Faesers Aufschlag und Merz' Antwort in der Asylpolitik
Süddeutsche Zeitung Dossier
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Dienstag, 10. September 2024
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Von Tim Frehler

mit Valerie Höhne und Bastian Mühling

Schnelldurchlauf:

Von kleinen und großen Löchern im Haushalt +++ In Trippelschritten Richtung Rentenpaket II +++ Was sich die EU lieber nicht beim Inflation Reduction Act abschauen sollte +++ Verfassungsschutz warnt vor russischen „Bären“



Guten Morgen. Am ersten Tag nach der Sommerpause erinnerte in Berlin einiges an einen Schulhof nach den großen Ferien. Manche zeigen erst einmal vor, was sie sich Neues angeschafft haben. CDU-Chef Friedrich Merz etwa deutete bei einem Statement im Bundestag auf die Aufstellwand hinter sich. Man habe das Corporate Design etwas verändert, sagte Merz. Einfacher und klarer sei die Unionsfraktion nun in ihrem äußeren Erscheinungsbild.


„Hin und wieder muss man ja so etwas machen“, sagte Merz. Inhaltlich blieb es dann eher bei dem, was man von ihm und der Union bereits zuletzt gehört hatte, nämlich bei der Forderung, Menschen an der Grenze zurückzuweisen. Damit treibt der Oppositionsführer die Ampel vor sich her.


Die kam aus der parlamentarischen Sommerpause noch gerupfter heraus, als sie hineinging, und hat Merz' Angriffen wenig entgegenzusetzen. Dabei könnte sie sich von dem CDU-Politiker ja durchaus etwas abschauen. Einfacher und klarer im äußeren Erscheinungsbild, das stünde auch der Ampel nicht schlecht.


Herzlich willkommen am Platz der Republik.

Was wichtig wird

1.

Faesers Aufschlag und Merz' Antwort in der Asylpolitik

Es wurde beraten und geprüft, jetzt wird kontrolliert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte gestern Kontrollen an den deutschen Grenzen zu Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Dänemark für die Dauer von sechs Monaten an. Das habe sie bei der EU-Kommission notifiziert. Ab dem 16. September werden damit, so das Innenministerium, an allen deutschen Grenzen Kontrollen möglich sein, „einschließlich der Möglichkeit von Zurückweisungen“. An der Grenze zu Österreich sind die Kontrollen bereits bis zum 11. November angemeldet, an den Übergängen zur Schweiz, Tschechien und Polen bis zum 15. Dezember.


Die Einladung steht: „Außerdem haben wir nun ein Modell für europarechtskonforme und effektive Zurückweisungen entwickelt. Sie würden über die bereits erfolgten Zurückweisungen […] hinausgreifen“, sagte Faeser gestern Nachmittag bei einer Pressekonferenz in ihrem Ministerium. Die Prüfung der Bundesregierung habe hierfür rechtliche und tatsächliche Möglichkeiten gezeigt, so Faeser, das habe sie der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch mitgeteilt und vertrauliche Gespräche angeboten.


Nimmt die Union an? Nur wenige Minuten nach Faesers PK traten Friedrich Merz (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU) vor die Presse. Merz nannte die Angaben aus der Bundesregierung „widersprüchlich“. Es sei bis jetzt unklar, ob aus Faesers Ankündigung nun auch folge, dass jetzt „umfassend“ zurückgewiesen wird. Merz forderte die Bundesregierung auf, ihm spätestens bis zu den Gesprächen am heutigen Dienstag mitzuteilen, „was sie denn jetzt wirklich vorhat“. Auf eine eingeschränkte Methodik der Zurückweisung werde sich die Union nicht einlassen.


Kontext! Die Union kriegt sich kaum mehr ein vor lauter Distanzierung zu Angela Merkel und ihrer Flüchtlingspolitik von 2015, was wiederum zu einiger Aufregung bei den verbleibenden linken Stimmen führt. Kaum jemand bestreitet, dass es damals um eine Notsituation ging, allerdings um eine humanitäre, wie es Kanzlerin Merkel damals begründete. Heute ist vielmehr die Frage, ob man diese nicht früher für beendet erklären hätte können.


Lieber spät als nie: Merz' Parteifreund, der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul, sagte der Deutschen Presseagentur und SZ Dossier in Reaktion auf die Nachrichten, die Bundesregierung habe für diese Entscheidung zu lange gebraucht. Aber: „Ende gut, alles gut.“ Er habe sich damit als überzeugter Europäer auch schwergetan, doch die Europameisterschaft habe gezeigt, dass Grenzkontrollen realisierbar seien, wenn sie klug gemacht würden.


Grenzkontrollen als Dauerlösung? Nein, sagte Reul, die Kernfrage sei die Begrenzung der Migration an den Außengrenzen. „Die einzige Methode, die jemals geklappt hat, war der Türkeideal von Angela Merkel“, sagte Reul. Er frage sich, warum es „über Parteigrenzen hinweg“ nicht die Kraft gebe, einen solchen Deal wieder aufzusetzen. „Nur so wird es funktionieren.“

2.

Von kleinen und großen Löchern im Haushalt

Bundesfinanzminister Christian Lindner bringt heute den Entwurf für den Haushalt 2025 in den Bundestag ein. Einer der Knackpunkte ist weiter die Höhe der sogenannten Globalen Minderausgabe. Das klingt technisch genug und sogar nach Sparen, heißt aber bloß: Mittel, die am Ende des Haushaltsjahres nicht abgerufen sind – und die deswegen im Budgetansatz überstehen. Nicht, dass am Ende weniger ausgegeben wird, als das Grundgesetz erlaubt!


Bisschen drüber: Die Staatspraxis zeige, sagte Lindner am Sonntag in der ARD, dass eine Globale Minderausgabe in Höhe von zwei Prozent des Haushaltsvolumens eine realistische Annahme sei. Seiner Berechnung nach ergibt das eine Summe von 9,6 Milliarden Euro. Weil derzeit dafür aber 12 Milliarden veranschlagt sind, müssen noch 2,4 Milliarden gefunden werden, auf Ausgaben- und Einnahmenseite.


Ein etwas größeres Loch hat hingegen das Dezernat Zukunft ermittelt, ein Thinktank unter Leitung der SPD-Politikerin Philippa Sigl-Glöckner. Dabei geht es darum, wie viel Geld es „zur Erreichung breit akzeptierter Ziele in zentralen Zukunftsfeldern“ braucht, wie es in einer neuen Studie heißt. Herausgekommen ist: Bund, Länder und Kommunen sollten von 2025 bis 2030 782 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben, um etwa die Infrastruktur zu modernisieren, die Daseinsvorsorge zu überholen, die Verteidigungsfähigkeit zu stabilisieren oder die Wirtschaft auf die Zukunft auszurichten.


Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Schuldenbremse abschaffen, wäre die Antwort aus den Reihen von SPD und Grünen angesichts dieser Zahlen. Das Dezernat Zukunft hat jedoch ein weiteres Papier vorgelegt, das genau dies nicht vorschlägt, sondern mit alternativen Finanzierungsoptionen arbeitet. Florian Schuster, einem der Autoren, ist es daher wichtig zu betonen: „Nichts, was in diesem Papier steht, ist in irgendeiner Weise rechtsmissbräuchlich, sondern es geht darum, Möglichkeiten der Kreditfinanzierung so zu nutzen, wie es in der Schuldenbremse des Grundgesetzes angelegt ist.“


Eine Frage des Willens: Als ein zentrales Element dafür schlagen Schuster und seine Co-Autoren sogenannte finanzielle Transaktionen vor. Dabei gehe es darum, „dass die Schuldenbremse Kredite freistellt für Zahlungen, bei denen am Ende ein finanzieller Vermögensgegenstand für den Bund erwächst“. Das heißt: Investitionen in öffentliche Güter sollten ausgenommen sein. „Dass das Instrument rechtssicher eingesetzt werden kann, steht nach dem Gutachten für die Bundesregierung vom Sommer fest“, sagte Schuster SZ Dossier. „Vielmehr ist die Frage: Gibt es den politischen Willen dazu?“


Neu ist die Idee nicht, weder in Deutschland noch in der EU, wo jedes Jahr neue Ideen geboren werden, was alles nicht aufs Staatsdefizit angerechnet werden solle.

3.

In Trippelschritten Richtung Rentenpaket II

Bewegung auch beim Thema Rente: Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, soll das Rentenpaket II übernächste Woche in den Bundestag zur ersten Lesung eingebracht werden. Die FDP habe Koalitionskreisen zufolge ihren Widerstand aufgegeben.


Wer steht auf der Bremse? FDP-Parteichef Lindner, der dem Paket als Finanzminister im Kabinett bereits zugestimmt hatte, zeigte bezüglich der Blockade am Sonntag noch mit dem Finger auf die Grünen. Er höre dort große Vorbehalte gegen das Generationenkapital, sagte Lindner in der ARD. Für ihn sei klar, „das Rentenpaket II ist ausverhandelt“, es sei zustimmungsfähig und das sei auch seine Empfehlung an den Bundestag.


Grüne vs. FDP: Die Grünen in Person ihrer Fraktionschefin Katharina Dröge zeigen wiederum auf die FDP. Reuters zufolge sagte Dröge, die erste Lesung im Bundestag sei nicht an ihnen, sondern an den Liberalen gescheitert. Was dafür spricht: Der FDP-Abgeordnete Max Mordhorst hatte das Rentenpaket II am Wochenende scharf kritisiert. Was dagegen spricht: Das Generationenkapital müsse „vernünftig“ ausgestaltet werden, sagte Dröge.

Tiefgang

Was sich die EU lieber nicht beim Inflation Reduction Act abschauen sollte

Jonas Nahm ist momentan in der EU ein gefragter Gesprächspartner – die Kommission von Präsidentin Ursula von der Leyen arbeitet gerade ihren Clean Industrial Deal aus und schaut dabei mit einem Auge in die USA. Wie habt ihr das gemacht mit dem Inflation Reduction Act (IRA)? Da kommt Nahm ins Spiel, der die Biden-Regierung bei der Umsetzung des IRA beraten hat. 370 Milliarden US-Dollar für erneuerbare Energien, Energieeffizienz und E-Mobilität – ein richtiges Industriepaket und nicht „nur“ Klimaschutz wie der Green Deal. So sieht es zumindest ein Großteil der europäischen Industrie. Doch ist der Neid der Europäer überhaupt berechtigt?


Nur in Teilen, sagt Nahm. Nach einem Jahr am Council of Economic Advisers im Weißen Haus ist der Deutsche in den Hochschulbetrieb an die Johns Hopkins School of Advanced International Studies zurückgekehrt. Im Gespräch mit SZ Dossier erklärt er, warum der IRA nicht einfach so auf Europa zu übertragen ist und was man besser machen kann.


Da ist zum Beispiel das Gießkannenprinzip, das langfristig zu Problemen führen könne. Neue Technologien haben zwar Durst nach Geld, doch dass alle Technologien und Lieferkettensegmente wie mit einer Gießkanne gefördert werden, sieht Nahm als große Herausforderung. „Aus europäischer Sicht wird der IRA oft als sehr strategisch beschrieben“, sagt Nahm. Aus seiner Sicht sei der IRA politisch aber sehr limitiert gewesen – auch aufgrund der knappen Mehrheiten im Kongress und Senat.


Diese Limitierung müsse man ernst nehmen. „Da sollte sich die EU genau überlegen, welche Länder in Europa welche Industriezweige haben, wo die Sektoren umgestellt werden müssen, wo auf bestehenden Industrien aufgebaut werden kann und wo neue Industriezweige entstehen müssten“, sagt der Wissenschaftler mit Blick auf den Clean Industrial Deal, den von der Leyen in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit vorstellen möchte.


Die europäische Industrie wartet derweil gespannt auf die Ausgestaltung des Green Deal 2.0. Schon der Name „Clean Industrial Deal“ gibt die Richtung vor: Klimaschutz und industrielle Wettbewerbsfähigkeit müssen Hand in Hand gehen, sagt etwa Holger Lösch vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) SZ Dossier. Mehr als 1000 Organisationen sprachen sich in der Antwerpen-Erklärung für ein europäisches Industriepaket aus.


Die Energiewende und den Klimawandel als wirtschaftliche Chance zu sehen, das könne man sich auf jeden Fall vom IRA abschauen, sagt Nahm. Doch so auf Wettbewerbsfähigkeit getrimmt, wie er scheint, ist der IRA nach seiner Einschätzung gar nicht: „Für alle möglichen Industrien wird viel Geld ausgegeben, aber es ist überhaupt nicht klar, ob diese alle auf Dauer ohne Subventionen wettbewerbsfähig sind und bleiben.“


Der IRA legt den Fokus klar auf die heimische US-Wirtschaft, unter anderem mit Strafzöllen auf ausländische Produkte und sogenannten Tax Credits, also Steuerabschreibungen. Die laufen allerdings 2032 aus. Werden die Subventionen nicht verlängert, brechen die Industrien wieder weg. Ewig die Industrie begießen, gehe aber auch nicht, sagt Nahm. „Das muss man zeitlich beschränken.“ Industrieförderung müsse langfristig an Konditionen und Zielmarken geknüpft werden.


Diese Grundidee des IRA – Unternehmen mit Tax Credits zu fördern – lässt sich nicht auf den europäischen Clean Industrial Deal übertragen, da Steuern im Kompetenzbereich der Mitgliedsstaaten liegen. „Hinzu kommt, dass wir in Europa mit dem Emissionshandel einen CO₂-Preis fest verankert haben“, sagt Felix Schenuit von der Stiftung Wissenschaft und Politik SZ Dossier. Im Gegensatz zu den Tax Credits sei die Struktur eines solchen Preises beständiger, die europäische Klimapolitik damit langfristig berechenbarer. Die Herausforderung des Green Deal 2.0 liege vielmehr darin, den CO₂-Preis mit strategischer Industriepolitik zu verknüpfen.


Sein Wunsch dabei: Priorisierung statt Gießkanne. „Ich erwarte allerdings nicht, dass die neue Kommission sich mit einer klaren Priorisierung von Technologien durchsetzt“, sagt Schenuit. Das Problem: 27 Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Wirtschaftsmärkten müssen sich darauf einigen, welche Technologien gefördert werden sollen.


Doch genau an diesem Punkt liegt auch eine Chance. In den USA hat sich gezeigt, dass sich durch große Investitionen auch eine unerwartete politische Koalition bilden kann. Obwohl der IRA ausschließlich mit den Stimmen der Demokraten im US-Kongress verabschiedet wurde, befinden sich 60 Prozent der angekündigten IRA-Projekte in republikanisch regierten Bundesstaaten.


Übertragen auf die europäische Industriepolitik ergibt das folgende Leitfrage: Wie kann Industriepolitik so wirken, dass sie bestehende Ungleichheiten zwischen den Mitgliedsstaaten nicht verstärkt? „Konkret heißt das, den Fokus nicht zu sehr auf die großen Wirtschaftsnationen Frankreich und Deutschland zu legen, sondern Mechanismen zu schaffen, die beispielsweise ost- und südeuropäische Länder nicht vernachlässigen“, sagt Schenuit.


Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des Clean Industrial Deal sieht IRA-Experte Nahm Europa gut aufgestellt. Dank der Dynamik zwischen größeren und kleineren Ländern, die oftmals auch ihre Tücken habe, sei die EU offener für eine globale Handelspolitik, auch mit Blick auf China. Im Gegensatz zu den USA schotte sich die EU nicht komplett von der Volksrepublik ab. Aus Sicht von Nahm entscheidend: „Es kann nicht alles in der EU wettbewerbsfähig produziert werden.“ Bastian Mühling


Abonnentinnen und Abonnenten unseres neuen Dossiers Nachhaltigkeit konnten diesen Text als Erste lesen. Zum Probelesen hier entlang.

Fast übersehen

4.

Der deutsche Verfassungsschutz warnt gemeinsam mit FBI, CISA, NSA und weiteren internationalen Partnern vor weltweiten russischen Cyberangriffen – unter anderem auf die kritische Infrastruktur. Konkret geht es um die kriminelle Gruppierung Ember Bear, berichtet meine Kollegin Selina Bettendorf in unserem Dossier Digitalwende (hier probelesen). Bears werden Hackergruppen genannt, die vermutlich für den russischen Staat arbeiten.


Ember Bears werden mit der russischen Militäreinheit 29155 in Verbindung gebracht, die für Sabotageoperationen und Mordanschläge bekannt ist. Sie soll auch beim Giftanschlag auf Sergei Skripal im Jahr 2018 involviert gewesen sein. Auch mit Cyberangriffen spionieren und sabotieren sie. Ein Beispiel dafür sind „Hack and Leak“-Operationen, bei denen zuerst sensible Daten gestohlen und dann – möglicherweise manipuliert – veröffentlicht werden.


Nato als Ziel: Wie der Verfassungsschutz bekannt gab, werden in Nato-Ländern unter anderem Regierungsstellen und Firmen aus den Bereichen Finanzen, Transport, Energie und Gesundheit angegriffen. Hilfsleistungen für die Ukraine versuche die Gruppe auszukundschaften und zu stören.

5.

Wenn sich Außen- und Innenpolitik vermischen: Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kam gestern bei der Botschafterkonferenz im Auswärtigen Amt nicht umhin, bei ihrer Rede über Deutschlands Rolle in der Welt auch ein innenpolitisches Thema anzusprechen. Mein Kollege Paul-Anton Krüger war dabei.


Keine Alleingänge: Demnach warnte Baerbock davor, die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) durch nationale Alleingänge zu gefährden. Man dürfe sich „nicht kirre machen lassen von denjenigen, die uns jetzt vorgaukeln, dass der Nationalstaat irgendwas in Europa alleine besser regeln könnte“, sagte Baerbock.

6.

Fernab von Berlin, im oberbayerischen Kloster Seeon, hat gestern die Jahrestagung des Deutschen Landkreistages begonnen. Heute steht dort die Wahl des neuen Präsidenten auf der Tagesordnung. Achim Brötel, Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises, soll künftig an der Spitze des Verbandes stehen und damit Nachfolger von Reinhard Sager werden. Faesers Vorschlag findet der CDU-Politiker Brötel „sehr vernünftig“, wie er SZ Dossier sagte. „Wir tun gut daran, zu schauen, wer Deutschland betreten will.“


Post für den Minister: Am Nachmittag war auch Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) in Seeon zu einem Dialog mit den Landräten zugeschaltet. Den kommunalen Vertretern stößt immer wieder sauer auf, wie kurz bisweilen die Fristen sind, um Stellung zu Gesetzentwürfen zu nehmen. Wie Brötel berichtet, habe Habeck an dieser Stelle auch selbstkritisch eingeräumt, dass sich da etwas eingeschliffen habe. Der Minister wolle nun zehn Beispiele aus der Praxis, bei denen die Frist zu kurz gewesen sei, sagte Brötel. „Die wird er am Donnerstag bekommen“, kündigte Brötel an. Da findet in Berlin ein Verbändegespräch der Energieministerkonferenz statt. Habeck könne sich aber darauf einstellen, sagte Brötel, dass es deutlich mehr als zehn Beispiele sein werden. Mit Betonung auf dem Wort „deutlich“.

Unter eins

Was eine friedliche Beilegung des Konflikts in der Ukraine betrifft, zeichnen sich bislang keine greifbaren Konturen ab.

Anders als Kanzler Olaf Scholz sieht Russland, namentlich Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow, derzeit keine Grundlage für Friedensgespräche mit der Ukraine

Zu guter Letzt

Die Wahlen in Sachsen und Thüringen sind gut eine Woche her. Die Frage bleibt: Wie umgehen mit der AfD, die in beiden Ländern als gesichert rechtsextrem gilt? Und wie umgehen mit ihren Wählerinnen und Wählern?


„Dass die Parteien angesichts des Erstarkens der AfD nun auf das Thema Migration & Asyl gehen, ist nachvollziehbar, aber strategisch der falsche Weg“, kommentierte der Politikwissenschaftler und Populismus-Experte Marcel Lewandowsky in einem lesenswerten Thread gestern auf X.


Einerseits, so Lewandowsky, bleibe damit gerade jenes Thema in der Öffentlichkeit präsent, das vor allem der AfD zugeschrieben werde. Gleichzeitig beschrieb er das Problem, vor dem die anderen Parteien stehen – selbst wenn sie gute oder schlechte Migrationspolitik machen. „Den Wählern der AfD geht es um ihre gefühlte Wahrheit“, nicht um reale Zahlen von Asylbewerbern, nicht um reale Vorfälle. Der Bauch entscheidet, nicht der Kopf.


Man kann also an den Stellschrauben der Migrationspolitik drehen und werkeln. Menschen, die die AfD aus Überzeugung wählen, wird man damit kaum erreichen. Doch der Druck auf die handelnden Akteure – und gerade das ist die AfD ja nicht – ist längst zu groß: Der Rat des Politologen ist ein gut gemeinter, wahrscheinlich bleibt er ein ungehörter.


Danke! Ans Team in Berlin und Australien.

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Florian Eder

Leiter SZ Dossier

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