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Wie die Demokratie resilienter werden kann

Donnerstag, 19. September 2024
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Von Valerie Höhne

mit Tim Frehler und Gabriel Rinaldi

Guten Morgen. Es sind noch höchstens 374 Tage bis zur nächsten Bundestagswahl und der Vorwahlkampf läuft auf Hochtouren. Die Ampel, damals gestartet mit vielen Ideen, geht in die Schlussrunde der Legislatur. Der Koalitionstracker von Frag den Staat listet 271 Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag auf, von denen 30 Prozent nicht angefasst wurden.


Die Ampel selbst, genauer gesagt die Ministerien, haben erst kürzlich wieder ihre Wunschzettel ausgefüllt, die Vorhabenübersichten. Es geht um Gesetze, die noch umgesetzt werden sollen, und damit auch um politische Prioritäten. Das Verteidigungsministerium etwa will im zweiten Halbjahr 2024 „wichtige Weichen“ stellen für die „Leuchtturmprojekte“, wie es heißt. Die da wären: Brigade Litauen, Ukraine-Unterstützung, Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, der neue Wehrdienst.


Das Haus von Boris Pistorius (SPD) macht aber auch klar, dass es für die Projekte zusätzliche signifikante Haushaltsmittel benötigt. „Was wir brauchen ist nicht nur ein Fähigkeitserhalt, sondern ein Fähigkeitsaufwuchs. Hierfür werden wir uns auch im parlamentarischen Verfahren für den Haushalt 2025 weiter einsetzen“, heißt es in dem Papier, das SZ Dossier vorliegt.


Die Weichen, sie sind also gestellt, in erster Linie für lange Nächte im Haushaltsausschuss. Herzlich willkommen am Platz der Republik.

Was wichtig wird

1.

Friedrich Merz ist kaum mehr als einen Tag designierter Kanzlerkandidat der Union, schon denken die Schwesterparteien CDU und CSU über Koalitionsoptionen nach, als hätte sie schon einen Wählerauftrag. CSU-Chef Markus Söder fürchtet schlechtere Ergebnisse für die Union, würde sie sich die Bündnisoption Schwarz-Grün offenhalten, so unbeliebt seien die Grünen dank Heizungsgesetz; ein „No-Go“, sagte er bei der CSU-Klausurtagung in Banz.


Erst mal wählen: Sollte die Union nach der Bundestagswahl durch Ergebnisse aber in die ungeliebte Koalition gezwungen werden, könne man sie nicht kategorisch ablehnen, erfuhren Markus Balser, Roman Deininger und Andreas Glas aus Parteikreisen. „Man darf die Wähler nicht für dumm verkaufen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann der SZ, „die wissen, dass CDU, SPD, Grüne und FDP, also die demokratischen Parteien, miteinander koalitionsfähig sein müssen.“


Mit SPD und FDP würde die Union jeweils viel lieber regieren. Der FDP riet Merz in der ARD gar, sich aus der Ampel zurückzuziehen, nur so habe sie die Chance, im Bundestag zu bleiben. FDP-Funktionäre betonten gestern, wie gelassen sie eine solche Aussage sähen.


Die Basis ist anderer Auffassung. Daniel Quade (FDP) ist Bürgermeister in Bad Sachsa in Niedersachsen. Er sagte SZ Dossier, er habe „absoluten Respekt“ vor den Vertreterinnen und Vertretern der Ampel. Er sei aber der Meinung, dass die FDP in der Ampel am stärksten „abgestraft“ würde. Zu den Themen Heizungsgesetz, Energie- und Lebensmittelpreise und Migrationskrise habe die Ampel zu lange „keine oder schlechte Lösungen“ vorgelegt. Seine Bürgerinnen und Bürger in Bad Sachsa könnten mit dem 49-Euro-Ticket nichts anfangen, es brauche Geld für Kita, den Ganztag in der Grundschule. „Dafür ist kein Geld da“, sagte er. Die Menschen fragten sich, ob ihre Kinder sicher seien, ob sie in der Kita versorgt würden. Auf die Fragen gebe es keine Antwort.


„Wofür setzt sich die FDP ein?“, fragte er. „Legalisierung von Cannabis und dafür, dass wir zukünftig x neue Varianten beim Nachnamen haben“. Das stoße den Menschen „böse auf“. Es sei ein hochkomplexes Thema. Wer aber bei Umfragen bei fünf Prozent liege, müsse schon hinterfragen, ob er nicht zu viele falsche Entscheidungen getroffen habe. Nach außen habe die FDP Profil verloren, weil sie dort die falschen Prioritäten gesetzt habe. Und das größte Problem? Die Grünen. „Am Ende will ich die Grünen auch nicht für die eigenen Fehler vors Loch schieben, aber ohne sie in einer Regierung wären all die obigen Probleme sicher schon fast gelöst“, sagte er.

2.

Eigentlich würde die Bundesregierung in einigen Wochen gern einen wirtschaftspolitischen Erfolg in der Balkanpolitik vermelden, doch der Prozess droht zu scheitern.


Berliner Prozess, Berliner Traum: Ein integrierter regionaler Markt zwischen den sechs Balkanstaaten soll perspektivisch den Zugang der Westbalkanstaaten zum EU-Binnenmarkt erleichtern. Vorgestern haben sich die Innenminister im Rahmen des Berlin-Prozesses, der seit zehn Jahren der Annäherung dienen soll, getroffen, übernächste Woche folgen die Außenminister, am 14. Oktober dann der Gipfel mit den Staatschefs. Aber langsam: Nach Angaben der Bundesregierung blockiert Kosovo den Fortschritt.


Warum das wichtig ist: Ohne die Umsetzung des regionalen integrierten Marktes gibt es für die Länder des Westbalkans keinen erleichterten Zugang zum EU-Binnenmarkt. Doch die Annäherung ist für die EU wichtig, auch wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Man wolle den Menschen einige Vorzüge des Binnenmarkts aufzeigen, sagte der Sondergesandte der Bundesregierung für die Region, Manuel Sarrazin (Grüne) vor einigen Wochen. Laut dem Portal European Western Balkans sagte Sarrazin vor wenigen Tagen, dass die Schaffung des gemeinsamen Marktes notfalls ohne Kosovo vorangetrieben würde. „Wir werden einen Weg finden, ohne Kosovo weiterzumachen“, sagte er. 


Der Frieden zwischen Serbien und Kosovo ist fragil, die Blockade hängt wohl auch damit zusammen. Vor einem Jahr zum Beispiel griffen paramilitärisch ausgebildete Serben im Norden Kosovos Polizisten an. Als ein Polizist vor Kurzem ankündigte, eine Brücke in der Stadt Mitrovica für Autos öffnen zu wollen, begriff die serbische Seite das als Provokation. Für die Bundesregierung und die EU geht es nicht ausschließlich um Geopolitik und wirtschaftliche Möglichkeiten, sondern auch um Rohstoffe. Vor allem aus Serbien.


Lithiumförderung für die Unabhängigkeit: In Westserbien soll auf Wunsch der Bundesregierung in großem Stil Lithium gefördert werden, um unabhängiger von China zu werden. Es gibt Rechtsstaats- und Umweltbedenken, die Bundesregierung aber ist bereit, diese beiseitezuschieben. Ende Juli flog Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach Belgrad, um bei der Unterzeichnung einer entsprechenden Absichtserklärung zur Förderung des Leichtmetalls dabei zu sein. Man brauche jedes Projekt, um die europäischen Ziele zu erreichen, sagte der deutsche Lithiumexperte Michael Schmidt der New York Times Ende August.

3.

Fragt man Sozialpolitiker von SPD und Grünen nach den Prioritäten für den Rest der Legislaturperiode, fällt immer ein Vorhaben: das Tariftreuegesetz. Das von FDP-Chef Christian Lindner geführte Finanzministerium aber blockiert nun die Verbändeanhörung. Für das Finanzministerium sei es wichtig, dass bürokratische Hürden insgesamt nicht erhöht würden, hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums. Weder das Bundeskanzleramt noch das Arbeitsministerium wollten den Vorgang öffentlich kommentieren. Wenn Bürokratie „für Unternehmen auferlegt wird, müssen bestehende Lasten anderswo wegfallen“, sagte der FDP-Sozialpolitiker Jens Teutrine SZ Dossier.


Teutrine kritisierte die fehlende Flexibilität des Gesetzes: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Auftrag des Bundes tätig sind, künftig generell unter den Schutz eines Tarifvertrags fallen, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Zur „Stärkung der Tarifbindung wird die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche gebunden“, hieß es im Koalitionsvertrag dazu. „Ein sogenanntes Tariftreuegesetz darf nicht dazu führen, dass kleine und mittelständische Betriebe sowie innovative Start-Ups von öffentlichen Aufträgen faktisch ausgeschlossen werden“, sagte Teutrine. Ohne „agile Start-Ups“ stelle sich der Staat bei der Digitalisierung selbst ein Bein, sagte er.


SPD irritiert von Lindner: „Ich finde es irritierend, dass es scheinbar Widerstand vom FDP-geführten Bundesfinanzministerium gibt“, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast. Es gehe darum „faire Wettbewerbsbedingungen“ zu schaffen, auch für die Unternehmen, die „ihre Leute ordentlich bezahlen und durch Schmutzkonkurrenz kaum eine Chance auf öffentliche Aufträge haben“. Führende SPDler erwarten vom Kanzler in den kommenden Monaten eine deutlichere sozialdemokratische Handschrift. „Wenn ein Sozialdemokrat an der Regierung ist, muss es auch sozialdemokratische Politik geben“, sagte SPD-Vize Serpil Midyatli der Bild-Zeitung.

Tiefgang

In Sachsen ist die AfD knapp an der Sperrminorität vorbeigeschrammt, in Thüringen hat sie sie erreicht und bei der Landtagswahl in Brandenburg am kommenden Sonntag besteht erneut die Gefahr, dass es so weit kommen könnte. Verfügt sie einmal über die Sperrminorität, kann die AfD Einfluss nehmen auf politische Entscheidungen. Sie muss dafür nicht erst regieren.


Fachleute wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsblogs warnen allerdings schon länger davor, was passieren könnte, wenn autoritäre Kräfte in Regierungsverantwortung kommen. Sie könnten, so die Befürchtung, die Institutionen von Demokratie und Rechtsstaat aushöhlen und müssten dabei nicht einmal unbedingt gegen geltendes Recht verstoßen. Die große Frage: Wie beugt man dem vor?


Maximilian Steinbeis, Jurist und Gründer des Verfassungsblogs, hat mit dem sogenannten Thüringen-Projekt schon einmal solche Was-Wäre-Wenn-Szenarien durchgespielt, sich also in dem Bundesland damit beschäftigt, was passieren könnte, wenn autoritäre Kräfte an die Macht kommen. Für sein nächstes Vorhaben will Steinbeis den Bund, die weiteren Länder und die Interaktion der Ebenen in den Blick nehmen. „Projekt Bundesrepublik“ heißt das Ganze. Sein Ziel: „Die Resilienz der Institutionen stärken gegenüber den Szenarien, die auf sie zukommen.“ Oder kurz: „Besser vorbereitet sein.“ Dabei meint er nicht nur die Institutionen im engeren Sinn, die Ministerien und Gerichte, sondern auch die zivilgesellschaftlichen Bereiche. Auch da brauche es „mehr Vernetzung, mehr Mobilisierung“, sagt Steinbeis.


Wie er und sein Team dabei vorgehen? „Zentral wird sein, dass wir wieder versuchen, mit so vielen Leuten wie möglich aus den Institutionen zu reden und mit ihnen zusammen Szenarien zu entwickeln“, sagt Steinbeis. Finanziert werden soll das Projekt über eine „breite gesellschaftliche Unterstützung“. Die Crowdfunding-Kampagne läuft bereits. „Wenn alles gut geht, können wir zum Jahreswechsel mit dem neuen Projekt starten.“


Was die Bundesebene angeht, sieht er in Sachen Resilienz derzeit zwei Themen im Vordergrund: Erstens, den Schutz des Bundesverfassungsgerichts, an dem aber gerade gearbeitet wird. Und, zweitens, das Wahlrecht. Im Grundgesetz sind nämlich lediglich die Wahlrechtsgrundsätze festgeschrieben, nicht aber das Wahlsystem. Steinbeis warnt hier davor, mit den Prinzipien des personalisierten Verhältniswahlrechts zu brechen, etwa durch die Einführung des Grabenwahlrechts. Vorschläge aus der Union dafür gab es bereits.


Beim Grabenwahlrecht würde ein Teil der Mandate über die Wahlkreise vergeben, der andere entsprechend dem Zweitstimmenergebnis über Listen, beides aber unabhängig voneinander, eine Verrechnung der Stimmen gibt es nicht. „Das wäre ein Systembruch”, sagt Steinbeis. In der Theorie wäre es möglich damit ein Wahlrecht nach dem Vorbild Viktor Orbáns zu entwickeln.


Das ungarische Wahlrecht führe dazu, dass die relativ stärkste Partei viel mehr Sitze im Parlament bekomme, als ihr im Verhältnis zu ihren Stimmen zustünden. „Das ist der Weg, auf dem Orbán regelmäßig zu seiner Zweidrittelmehrheit kommt.“ Das Grundgesetz, so Steinbeis, sei relativ schwach gegen solche Manipulationen geschützt, anders als viele Landesverfassungen. In Thüringen etwa regelt Artikel 49 der Verfassung, dass der Landtag „nach den Grundsätzen einer mit der Personenwahl verbundenen Verhältniswahl gewählt“ wird. „Das würde ein manipulatives Grabenwahlrecht verhindern“, sagt Steinbeis.


Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Johannes Fechner, sagt: „Das haben wir schon beraten.“ Sowohl in der Wahlrechtskommission als auch bei den letzten Beratungen über das Wahlrecht sei darüber gesprochen worden. Dafür bräuchte es aber die Union. „Und in Sachen Wahlrecht ist mit der Union in dieser Wahlperiode nichts mehr zu machen.“ Tim Frehler

Fast übersehen

4.

Was macht der deutsche Erfindergeist? Zahlen zur Stagnation der deutschen Wirtschaft erscheinen mittlerweile wöchentlich. Doch der Innovationsindikator, unter anderem vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erhoben, ist eine besondere Erwähnung wert, denn er stellt fest, dass auch die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auf dem absteigenden Ast ist. Trotzdem lohnt sich ein genauer Blick.


Die Kleinen kommen groß raus: Deutschland ist nur noch auf Rang 12 von 35 und hat damit zwei Plätze eingebüßt. Die deutsche Punktzahl ist leicht gesunken, gleichzeitig haben aber andere Volkswirtschaften, vor allem kleinere Wirtschaftsnationen wie die Schweiz oder Dänemark, ihr Engagement ausgeweitet. Bei den Großen steht Deutschland auf dem zweiten Platz hinter Südkorea. Derweil ist China die einzige große Volkswirtschaft, die ihren Erfindergeist in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gesteigert hat.


Es besteht Hoffnung. In der Kategorie Schlüsseltechnologien steht Deutschland erneut auf Platz 7. Besonders bei Technologien für die Kreislaufwirtschaft (Platz 1), innovativer Produktionstechnologie (Platz 2) und Energietechnologien (Platz 3) schneidet das Land gut ab. Mittelmaß sind hingegen Platz 10 in der digitalen Vernetzung und Platz 17 bei Biotechnologie. In der Kategorie des nachhaltigen Wirtschaftens erreichte Deutschland den dritten Platz.

5.

Junge Menschen wünschen sich mehr Beteiligung: In Deutschland leben rund 22 Millionen junge Menschen. Laut des neuen Kinder- und Jugendberichts der Bundesregierung ist die Zuversicht in eine gute Zukunft gesunken. Sie haben zwar noch mehrheitlich Vertrauen in die Demokratie, trotzdem sehen viele ihre Interessen nicht ausreichend berücksichtigt. In einer alternden Gesellschaft drohten Kinder und Jugendliche „ins Hintertreffen zu geraten“, sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) gestern bei der Vorstellung des Berichts.


Kinderrechte ins Grundgesetz: „Wenn junge Menschen nicht mitbestimmen können und wenn ihre Bedürfnisse bei Entscheidungen anscheinend kein Gewicht haben, dann verstößt das nicht nur gegen ihre Rechte, sondern erschüttert auch ihr Vertrauen in die Politik und demokratische Prozesse“, sagte Paus. Das mache sie nicht zuletzt anfällig für populistische Versprechungen. Das Familienministerium arbeite deshalb an einem Aktionsplan, der die Beteiligung junger Menschen „verbindlich“ und „wirksam“ fördern soll. Paus forderte zudem erneut, Kinderrechte im Grundgesetz festzuschreiben.

6.

AfD verliert in Karlsruhe: Die Bundestagsfraktion der AfD wollte per Klage durchsetzen, dass ihre Politiker in Ausschüssen des Bundestages den Vorsitzenden stellen dürfen. Zwei Organklagen hatte sie dazu beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. In der einen wendete sie sich gegen die Abwahl von Stephan Brandner (AfD) als Vorsitzender des Rechtsausschusses – das geschah allerdings schon in der vergangenen Legislaturperiode. In der anderen bemängelte sie, dass ihre Kandidaten bei der Bestimmung des Vorsitzes im Innen- Gesundheits- und Entwicklungsausschuss keine Mehrheit fanden. Die AfD sah sich dadurch in ihren Rechten auf Gleichbehandlung als Fraktion verletzt. Das Bundesverfassungsgericht wies die Klagen jedoch ab.


Zur Begründung: Wie mein Kollege Wolfgang Janisch aus Karlsruhe berichtet, sieht das Gericht den Vorsitz eines Ausschusses eher als organisatorische Aufgabe, weniger als politische an. Demnach sei er auch für den Status der Gleichheit der Abgeordneten nicht wichtig. Ausschüsse, so die Begründung des Gerichts, müssten zwar ein verkleinertes Abbild des Plenums sein, das gelte aber nicht für Gremien und Funktionen, „die lediglich organisatorischer Art sind“, sprich den Vorsitz des Ausschusses. Außerdem betonte das Gericht die Autonomie des Bundestages, „über seine innere Organisation und sein Verfahren zu entscheiden“.

Unter eins

Wie viele Menschen, die bei dieser Mossad-Aktion verletzt oder getötet wurden, waren wirklich legitime Ziele? Und wie viele waren es nicht?

Der Jurist Stefan Talmon zur Völkerrechtsmäßigkeit der Attacke auf tausende Pager, die sich im Besitz von Hisbollah-Terroristen befanden – gestern explodierten Walkie-Talkies

Zu guter Letzt

Die Ampel ist sich einig! Ausgerechnet beim Thema Verkehr. Zugegebenermaßen aber nicht in der eigenen Koalition. Der Tagesspiegel berichtete gestern über Pläne der Berliner Verwaltung, Tempo 30 vor Schulen, Kitas, und Krankenhäusern nicht mehr zur Regel, sondern zur Ausnahme zu machen und zeitlich befristete Tempo-30-Zonen zu überprüfen. Nötig seien die langsameren Zonen nur, wenn eine besondere Gefahrenlage vorliege.


Grünen-Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar sagte SZ Dossier, er finde die Pläne „völlig irre“. Die CDU-Verkehrssenatorin „missachtet vorsätzlich das gesetzlich unmissverständlich formulierte Ziel, dass sich in Berlin keine Unfälle mit schweren Personenschäden mehr ereignen sollen“, sagte er.


Der stellvertretende Sprecher der SPD-AG-Verkehr im Deutschen Bundestag, Mathias Stein, sagte, die Pläne seien „ein eklatanter Rückschritt für die Verkehrssicherheit und die Menschen auf den Straßen der Hauptstadt“. Das Ziel „Vision Zero“, also keine Getöteten oder Schwerverletzten im Straßenverkehr, sei „so sicherlich nicht erreichbar“.


Und sogar die FDP hält davon nicht viel. „Pauschal Tempo 50 vor den genannten Einrichtungen – wie von der CDU gefordert – ist realitätsfern und eine Gefahr, ganz speziell für Kinder und Senioren“, sagte Fraktionsvize Christoph Meyer SZ Dossier.


Vielen Dank! An das Team in Berlin für die Beiträge und an das Team in Australien für Schlusskorrektur und Produktion.

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Florian Eder

Leiter SZ Dossier