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Nutzungsrechte erwerbenSo will die SPD wieder zur Arbeiterpartei werden
Dienstag, 8. Oktober 2024Von Gabriel Rinaldi
Guten Morgen. Die SPD wacht heute mit einem neuen Generalsekretär auf, Matthias Miersch. Ein Jahr vor der Bundestagswahl also: mit dem Wahlkampfmanager, der sie erneut an die Macht bringen soll. Kein Druck!
Parteichefin Saskia Esken wird heute bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung Leitlinien für diesen Wahlkampf skizzieren und dabei laut Redemanuskript, das uns vorliegt, keine Scheu beweisen. Etwaige Fehlleistungen der Bundesregierung haben demnach andere begangen – Koalitionspartner oder womöglich, mit denselben Akteuren, eine andere SPD.
So äußert Esken Verständnis für Menschen, die den Staat während der Pandemie als „übergriffig“ empfunden hätten, weil er „in nie dagewesener Art und Weise ins Privatleben hineinregiert hat“. Was sie ihnen sagen wird? Gleich mehr dazu und zur SPD.
Willkommen am Platz der Republik.
Was wichtig wird
Matthias Miersch soll also neuer Generalsekretär der SPD werden. Die Führungsgremien der Partei billigten am Abend einen entsprechenden Vorschlag der beiden Vorsitzenden Esken und Lars Klingbeil. Miersch wird die Position zunächst kommissarisch übernehmen. Ein Parteitag, der Miersch formal ins Amt wählen muss, ist erst im nächsten Jahr geplant.
Wer ist der Neue? Miersch stammt aus Niedersachsen, wie sein Parteivorsitzender und wie Verteidigungsminister Boris Pistorius. In Berlin gilt diese unerhörte Missachtung eines jeden Proporzes als größere Revolution, als würde man der Ukraine erlauben, sich auf Teufel komm raus auch mit deutschem Gerät gegen Russland zu verteidigen. Andererseits, was ist in, sagen wir, Bayern schon zu holen in Sachen sozialdemokratischem Talent.
Nie mehr Talenteparkplatz: Miersch ist stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion und dort zuständig für Umwelt, Klimaschutz, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Außerdem ist der 55-Jährige einer von drei Sprechern der Parlamentarischen Linken (PL). Gut ein Jahr vor der Bundestagswahl wird er Wahlkampfmanager. „Der kann auf jeden Fall organisieren“, heißt es aus Parteikreisen. Und er habe maßgeblich dazu beigetragen, die PL in dieser Wahlperiode zusammenzuhalten. Warum dann nicht gleich die ganze Partei.
Überraschung: Ehrgeiz hat Miersch längst bewiesen – aber dieses Amt war unerwartet als Geschenk und Bürde. Überraschend gab sein Vorgänger Kevin Kühnert gestern seinen Rücktritt als Generalsekretär bekannt, aus gesundheitlichen Gründen, wie er in einem Brief schrieb. Auch für eine erneute Kandidatur als Bundestagsabgeordneter stehe er nicht zur Verfügung.
Es war eine sehr persönliche Nachricht. Er könne im Moment nicht über sich hinauswachsen, weil er nicht gesund sei, schrieb er. „Die Energie, die für mein Amt und einen Wahlkampf nötig ist, brauche ich auf absehbare Zeit, um wieder gesund zu werden.“ Der SPD fehlt damit auf unbestimmte Zeit wohl erst einmal eines ihrer größten Talente. Mehr hier von den Kollegen Daniel Brössler, Georg Ismar und Nicolas Richter.
Die SPD möchte wieder als die Partei der Arbeiterinnen und Arbeiter wahrgenommen werden – als Partei der Arbeiterklasse. Eine von vielen empfundene „Ohnmacht“ habe damit zu tun, dass Menschen sich heute stärker als Individuen wahrnehmen, weniger als Teil einer sozialen Schicht. „Es ist unsere Aufgabe als SPD, dieser politischen Vereinzelung eine Bewegung entgegenzustellen, die politische Ermächtigung und Zuversicht in allen Lebensbereichen möglich macht“, wird Esken heute bei der Friedrich-Ebert-Stiftung laut Manuskript sagen.
Test Test: Die politischen Stiftungen dienen den Parteien oft als Versuchslabor, Politikerinnen und Politiker testen gerne Aussagen vor kundigem und wohlgesonnenem Publikum. Wie die „Ermächtigung gegen die Ohnmacht“ durch die Sozialdemokratie funktionieren soll, skizziert Esken in ihrer heutigen Rede. Sie ist eine Vorschau auf Wahlprogramm und Kampagneninhalte der SPD. Der Redetext liegt SZ Dossier vor.
Das steckt drin: Mehr organisierte Beteiligung in Schulen, Betrieben und Kommunen, um Demokratie erlebbar zu machen. Ein „handlungsfähiger“ Staat in allen Bereichen, am besten ohne Schuldenbremse. Dazu Verteilungs- und Gerechtigkeitsfragen: „Wenn wir die Demokratie als die Macht der Vielen verteidigen wollen, dann muss es uns gelingen, die Interessen der Vielen gegen die Interessen der Superreichen durchzusetzen“, heißt es in Eskens Rede.
Klassenbewusstsein heißt: wir gegen die. Die „sehr hohen Vermögen“ sollen einen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten, die „sehr hohen Erbschaften“ will die SPD für „gelingende Bildung für alle jungen Menschen“ heranziehen. Die Distanz der Menschen zu „einem Staat, der ihnen keine Sicherheit bieten könne“ und „einer Demokratie, die ihre Interessen nicht durchsetzen könne“ sei laut Esken „nur logisch“. Die SPD, zuvor Partner in einer „Großen“ Koalition, stellt derzeit den Bundeskanzler.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat eine „große Reform“ der Pflegeversicherung angekündigt. Die befinde sich zwar momentan noch in der Feinabstimmung, wie Lauterbach gestern sagte, solle aber in wenigen Wochen vorgestellt werden. In der Reform soll es, so der Minister, um die Finanzierung der Pflege gehen – also darum, wer künftig was bezahle und wie sich die Beiträge fortentwickeln. Fragen der Eigenbeteiligung insbesondere in der stationären Pflege sollen ebenso Thema der Reform sein wie die Frage, ob Vollkasko-Elemente eingeführt werden und wie die Angehörigenpflege gestärkt werden könne. Dazu, wie und ob die Beitragssätze steigen, sagte Lauterbach allerdings nichts.
Wie es dazu kam: Auslöser war ein Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND), wonach die Pflegeversicherung bald zahlungsunfähig sei. Das liege zum einen daran, dass die Anhebung der Beiträge im vergangenen Jahr nicht stark genug war. Zum anderen sei die Begrenzung der Eigenanteile für Heimbewohner deutlich teurer geworden, als die Bundesregierung angenommen hatte.
Zu den Ursachen: Im Bundesgesundheitsministerium sah man sich angesichts des Berichts zum Handeln gezwungen. Am Vormittag verschickte die Pressestelle eilig eine Einladung zum Statement mit Lauterbach. Außerdem hieß es, das Ministerium könne den Bericht des RND nicht bestätigen, konstatierte aber, die Pflegeversicherung habe „sowohl kurzfristig wie auch strukturell Schwierigkeiten“. Das liege an der Entlastung der Heimbewohner sowie den höheren Löhnen für Pflegekräfte. Außerdem gebe es mehr Pflegebedürftige als angenommen. 2023, sagte Lauterbach, „haben wir 360.000 zusätzliche Pflegebedürftige gehabt“. Für dieses Jahr sei mit 400.000 zu rechnen.
Zwei Jugendliche übergeben heute Abend der Grünen-Politikerin Emilia Fester, der Linken-Politikerin Heidi Reichinnek und der Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Christine Streichert-Clivot (SPD), 15 Forderungen, um jugendliche Einsamkeit zu überwinden und Demokratie zu stärken. Organisiert wird die Veranstaltung von der Denkfabrik „Das Progressive Zentrum“.
Warum das wichtig ist: Spätestens seit den Wahlerfolgen der AfD unter jungen Menschen stellt sich die Frage, wie etablierte Parteien die junge Generation wieder für sich gewinnen können. Die Ausgangslage dafür könnte allerdings besser sein: „Bezogen auf das Verhältnis von Politik und jungen Menschen drängt sich der Eindruck auf, dass hier zwei Welten aufeinandertreffen“, heißt es im aktuellen Kinder- und Jugendbericht des Bundesfamilienministeriums. Fast zwei Drittel der befragten 14- bis 24-Jährigen sind demnach zwar an politischen Themen interessiert, allerdings haben gerade einmal 29 Prozent das Gefühl, Politik beeinflussen zu können.
Faktor Einsamkeit: Wie eine Studie im Auftrag des Progressiven Zentrums 2023 herausfand, lässt sich bei Jugendlichen ein Zusammenhang zwischen Einsamkeit und antidemokratischen Einstellungen feststellen, der sei zwar nicht stark ausgeprägt, „aber doch signifikant“. Demnach tendieren einsame Jugendliche „geringfügig stärker zum Populismus als nicht-einsame, aber signifikant häufiger zu autoritären Einstellungen, zu einer Verschwörungsmentalität und zur Billigung politischer Gewalt“. Sie fühlten sich außerdem politisch weniger wirksam als nicht-einsame.
Was tun? Konkret fordern die Jugendlichen, Themen wie demokratische Werte und Wahlen, Medienkompetenz oder Finanzen stärker in der Schule zu thematisieren. Zudem sollen Bildungseinrichtungen gesetzlich dazu verpflichtet werden, psychologische Hilfsangebote bereitzustellen. Staatlich gefördert werden sollen zudem sogenannte dritte Orte, also Räume, in denen Jugendliche ohne große Hürden möglichst häufig zusammenkommen können und die sie selbst mitgestalten können. Überdies solle die Bundesregierung – etwa durch das Demokratiefördergesetz – Maßnahmen zur Extremismusprävention, zur Förderung und Stärkung der Demokratie auf langfristige und finanziell sichere Beine stellen.
Tiefgang
Es kommt vor, dass Bildungsministerinnen oder Kommissionspräsidentinnen bestimmte Angelegenheiten lieber über den kurzen Dienstweg erledigen. Per Messenger oder SMS etwa, so wie Bettina Stark-Watzinger (FDP) oder Ursula von der Leyen (CDU). Aus Stefan Brinks Sicht ist das besorgniserregend – weil Verwaltungen so heute viele relevante Daten gar nicht mehr generieren und so eine Kerntugend des Regierungshandelns verloren geht.
Das Bewusstsein für die Vollständigkeit von Akten sei „komplett verlorengegangen“, sagte Brink. Er gilt als einer der versiertesten Datenschützer Deutschlands, war bis Mitte 2022 Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württembergs und leitet nun das Institut für die Digitalisierung der Arbeitswelt in Berlin. Er arbeitet derzeit gemeinsam mit Frag den Staat an einem Leitfaden für eine zeitgemäße Aktenführung im digitalen Zeitalter, der in den kommenden Monaten fertig und anschließend der Verwaltung übergeben werden soll.
„In den 70er-Jahren gab es noch eine genaue Aktenordnung in den Ministerien und Behörden“, sagte Brink. „Da war klar, dass alles in die Akte rein muss, was einen bestimmten Sachverhalt betrifft.“ Heute dagegen würden Beteiligte immer noch glauben, „dass sie zum Beispiel Mails nicht verakten müssten“. Ein Beispiel: „Es kann nicht sein, dass ein Außenminister seine SMS zum Afghanistan-Abzug nicht veraktet.“
Dienstliche Anweisungen und Verwaltungsvorschriften müssten dringend überarbeitet werden, sagte Brink: „Jede SMS, jede Mail, jede Direktnachricht in sozialen Medien muss erfasst werden, wenn sie für einen Verwaltungsvorgang relevant ist.“ Nachvollziehbarkeit, Dokumentation und Rechenschaftspflicht müssten für alle Kommunikationskanäle gelten. „Wird solche Kommunikation in den Akten nicht erfasst, kommuniziert jeder nur noch über Messenger, wenn man nicht will, dass etwas offiziell ist.“
Eine Verwaltung ohne genaue Aktenordnung sei weder führbar noch kontrollierbar. „Wir müssen der Verwaltung sozusagen wieder das Verwalten beibringen“, sagte Brink. Ferner müsse die Verwaltung lernen, dass sie nicht die Hüterin des Herrschaftswissens sei. Brink wünscht sich, was die Ampel eigentlich umsetzen wollte: ein Transparenzgesetz.
„Die Informationsfreiheitsgesetze werden wir zu einem Bundestransparenzgesetz weiterentwickeln“, heißt es im Koalitionsvertrag. Damit würde die Verwaltung dazu verpflichtet werden, Informationen proaktiv auf einem Portal bereitzustellen, sofern sie nicht geschützt sind. Statt langwieriger Informationsfreiheitsanfragen bräuchte es dann nur noch ein paar Klicks, um zum gewünschten Dokument zu kommen.
Die Zeit wird langsam knapp, aus dem Bundesinnenministerium heißt es auf Anfrage, dass das Vorhaben nicht begraben sei. „Die Meinungsbildung bezogen auf einen Entwurf für ein Transparenzgesetz und dessen Zeitplanung ist innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen“, sagte eine Sprecherin. Brink glaubt nicht mehr daran. Die Verwaltung widersetze sich in Deutschland der Idee. Kürzlich veröffentlichten zivilgesellschaftliche Organisationen einen Aufruf, um das Gesetz zu retten.
„Wir müssen aufpassen, dass wir Transparenz nicht als lästigen, zusätzlichen Aufwand begreifen, sondern als ganz normales Verwaltungshandeln“, sagte Brink. Verwaltung müsse öffentlich stattfinden und zugänglich sein. Die Aufgabe der Verwaltung sei es nicht, „Bürger davon abzuhalten, sich einzumischen“. Oft gebe es die Meinung, „dass man keine Unterlagen herausgeben kann, weil die Bürger das alles falsch verstehen würden, die Verwaltung alles zusätzlich erklären müsste und es deshalb alles so viel Aufwand sei“. Der Staat dürfe seine Bürger aber nicht für blöd halten, so Brink: „Der Regelfall müsste sein, dass alles herausgegeben und auf einem zentralen Transparenzportal veröffentlicht wird.“
„Die Argumente, dass das alles aufwendig und teuer sei, gibt es ja nur, weil die Verwaltung so stark unterdigitalisiert ist“, sagte Brink. Wenn Kosten entstünden, müssten die natürlich abgedeckt werden. „In der Regel spart ein Transparenzgesetz aber Kosten.“ Heute müssten schützenswerte Stellen in Akten händisch geschwärzt werden, bevor sie herausgegeben werden können. Das betreffe oft hunderte Seiten.
Gebe es eine flächendeckende digitale Aktenführung, könnten solche Schritte automatisiert und „enorme Ressourcen und Kosten eingespart werden“. Es sei „völlig widersinnig“, amtliche Informationen von der Idee auszuklammern, möglichst viele Daten für die Digitalisierung und Künstliche Intelligenz zu erschließen. „Dazu bekennt sich die Politik derzeit ja ständig“, sagte Brink. „Jeder sagt, Daten seien das neue Öl.“ Matthias Punz
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Fast übersehen
An der Seite Israels: Der Bundeskanzler hat gestern zum Jahrestag des Hamas-Überfalls auf Israel die Haltung der Bundesregierung bekräftigt. Einerseits versicherte Olaf Scholz (SPD) Israel die Solidarität Deutschlands. „Wir fühlen mit euch das Entsetzen, den Schmerz, die Ungewissheit und die Trauer“, sagte der Kanzler. „Wir stehen an eurer Seite.“ Er sagte aber auch, dass ein Jahr Krieg unvorstellbares Leid über die Bevölkerung im Gazastreifen gebracht habe.
Lauter Mahnungen und kein Echo: Die Palästinenser sollten ihre Angelegenheiten in Eigenverantwortung regeln können, mahnte Scholz. Es ist ein Verweis auf die Zwei-Staaten-Lösung. Sie ist aus Sicht der Bundesregierung der einzige Weg zu einem dauerhaften Frieden im Nahen Osten, aber weit entfernt. Mit Blick auf Libanon forderte er die Hisbollah und Iran auf, die Angriffe gegen Israel einzustellen und sprach sich auch da für eine Waffenruhe aus, wiederum ebenso ein Appell an Israel. Mehr hier von Paul-Anton Krüger.
Durchbruch in Hamburg: Grüne Schifffahrt soll auf den Weltmeeren künftig Vorfahrt genießen. Hafenbetreiber, Exportunternehmen, Reedereien und Kraftstoffhersteller haben eine entsprechende Absichtserklärung auf der Hamburg Sustainability Conference (HSC) unterzeichnet, berichtet Fabian Löhe vom Dossier Nachhaltigkeit (hier kostenlos testen). Herzstück des Dokuments ist die Einrichtung spezieller Korridore für Schiffe, die nachhaltige Kraftstoffe verwenden.
Warum das wichtig ist: Die globale Schifffahrtsindustrie ist für fast drei Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich. Das entspricht etwa 940 Millionen Tonnen CO₂ jährlich – mehr als ganz Deutschland pro Jahr emittiert. Ohne signifikante Maßnahmen könnten die Emissionen des Sektors bis 2050 erheblich ansteigen und nach einigen Schätzungen mehr als doppelt so hoch sein wie heute.
Scholz will Standards: Die Schifffahrtsunternehmen verpflichten sich nun, „konventionelle Schiffsantriebssysteme mit dem Ziel zu entwickeln, sie mit grünen Kraftstoffen mit maximaler Effizienz betreiben zu können.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte auf der HSC, die Bundesregierung fordere gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedsstaaten international verbindliche Maßnahmen. „Erstens die Einführung eines Kraftstoffstandards. Und zweitens die Bepreisung von Treibhausgasemissionen mittels einer globalen Treibhausgasabgabe.“
Merz erwägt Föderalismusreform: „Möglicherweise brauchen wir in Deutschland doch nochmal eine Föderalismusreformkommission“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz gestern beim politischen Abend des Bitkom in Berlin. „Wenn man so etwas machen will, muss man es am Anfang der Wahlperiode machen, mit einem klaren Zeitplan, um zur Mitte der Wahlperiode fertig zu sein“, sagte Merz. Die Union denke „ernsthaft“ über eine Staatsreform nach, wolle sie aber erst in ein Wahlprogramm schreiben, wenn es vonseiten der Länder einen Grundkonsens dafür gebe.
Zentrale Bündelung: Merz erneuerte zudem die Forderung der Union nach einem echten Digitalministerium auf Bundesebene. Unter einer Bedingung: „Dass dieses Ministerium die gesamte Querschnittsverantwortung für den gesamten Bereich der Bundesverwaltung bekommt.“ Wenn weiterhin jedes Ressort eigenständig Software und Hardware anschaffe, „dann ist ein Digitalministerium völlig überflüssig“. Es brauche eine zentrale Instanz, die entscheidet. Das gehe „nur top-down“. Mehr dazu heute von Matthias Punz drüben im Dossier Digitalwende.
Unter eins
Linken-Chefin Janine Wissler über den Zustand der Infrastruktur in Deutschland
Zu guter Letzt
Die Social-Media-Abteilung des Auswärtigen Amts steht zurzeit in der Kritik. Vor einigen Wochen korrigierte das englischsprachige X-Profil eine Aussage Donald Trumps während des TV-Duells – und schob recht direkt hinterher: „PS: We also don’t eat cats and dogs.“ Das kann man als unsouverän empfinden oder als noch untrainierten Humor. Staatsminister Tobias Lindner (Grüne) sagte jüngst im Bericht aus Berlin, man solle solche Posts auch mal „mit einem gewissen Schmunzeln“ nehmen.
Zwinker Zwinker: Vergangene Woche pries das deutschsprachige Profil die Befreiung des jesidischen Mädchens Fawzia aus Gaza, ohne Ross, Reiter und Befreier – die israelische Armee – zu nennen. „Seid Ihr im Auswärtigen Amt beim Entwerfen des Tweets an die maximale Zeichenanzahl gestoßen?“, twitterte daraufhin die israelische Botschaft. „Natürlich war das die IDF. Und dafür sind wir alle unendlich dankbar“, x-te das AA zurück, ertappt, trotzig („natürlich“), von einem Berliner Schreibtisch aus, samt Danke-Emoji.
Seine Strategie anpassen will das Haus von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) trotz der Fauxpas nicht. Auf Anfrage von SZ Dossier sagte eine Sprecherin, Kommunikation sei Kerngeschäft der Diplomatie und man lege Regierungspositionen „aktuell und transparent“ dar. „Dabei scheuen wir uns nicht vor Debatten“, betonte sie und machte sich eine alte Fußballweisheit zu eigen: „Nur wer den Ball hat, wird auch angegriffen.“ Das freilich gilt von der Champions League bis hinab in die Kreisklasse.
Grazie mille! Dem Team in Berlin und den Kolleginnen in Australien.