Ich will Ergebnisse sehen“, sagte Wissing. Der Minister nannte sieben Handlungsfelder, darunter neben der Pünktlichkeit die Verbesserung der Zugauslastung im Fernverkehr. Ganz gleich, ob dies über „attraktive Preise für niedrig ausgelastete Züge“ oder die „Gewinnung neuer Geschäftskunden“ geschehe.


Regelmäßiges Controlling: Wissing sprach sich gegen die Stilllegung von Strecken aus. Zudem sollen Züge wieder „unabhängig von der Witterung“ ankommen. Die DB müsse im Overhead, also der Verwaltung, Doppelstrukturen abbauen und die Personalproduktivität erhöhen. Investitionen außerhalb der Infrastruktursanierung müssten auf den Prüfstand gestellt werden. Wissing, passenderweise Digitalminister, will auch mehr digitale Lösungen sehen, etwa KI. Wie er sagte, werde der Aufsichtsrat ein Konzept in seiner nächsten Sitzung beraten und beschließen. Der Minister erwarte dann alle drei Monate einen Bericht über die Ziele.

2.

Große und kleine Sorgen der SPD

Matthias Miersch, SPD-Fraktionsvize und profiliertester Klimapolitiker seiner Partei, fand, es sei „genau der richtige Zeitpunkt“ für eine Klimakonferenz der SPD. Darüber kann man streiten, etwa mit Parteichefin Saskia Esken: Sie sagte kurz vorher, es gebe eine „Menge anderer Themen“, über die sie sich „sehr viele Gedanken“ mache.


Außer das eine: Trotz der schlechten Wahlergebnisse, nicht erst seit dem Wochenende, gibt es in der Partei wenig öffentliche Personaldiskussionen. Eine Lehre aus 2019, als die Sozialdemokraten nach einem – damals – desaströsen Europawahlergebnis von 15,8 Prozent ihre Vorsitzende Andrea Nahles schassten. Nun aber wird Kritik zumindest an Esken öffentlich lauter. Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange sagte Bild, es wäre „einiges gewonnen“, wenn „bestimmte Leute grundsätzlich nicht mehr an Talkshows teilnehmen würden“. Es sei „nämlich unerträglich“. Auf Instagram schrieb sie, sie habe zwar keine Namen genannt, sei aber richtig verstanden worden; sie meinte damit also Esken und Generalsekretär Kevin Kühnert.


Wo waren wir? Manchmal wirkt es, als sei Klimapolitik ein weiteres Feld des Kulturkampfs. Es geht um (un)bezahlbare E-Autos, um Benzinpreise, um Windkraftanlagen, um Stadt gegen Land, Arm gegen Reich. Miersch zählte auf der Klimakonferenz Projekte auf, die seiner Meinung nach für die Klimapolitik der SPD stünden, eines war die Kohlekommission. Aus Sicht von Klimaaktivisten (und der Grünen) war ihr Ergebnis, 2038 aus der Kohle auszusteigen, unzureichend, Miersch aber lobte den Kompromiss. Der Konsens sei „unheimlich viel Wert“.


Es geht um mehr: Die große Frage sei laut Miersch die Finanzierung. Er sei noch immer froh, gegen die Schuldenbremse gestimmt zu haben. Für ihn sei der Kampf gegen den Klimawandel Daseinsvorsorge. Wer versuche, den Verhaltenswandel „nur“ durch den CO₂-Preis zu gestalten, setze den gesellschaftlichen Frieden „massiv aufs Spiel“. Gab’s dafür nicht das Klimageld? Naja, warum, fragte Miersch, sollte es jeder ausgezahlt bekommen? Es geht also, für ihn, bei der Klimapolitik um ein sozialdemokratisches Thema: Umverteilung.

3.

In der FDP stellen sie wieder mal die Ampel infrage

Es passt ins Gesamtbild: Laut einer neuen Insa-Umfrage wäre die FDP – 4,5 Prozent der Stimmen – nicht mehr im Bundestag vertreten. Ab heute kommt die Bundestagsfraktion zur Herbstklausur zusammen. In Hamburg geht es drei Tage um Positionspapiere, um den Haushalt und den wirtschaftlichen Aufbruch, den die Liberalen wieder einmal ausrufen wollen. Bestimmendes Thema: die Landtagswahlen und mit ihnen das Ansehen von Regierung und Partei.


Lindner unter Druck: Die FDP hat bei der Wahl in Thüringen 1,6 Prozent geholt, lag nur 1000 Stimmen vor der Tierschutzpartei. In Sachsen waren es 0,9 Prozent der Stimmen. Als Reaktion forderte die Gruppierung „Weckruf“ die Parteiführung per Brief auf, die Koalition zu verlassen. Andernfalls, da endet die liberale Geduld, solle Christian Lindner als Parteivorsitzender zurücktreten. Der hält nichts von einem Ampel-Ausstieg, der Bundesvorstand hält es mit ihrem Chef. Die „Weckruf“-Gruppe fand, ein passender Thronfolger könne Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sein. Damit ist sie bislang recht allein, jedenfalls fehlen prominentere Unterstützer.


Trotzdem, die Diskussion ums Ampel-Aus wird ernsthaft geführt. „Wir müssen in den nächsten Tagen eine klare Antwort auf die Frage finden, ob unserem Land mit der Ampelkoalition wirklich noch geholfen ist – oder ob sie am Ende dem Land und unserer Demokratie sogar eher schadet“, sagte Gyde Jensen, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion. „Wenn wir die Dinge jetzt weiter schönreden, wäre das nur eine Flucht vor der Realität.“ Wenig passieren, da sind sich alle einig, wird vor der Landtagswahl am 22. September in Brandenburg. Je nach Wahlergebnis könnten die Diskussionen danach umso schärfer werden – und nicht mehr nur die Ampel betreffen.

4.

Wie geht es weiter mit der Zeitenwende?

Heute stellen Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius das erste Luftverteidigungssystem Iris-T SLM in Dienst. Ein Signal an die Nato-Partner, dass Deutschland es ernst meint mit dem Ziel, nun jedes Jahr mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, berichtet mein Kollege Georg Ismar. Aber genau daran wachsen die Zweifel.


Warum das wichtig ist: Das Iris-T SLM-System wird Teil der neuen Nato-Luftverteidigungsarchitektur und kann Drohnen, Flugzeuge, Hubschrauber und Marschflugkörper bekämpfen. Ab 2026 sollen im Rahmen der European Sky Shield Initiative auch andere Nutzernationen in Todendorf an Trainings teilnehmen. Insgesamt sollen für die Bundeswehr aus dem 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen sechs Systeme beschafft werden.


Zeitenwende on hold: Doch bei Haushaltspolitikern gibt es immer mehr Zweifel, ob die Zeitenwende weitergeht. Ingo Gädechens (CDU) hat deshalb nachgefragt. „Während der Kanzler Anfang Juli das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels bis 2028 verkündet, weiß seine Regierung noch gar nicht, wie das überhaupt funktionieren soll“, sagte er. Die Verteidigungsausgaben setzen sich aus drei Bereichen zusammen: Verteidigungsetat, Sondervermögen Bundeswehr, verteidigungsbezogene Ausgaben in anderen Bereichen.


Genauer hingeschaut: Doch nur die Zusammensetzung der ersten beiden Blöcke ist öffentlich bekannt. Das Verteidigungsministerium betonte, die Beträge des dritten Blocks würden von betroffenen Ressorts ermittelt und dem Haus mitgeteilt. Klar ist: 2,05 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sollen 2025 für Verteidigung ausgegeben werden. Davon entfallen aber fast 16 Prozent auf Mittel, die nicht für die Bundeswehr direkt ausgegeben werden. Dem Vernehmen nach wird sogar überlegt, künftig Autobahnkosten einzuberechnen. Gädechens wirft dem Kanzler vor, es gehe ihm zu sehr um „einen falschen Schein“ und nicht darum, „dass die Bundeswehr vernünftig finanziert und unser Land wehrhaft wird“.

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Tiefgang

Geht das? Zurückweisen an der Grenze

CDU-Chef Friedrich Merz sagt, es brauche Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, das Land sei überfordert, die Union will eine Notlage erklären. Gestern Nachmittag haben sich Opposition, Regierung, und Vertreter der Länder und getroffen, um darüber zu sprechen, SPD und FDP sind laut Reuters bereit, die Zurückweisungen an den Grenzen mitzutragen, die Grünen seien skeptisch, hieß es.


Es soll zeitnah weitergesprochen werden, laut Grünen-Politikerin Irene Mihalic vielleicht schon nächste Woche. Merz sagte auf einer Wahlkampfveranstaltung in Brandenburg, wenn die Ampel sich nicht auf Zurückweisungen einige, würden keine weiteren Gespräche folgen. Doch geht das überhaupt, rechtlich und praktisch?


Das Problem: Die Dublin-Regeln im europäischen Asylsystem gelten, aber es hält sich kaum einer mehr dran.


Laut Dublin-System muss in der Regel der Staat, in dem ein Geflüchteter die EU zuerst betreten hat, den Asylantrag dieser Person prüfen. Wer als Geflüchteter über den Landweg nach Deutschland kommt, hat also normalerweise mindestens ein Land durchquert, in dem er seinen Asylantrag hätte stellen müssen.


Es ist allerdings so: „Sobald jemand deutschen Boden betritt und sagt, er möchte hier Asyl, muss sein Antrag, beziehungsweise frühere Anträge in einem anderen EU-Land, geprüft werden. Das geht nicht anders“, sagt Hans Vorländer, Vorsitzender des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR). Ist er bereits in einem anderen Land registriert und erklärt sich dieses Land bereit, ihn aufzunehmen, kann er oder sie dorthin zurückgeschickt werden.


Zahlreiche Länder würden die Menschen einfach durchwinken und anschließend hohe Hürden aufbauen, bevor sie „einige von ihnen zurücknehmen“, schrieb Merz in seiner „Merz-Mail“ am Wochenende. Europäisches Recht überlagert laut herrschender Rechtsmeinung deutsches Recht. Deutschland kann also nicht ohne Weiteres von den Dublin-Regeln abweichen.


Hier kommt Merz‘ Vorschlag ins Spiel. Er plädiert dafür, Spielraum im Vertrag über die Arbeitsweise der EU zu nutzen, um so die Dublin-Verordnung auszuhebeln. Eine Generalklausel, so Merz, würde es dem nationalen Gesetzgeber, also der Bundesregierung erlauben, eigene Vorkehrungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu treffen.


Es wäre jedenfalls lang genug Zeit, bis das EU-Gericht entscheidet, ob das rechtens wäre oder nicht. Geht es? „Theoretisch ja, aber ich glaube, dass das nicht realistisch ist“, sagt Vorländer. Außerdem würde dann ein Dominoeffekt einsetzen. Wenn Deutschland an den Grenzen zurückweise, entwickle sich ein Rückstau in anderen Ländern, die die Personen zuvor durchquert haben, sagt Vorländer. „Das hält Europa nicht aus.“ Es würde zu einer „rücksichtslosen Renationalisierung des gesamten Prozesses führen“, sagt er. Andere sehen genau darin auch Chancen.


Daniel Thym, Professor für Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht an der Universität Konstanz, sieht in der Aktivierung der Ausnahmeklausel eine „allenfalls kurzfristige Abhilfe“. Sie könnte aber „im Idealfall als Initialzündung dienen, um das europäische Asylrecht grundlegend umzugestalten“, schrieb Thym in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die Grundidee der Flüchtlingskonvention müsse unter den Bedingungen der Globalisierung neu vermessen werden.


Jochen Kopelke, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, hält die Debatte um Merz‘ Vorschlag für einen „Schaukampf“, der in Deutschland geführt, aber in Brüssel entschieden werde. Es brauche eine eindeutige Rechtslage auf europäischer Ebene. Nach deutschem Recht seien Zurückweisungen möglich, nach europäischem Recht eben nicht. „Wenn der Auftrag unserer Dienstherren ist, Zurückweisungen durchzuführen, braucht es für unsere Polizeiarbeit eine einheitliche Rechtslage, sonst handeln wir Polizisten rechtswidrig und das darf nicht sein“, sagt Kopelke SZ Dossier.


Dazu kommen praktische Fragen. Auf die Sicherheitsbehörden käme mutmaßlich ein erheblicher Mehraufwand zu. Aktuell habe man gar nicht die Einsatzkräfte dafür, sagt Kopelke. „Deswegen werben wir dafür, durch Technik einen Teil des Personalproblems zu lösen.“ Aus dem Jahr 2015 gebe es ein erprobtes Digitalkonzept für Grenzkontrollen, sagt Kopelke. Das sei damals als absoluter Erfolg gewertet worden. Dabei gehe es darum, Fingerabdrücke und Dokumente sofort zu scannen und zu sichten, um sie schneller mit dem Netzwerk des Schengensystems auszutauschen. „Das würde uns sofort helfen.“ Kostenpunkt: 30 Millionen Euro für acht Module. „Seit zwei Jahren versuchen wir krampfhaft, das von der Bundesregierung zu bekommen“, sagt Kopelke. Bislang erfolglos.


Neben der Technik geht es ihm aber auch um bessere Koordination: Die einzelnen Behörden müssten sich besser abstimmen und vernetzen, sagt er. „Wer geht an welchen Grenzpunkt, in welches Waldgebiet, an welche Schleuser- oder Schmuggelroute?“ Das sei eine unglaubliche Koordinierungsleistung, die jetzt aber nötig sei und für die er Innenministerin Faeser in der Verantwortung sieht. „Sie muss das koordinieren und dafür werben, eine gemeinsame Lagebewältigung zu organisieren“, sagt Kopelke. Die Bundesregierung solle das Angebot der Opposition sofort annehmen, um die unionsgeführten Bundesländer einzubinden. Tim Frehler

Fast übersehen

5.

Manipulationsverdacht: Bei der Landtagswahl in Sachsen am vergangenen Sonntag sind möglicherweise Wahlzettel manipuliert worden. Profiteur ist wohl die rechtsextreme Partei Freie Sachsen. Wie die Polizei mitteilt, geht es um etwa 130 Stimmzettel. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen. Laut der Dresdner Polizei haben Unbekannte das von Briefwählern gesetzte Kreuz auf dem Stimmzettel überklebt und durch ein Kreuz bei den Freien Sachsen ersetzt. Die Partei kam bei der Landtagswahl auf 2,2 Prozent. Im Dresdner Wahlbezirk 36012 Langebrück-2/Schönborn erhielt die Partei allerdings mehr als zehn Prozent. Die Wahlbehörde der Stadt teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, dass etwa die Wahlbezirke 36011 und 36012 von der Manipulation betroffen seien.


Nicht die einzige Auffälligkeit: Wie der MDR unter Berufung auf einen Polizeisprecher berichtet, kämen zum Beispiel Briefträger oder Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen in Verdacht. Betroffen seien Parteien quer durch das Spektrum. Darüber hinaus bezieht sich der Sender auf Recherchen von Politikwissenschaftlern der TU Dresden, wonach sich bereits bei der Kommunalwahl im Juni Auffälligkeiten zeigten. In einem der betroffenen Briefwahlbezirke lag der Wert der Freien Sachsen bei 14 Prozent. In anderen Dresdner Bezirken habe die Partei hingegen nur maximal zwei Prozent erhalten. Der Kreiswahlausschuss wird laut Dpa am Donnerstag über das Ergebnis der Wahlprüfung der Dresdner Wahlbehörde entscheiden.

6.

Erster globaler Wasserstoffgipfel in Afrika: Michael Kellner (Grüne), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, ist derzeit in Windhuk, Namibia, auf dem globalen Wasserstoffgipfel. Namibia und Südafrika wollen zu großen Wasserstoffexporteuren werden, Deutschland möchte davon profitieren. „Für Deutschland ist eine Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern zur Diversifizierung möglicher Bezugsquellen attraktiv“, sagte Kellner SZ Dossier. „Ein Anliegen meiner Reise ist es, die bestehenden Herausforderungen, unter anderem im Bereich Infrastruktur gemeinsam mit unseren afrikanischen Partnern zu adressieren“, sagte er.


Mega-Projekt geplant: Namibias Regierung plant den Aufbau eines riesigen Windparks und Solaranlagen, um grünen Wasserstoff herzustellen. Am sogenannten „Hyphen“-Projekt ist auch das deutsche Unternehmen Enertrag beteiligt. Es sei klar, dass „vor einer Genehmigung des Hyphen-Projekts“ eine „sorgfältige Standortanalyse durch die namibische Regierung durchgeführt“ werden müsse, „zum Beispiel, damit seltene Pflanzenarten nicht gefährdet werden“, sagte Kellner. Vorher könne es keine endgültige Aussage geben.


Kritik aus der Zivilgesellschaft: Namibische Umweltschützer kritisieren die Pläne, sie fürchten mehr Wasserknappheit in dem von Dürre geplagten Land. Eine „groß angelegte Wasserstoffproduktion“ könne lokale Ökosysteme stören, sagte Rinaani Musutua dem ZDF. Kellner sagte SZ Dossier, es sei ihm „ein besonderes Anliegen, die konkreten Anliegen der Zivilgesellschaft besser zu verstehen“. Er führe einen Austausch gemeinsam mit namibischen Partnern, der Dialog müsse „vor allem auch innerhalb Namibias“ geführt werden.

7.

Sprache entscheidet: Es ist nicht der Migrationshintergrund, der sich negativ auf Bildungs- und Arbeitsmarktchancen von Zuwandererkindern auswirkt, sondern fehlende Deutschkenntnisse und Bildungsferne. Das ist das Ergebnis des diesjährigen Bildungsmonitors, den Fachleute des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellt haben. Die Analysen zeigten, „dass Kinder in den PISA-Kompetenzen dann schlechter abschneiden, wenn die Eltern gering qualifiziert sind, wenn wenig Bücher zu Hause vorhanden sind und wenn im Elternhaus nicht deutsch gesprochen wird“, heißt es in der Mitteilung der INSM. Der Migrationsstatus an sich habe aber keinen negativen Effekt.


Zielgerichtet fördern: Der Fokus der Bildungspolitik müsse daher darauf liegen, Kinder, die aus bildungsfernen Haushalten stammen und die zu Hause nicht gut in der deutschen Sprache gefördert werden könnten, zielgerichtet zu fördern, sagte Studienleiter und IW-Bildungsökonom Axel Plünnecke. Laut der Studie ist der Anteil der Kinder zwischen drei und sechs Jahren mit Migrationshintergrund, die in einer Kita betreut werden, zuletzt gesunken. 2013 lag er noch bei 85 Prozent, 2022 nur noch bei 78 Prozent.

Unter eins

Kapitän ist keine One-Man-Show.

Joshua Kimmich über seine neue Aufgabe als Kapitän der Nationalmannschaft

Zu guter Letzt

Christian Lindner, FDP-Chef und dazu Bundesfinanzminister, hat zum ersten Mal zur Bürgersprechstunde der etwas anderen Art geladen. Auf der Plattform Reddit beantwortete er gestern Nachmittag live Fragen, der Thread war überschrieben mit: „Ich bin Christian Lindner, Bundesfinanzminister, AMA!“ Für die weniger versierten Internetnutzer: AMA ist die Abkürzung für „Ask me anything“.


Warum schaffe es die Koalition nicht, mit „entschlossenen Narrativen und Visionen aufzutreten“, wollte ein User wissen. „Die Parteien, die die Regierung tragen, haben unterschiedliche Auffassungen und ‚Visionen‘. Ich fürchte, dies wird im sich verändernden Parteiensystem die Realität bleiben. Gleichwohl bedaure ich es“, schrieb Lindner. Die FDP, antwortete er auf eine andere Frage, halte sich an den Koalitionsvertrag.


Er empfahl auch noch einige Serien, er schaue gerade „For All Mankind“, eine Serie, die in einer Alternativwelt spielt, in der ein russischer Kosmonaut der erste Mensch auf dem Mond war. Auch zu empfehlen sei „Ringe der Macht“, eine Serie, die sich mit der Vorgeschichte von „Herr der Ringe“ befasst. Mit „House of the Dragon“, der Serie, die vor „Game of Thrones“ spielt, sei er schon fertig.


Danke! An das Team in Berlin für ihre Beiträge und an das Team in Australien für Schlusskorrektur und Produktion.

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Florian Eder

Leiter SZ Dossier

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Valerie Höhne

Leitende Redakteurin