Unsere Kernprodukte
Im Fokus
Weitere SZ-Produkte
Shops und Marktplätze
Media & Service
Partnerangebote
Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?
Anzeige inserierenMöchten Sie unsere Texte nachdrucken, vervielfältigen oder öffentlich zugänglich machen?
Nutzungsrechte erwerbenDrei Erkenntnisse vom Deutschlandtag der Jungen Union
Montag, 28. Oktober 2024Von Valerie Höhne
Guten Morgen. Die Woche steht im Zeichen des Haushaltsstreits in Form konkurrierender Gipfel. Im Kanzleramt spricht Kanzler Olaf Scholz (SPD) morgen ab 16 Uhr mit Vertretern von Gewerkschaften und Industrie, Finanzminister Christian Lindner und die FDP-Fraktion haben Wirtschaftsverbände, die beim Kanzlergipfel fehlen, ebenfalls morgen zum Austausch eingeladen. „Dilettanten“ schimpfte FDP-Vize Wolfgang Kubicki die Mit-Koalitionäre. Dazu gleich mehr.
Dass sich führende Vertreter der Ampel nicht mehr berufen fühlten, CDU-Chef Friedrich Merz zu widersprechen, als er beim Deutschlandtag der Jungen Union das Ampel-Aus forderte, ist auch eine Aussage. Wie lange die Koalition noch hält? Wir nehmen Wetten an. Herzlich willkommen am Platz der Republik.
Was wichtig wird
Der deutschen Wirtschaft gehe es „hundsmiserabel“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki SZ Dossier, daher mache „ein Austausch mit Wirtschaftsvertretern immer Sinn“. Er griff Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) scharf an und verteidigte die Einladung seiner Fraktion an Wirtschaftsverbände, die nicht zum Scholz’schen Industriegipfel geladen sind: „Es ist gut, dass die FDP diese Gespräche führt. Wir dürfen das keinesfalls Dilettanten überlassen“, sagte er. Davor hatte sich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in ähnlich scharfer Rhetorik geübt, der Finanzminister solle „nicht versuchen, mit einer eigenen Veranstaltung die Arbeit des Kanzlers zu torpedieren“, sagte er der Rhein-Neckar-Zeitung. Ein führender Grünen-Politiker wollte die konkurrierenden Veranstaltungen nicht kommentieren, „weil zu albern“.
Es gibt sie noch, die leiseren Töne. Matthias Miersch, seit einigen Wochen Generalsekretär der SPD, rief die Koalitionäre auf, sich zusammenzureißen. Jetzt gelte es, dass alle konzentriert und unaufgeregt an Lösungen arbeiten. Unterschiedliche Ansätze könnten Durchbrüche bringen – „vorausgesetzt, es besteht echte Bereitschaft zum Kompromiss“, sagte Miersch SZ Dossier. Es sei „gut“, dass der Kanzler „die Sicherung des Wirtschaftsstandorts und der Arbeitsplätze in Deutschland zur Chefsache“ mache und mit „wichtigen Playern“ einen „vertrauensbildenden Prozess“ startete. Die Koalition habe in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass sie schnell und entschlossen handeln könne, als Beispiele nannte Miersch die Energiepreisbremsen und den beschleunigten Bau von LNG-Terminals nach dem russischen Angriff auf die Ukraine.
Das war im Jahr 2022: Inzwischen will kaum noch jemand darauf wetten, dass die Koalition den von der FDP ausgerufenen „Herbst der Entscheidungen“ übersteht. Sogar aus der SPD hieß es, dass es mit der weiteren Zusammenarbeit eng werde, berichten Georg Ismar und Claus Hulverscheidt. Die Arbeiten am Haushalt drohen zum letzten Streit der Ampel zu werden, seit der Steuerschätzung der vergangenen Woche ist klar, dass ein laut Lindner hoher einstelliger Milliardenbetrag eingespart werden müsse. Trotzdem: „Vor unlösbare Aufgaben“ würden die Haushaltsverhandlungen nicht gestellt, teilte SPD-Politiker Achim Post mit, schließlich erlaube die Konjunkturkomponente der Schuldenbremse eine „höhere Kreditaufnahme“.
Die Entscheidung ist politisch. Wie groß die Lust am Kompromiss gerade ist, ließ sich in der vergangenen Woche beobachten, als es um die Aussetzung des deutschen Lieferkettengesetzes ging. Scholz hat das versprochen („kommt weg“), Habeck hat ebenfalls deutlich gemacht, dass er das zur Entlastung der Wirtschaft richtig fände. Doch Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge widersprach sofort. Das Ende des deutschen Lieferkettengesetzes sei ein „großer Fehler“. Das ärgerte: besonders die Liberalen.
In Brandenburg geht es voran mit der Regierungsbildung: Wie die Deutsche Presse-Agentur gestern Abend berichtete, stehen SPD und BSW vor Koalitionsverhandlungen. Demnach wollen die Sondierungsgruppen der beiden Parteien heute bekanntgeben, dass sie ihren Parteispitzen Koalitionsverhandlungen vorschlagen. Um 10 Uhr soll es eine Pressekonferenz geben. Zuvor hatten Bild und B.Z. darüber berichtet. Sowohl in Sachsen als auch in Thüringen stocken die Gespräche zwischen CDU, BSW und SPD hingegen. Einer möglichen Brombeer-Koalition droht das Aus, noch bevor es sie überhaupt je gegeben hat.
Die Lage: In Sachsen hat die SPD die Gespräche am Freitag vorerst auf Eis gelegt, weil Abgeordnete des BSW im Landtag einem Antrag der AfD zustimmten, um einen Corona-Untersuchungsausschuss einzusetzen. Dabei wären die Stimmen des BSW dafür nicht notwendig gewesen. In Thüringen hängt alles an der Präambel eines möglichen Koalitionsvertrages. Und daran, wie dort das Thema Krieg und Frieden ausbuchstabiert ist. Sobald dieser Knoten gelöst ist, kann es schnell gehen.
Es gibt verschiedene Sichtweisen im BSW: die von Parteichefin Sahra Wagenknecht und die von Landeschefin Katja Wolf. Im Moment herrscht Stillstand. Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland unter Berufung auf Verhandlungskreise berichtete, verhindere BSW-Chefin Sahra Wagenknecht durch ständige Einmischungen ein Fortkommen. Thüringens SPD-Chef Georg Maier sagte dem MDR am Wochenende, er sehe kaum noch Chancen für ein Bündnis mit CDU und BSW.
Immer offensichtlicher wird: Wagenknecht fürchtet um ihre Partei und deren Glaubwürdigkeit. Das Thema Frieden ist vielleicht der Markenkern des BSW, untrennbar verbunden mit Wagenknecht selbst. Die Chefin will sich außerdem nicht nur inhaltlich von der Konkurrenz unterscheiden, sondern das BSW soll dezidiert anders daherkommen als die etablierten Parteien. Diesen Nimbus droht die Partei aber zu verlieren, wenn sie regiert. Würden CDU und SPD in Thüringen allein regieren und sich dafür die Unterstützung des BSW suchen, würde das Wagenknecht eher in die Karten spielen. Das Sondierungspapier und das weitere Vorgehen in Brandenburg könnte nun zeigen, wozu Wagenknecht bereit ist.
Der Poker: Vor allem mit Blick auf Thüringen muss sich die BSW-Chefin allerdings fragen, ob und wie lange ihre Strategie trägt. Schließlich betont sie immer wieder, ihre Wählerinnen und Wähler hätten sich Veränderung gewünscht. Scheitern die Gespräche letztlich am BSW müsste sie diesen Menschen erklären, warum es diese Veränderungen nun nicht gibt. Eine Koalition in Brandenburg wäre da hilfreich, Wagenknecht könnte darauf verweisen, dass das BSW ja regiert, wenn die Bedingungen stimmen.
Deutsche Diplomaten schätzen die Chance auf einen Waffenstillstand im Nahen Osten durch den israelischen Angriff auf Iran besser ein als zuvor. „Mit der kalibrierten israelischen Antwort auf die iranischen Raketenangriffe geht wieder ein Fenster für diplomatisches Vorankommen in Nahost und Libanon auf“, hieß es aus Diplomatenkreisen. Noch schauten zwar alle auf die Wahl in den USA, doch es sei „immer klar“ gewesen, „dass es echte Aussichten auf Bewegung erst nach den erwarteten israelischen Schlägen gegen Iran geben würde“, hieß es weiter.
„Nicht immer weiter“: Kanzler Scholz sagte am Wochenende, seine Botschaft an die iranische Führung sei klar: „Das sollte jetzt nicht immer weitergehen, indem jetzt massive eskalatorische Reaktionen stattfinden.“ Es müsse die Möglichkeit einer friedlichen Entwicklung im Nahen Osten geben, sagte er.
UNRWA könnte als Terrororganisation eingestuft werden: Heute stimmt das israelische Parlament über das De-facto-Verbot des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA ab. UNRWA soll demnach als Terrororganisation eingestuft werden, israelischen Behörden würde der Kontakt untersagt. Laut dpa sorgen sich Vertreter des israelischen Außenministeriums um praktische Konsequenzen, im schlimmsten Fall drohe ein Ausschluss Israels aus den Vereinten Nationen. Israel hatte in der Vergangenheit schwere Vorwürfe gegen UNRWA erhoben. Eine Untersuchung der UN hatte ergeben, dass neun Mitarbeiter des Hilfswerks möglicherweise in die Attacken des 7. Oktober gegen Israel involviert waren.
Warnung aus acht Ländern: Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte gemeinsam mit ihren Amtskollegen aus Kanada, Australien, Frankreich, Japan, Korea und dem Vereinigten Königreich vor der israelischen Entscheidung. Ohne UNRWA sei humanitäre Hilfe für Gaza, Ostjerusalem und das Westjordanland schwer zu bewerkstelligen, vielleicht gar „unmöglich“. Insbesondere auf die humanitäre Lage in Gaza hätte das Gesetz „verheerende Konsequenzen“. UNRWA habe Schritte in Richtung eines Reformprozesses unternommen, um auf die Vorwürfe aus Israel zu reagieren, heißt es in der Erklärung.
Wir schauen uns zum Wochenbeginn wieder an, welche Abgeordneten in der vergangenen Woche besonders viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Die Bundesdatenschau listet für den Platz der Republik wöchentlich die MdBs auf, die im Vergleich zu den Vorwochen jeweils durchschnittlich mehr oder weniger Aufmerksamkeit in Form von Likes und Kommentaren auf X erhalten haben.
Deutsch-indische Freundschaft: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erhielt für einen Post, in dem er sich bei Indiens Premierminister Narendra Modi für den Empfang bedankte und die Freundschaft zwischen Deutschland und Indien betonte, überdurchschnittlich viele Likes. Cem Özdemir (Grüne) bekam viele Kommentare für einen Tweet, in dem er seine Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten Baden-Württembergs bekanntgab.
Shots fired: Johannes Vogel (FDP) reagierte auf Deutschlandfondspläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit dem Alternativvorschlag, Steuern und Abgaben für alle Unternehmen zu senken. Dieter Janecek (Grüne) kommentierte eine Meldung zur schlechten Stimmung in Bayerns Wirtschaft: „Kein Wunder, wir haben in Bayern ja auch keinen Wirtschaftsminister, und der Ministerpräsident ist hauptberuflich mäßig begabter Food Blogger.“
ANZEIGE
Tiefgang
Inszenierung können sie beim Parteinachwuchs der Union. Kurz vor seiner großen Rede am Samstag, als Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) mit seinem Tross einläuft, spielen sie „Zeit, dass sich was dreht“. Danach folgen „Kanzler, Kanzler“-Rufe und „Oh, wie ist das schön“-Gesänge. Dazwischen, immer wieder, „MERZ 2025“-Plakate, die an Trump oder Harris erinnern.
Aber auch die blau-weißen Plakate täuschen trotz des amerikanischen Flairs nicht über die Hallesche Realität hinweg. Für die Junge Union (JU) ist in Sachsen-Anhalt zwar die Frage beantwortet, welche Partei den nächsten Bundeskanzler stellen wird. Doch eine Meinungsverschiedenheit kann selbst die größtenteils staatstragende Rede von Merz nicht ganz aus der Welt schaffen. Drei Erkenntnisse vom Deutschlandtag der JU.
Bei der Rente gibt es einen Korb, der Wahlkampf ist wichtiger. JU-Chef Johannes Winkel, der am Freitagabend mit 90,5 Prozent wiedergewählt wurde, hatte bereits vor dem Deutschlandtag betont, die JU müsse sich auf Merz verlassen können. „Wir haben uns nicht richtig um die sozialen Sicherungssysteme gekümmert“, sagte sein Vize Pascal Reddig. Man nehme da keine Regierung oder Partei aus. Die Rente sei kein Thema, mit dem man als Union Wahlen gewinnen könne, aber Merz habe immer gesagt, dass er Reformen angehen wolle.
Deshalb forderte die JU in ihrem Leitantrag, der einstimmig beschlossen wurde, massive Änderungen in der Rentenpolitik, um eine Überlastung der jungen Generation zu vermeiden. Winkel betonte, man werde die Ampel vor dem Bundesverfassungsgericht verklagen, falls das Rentenpaket II so durchgeht. Was sie stattdessen wollen: eine Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung (so wie es auch im Grundsatzprogramm der Union steht). Zudem dürfe die doppelte Haltelinie nicht über 2025 hinaus verlängert werden.
Dafür gab es eine Absage von Merz. „Wir brauchen ein gesetzliches Renteneintrittsalter. Und dieses gesetzliche Renteneintrittsalter sollte bei 67 bleiben“, sagte der CDU-Chef. „Nein, es wird keine Rentenkürzung in Deutschland geben.“ Wer später in Rente gehen wolle, müsse gute Anreize bekommen, länger zu bleiben und länger zu arbeiten. „Verständigen wir uns auf diesen Weg, dann nehmen wir den Sozialdemokraten jedes Potenzial, gegen uns eine infame Kampagne zu führen“, sagte Merz. Man müsse bei dem Thema Jung und Alt gleichermaßen in den Blick nehmen. Dafür gab es Applaus – und bei der Fragerunde nach Merz' Rede keine weiteren Fragen.
Wirtschaft und Arbeitnehmer werden wichtig für den Weg ins Kanzleramt. In Deutschland soll es wirtschaftlich wieder besser laufen (die Rechnungsprüfer erwarten übrigens, dass der eigene JU-Haushalt im Defizit abschließt). Wie Winkel betonte, sitze das Problem der deutschen Wirtschaft im Wirtschaftsministerium. Merz machte in seiner Rede klar, dass er dieses Ministerium – wie von der JU gewünscht – anders aufstellen möchte.
„Arbeitsmarktpolitik ist Wirtschaftspolitik und nicht Sozialpolitik“, sagte Merz. Er unterstütze es, das Arbeits- und Wirtschaftsministerium zusammenzulegen. Das Bürgergeld müsse man vom Kopf auf die Füße stellen, der Name suggeriere derzeit ein bedingungsloses Grundeinkommen. Als wichtigste Zielgruppe im Wahlkampf sehe er die Arbeitnehmer: „Ohne die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland werden wir keine Bundestagswahl gewinnen“, sagte er.
Merz wolle zudem das „Monster Bürokratie“ zähmen, damit müsse man jetzt auf der europäischen Ebene beginnen. Für eine mögliche Regierung kündigte er ein Bürokratie-Moratorium an. „Es wird kein Gesetz mehr geben, was die Bürokratie in Deutschland noch weiter ausweitet. Und wenn es notwendig sein sollte, Regelungen zu treffen, dann müssen mindestens zwei andere Regelungen dafür aufgehoben werden“, sagte Merz. Zudem stellte er einen „Einstellungsstopp für den öffentlichen Dienst“ in Aussicht.
Die Union will sich auf die Union konzentrieren. Jens Spahn (CDU) war es, der in seiner Rede am Samstag betonte: „Lasst uns aufhören, jeden Tag und jede Woche darüber zu sinnieren, ob wir lieber mit der SPD oder lieber mit den Grünen regieren.“ Applaus. Er wolle stattdessen „einen Pitch machen“ und auf eigene Stärke setzen. Zudem warnte er die 300 Delegierten: „Elf Monate sind eine lange Zeit.“
Als Winkel in seiner Rede auf Sahra Wagenknecht kam, gab es vereinzelt Applaus und Buhrufe. „Natürlich kann man mit einer neuen Partei mit ganz neuem Personal erstmal Gespräche führen“, sagte er. Man müsse es in einer Konstellation mit der AfD und Höcke sogar. Doch Sozialismus ohne Gendern bleibe blutroter Sozialismus. „Wenn wir die Partei von Konrad Adenauer und Helmut Kohl sind, und uns diese Westbindung noch irgendwas bedeutet, dann haben wir auch die gottverdammte Pflicht zu antworten: Wir sind gegen die Stationierung von Putin-Propaganda in deutschen Landesregierungen“, sagte Winkel. Zur Not müsse man „dem BSW den Stecker ziehen.“
Merz verlor kein Wort über Wagenknecht, sprach dafür aber über die AfD. „Für die CDU kommt, egal auf welcher Ebene, eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht infrage“, sagte er. Es gab lauten Applaus. Nur wenn das klar bleibe, könne die Union ihren Wählern das Dilemma erklären, dass es zwar eine theoretische rechte Mehrheit gebe, man diese aber nicht in Anspruch nehmen werde. „Jede Stimme für die AfD stärkt in Wahrheit diejenigen, die links von der politischen Mitte Einfluss behalten auf die Politik in Deutschland“, sagte Merz. Gabriel Rinaldi
Fast übersehen
Neuer Entwurf: Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat pünktlich zur Weltnaturschutzkonferenz in Kolumbien einen Entwurf zur neuen Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung vorgelegt. „Sie ist unser Beitrag für das Erreichen der Ziele von Montreal und sie ist unser Fahrplan für eine gesunde Natur in Deutschland“, sagte Lemke. Die Natur stehe „enorm unter Stress“, sagte sie. Es sei das Ziel der Strategie, die Natur zu entlasten und zu reparieren, „wo sie bereits geschädigt wurde“, sagte sie.
Wie realistisch ist das? Erst in der vergangenen Woche hatte der Umweltverband BUND Verfassungsbeschwerde gegen die Naturschutz-Politik der Bundesregierung eingereicht, laut dpa teilte der Verband mit, das Tempo des Artensterbens sei „noch dramatischer als die Geschwindigkeit der Klimakrise“. Laut Nationaler Biodiversitätsstrategie sollen zwei Aktionspläne, einer im Zeitraum 2024 bis 2027 und einer im Zeitraum 2027 bis 2030, Abhilfe schaffen.
Bis 2030 sollen 65 Ziele erfüllt sein. Laut Strategie sollen zum Beispiel bis 2030 30 Prozent der Flächen an Land und auf dem Meer unter Schutz, zehn Prozent der Flächen unter strengen Schutz gestellt werden. Zudem sollen 20 Prozent der zerstörten Ökosysteme, zum Beispiel Moore und Auen, wiederhergestellt sein. Der Einsatz schädlicher Pestizide in der Landwirtschaft soll um 50 Prozent reduziert werden. Eine erste Bilanz soll 2027 gezogen werden. Noch aber sind weder Strategie noch Aktionsplan vom Kabinett verabschiedet. Das Umweltministerium aber glaubt an einen Kabinettsbeschluss noch in diesem Jahr.
FDP lehnt Vorratsdatenspeicherung weiterhin ab: „Die Forderung nach mehr Befugnissen wie der Vorratsdatenspeicherung zeigt einmal mehr, wie sehr die CDU/CSU-geführten Länder in alten, verfassungswidrigen Konzepten verharren“, sagte FDP-Digitalpolitiker Manuel Höferlin SZ Dossier. Seine Partei lehnt eine Vorratsdatenspeicherung weiterhin ab. Höferlin warb für das sogenannte „Quick-Freeze“-Verfahren, das „ein rechtssicheres und anwendbares Instrument“ schaffe. Im Vergleich zur Vorratsdatenspeicherung beginnt die Speicherung von Daten im „Quick-Freeze“-Verfahren anlassbezogen in der Regel erst nach einem Verdacht. Grünen-Politiker Konstantin von Notz hat diese Regel in der Vergangenheit gelobt.
Grüne in den Ländern für Änderung: Das sehen nicht mehr alle bei den Grünen so. In einem Entschließungsantrag zur Terrorismusbekämpfung hatten sich Grüne gemeinsam mit der Union in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg für eine Reform ausgesprochen. Sie kritisierten darin das „Quick-Freeze“-Verfahren. Die Sicherung der Daten würde erst nach dem Bekanntwerden einer Straftat ermöglicht. Die Daten dürften „zu diesem Zeitpunkt in aller Regel jedoch bereits gelöscht sein“, die Zuordnung zu einer IP-Adresse liefe dann ins Leere, hieß es in dem Antrag. Es bedürfe einer „gesetzlichen Regelung zu einer Speicherung“ und einem „anlassbezogenen Zugriff“.
Zeitlich wird es eng: Theoretisch ist es möglich, dass die Zusatzzölle der EU auf chinesische E-Autos noch abgewendet werden, berichtet mein Kollege Finn Mayer-Kuckuk vom neuen Dossier Geoökonomie (hier geht’s zur Anmeldung, ab Mitte November vier Wochen kostenlos testen). Die EU und China verhandeln zwar weiter, doch wenn es nicht schnell zu einer Einigung kommt, wird die EU-Kommission schon Anfang November zusätzliche Zölle auf Elektrofahrzeuge aus der Volksrepublik von bis zu 35,3 Prozent verhängen. Scholz und die Autoindustrie würde das ärgern, zur harten Haltung von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) würde es aber passen.
ANZEIGE
Unter eins
Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger im Interview mit dem Deutschlandfunk zu den Ergebnissen der Ministerpräsidentenkonferenz
Zu guter Letzt
Heute hat vor allem Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) einen vollen Terminkalender. Er empfängt seinen kroatischen Amtskollegen Ivan Anušić und besucht den Cyber Innovation Hub der Bundeswehr. Morgens ist er auf der Diversity-Konferenz des Verteidigungsministeriums. Die ist nicht presseöffentlich, das Ziel aber schon. Laut dem Verein Charta der Vielfalt soll die Bundeswehr „diversitätssensibel und diskriminierungsfrei“ weiterentwickelt werden.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marcus Faber, sagte SZ Dossier, die Bundeswehr habe „großes Potenzial“, wenn es darum gehe, „alle Geschlechter, alle Migrationshintergründe und alle Religionsgruppen unseres Volkes abzubilden“. Für die „vielfältigen Aufgaben“ der Truppe sei es wichtig, genau diese Potenziale zu heben.
Zum Schluss noch ein Lese-Tipp: Mein Kollege Georg Ismar hat Vorwürfe sexueller Belästigung gegen einen Zwei-Sterne-General, die zu dessen Rauswurf führten, nachrecherchiert.
Vielen Dank! Dem Team in Berlin für ihre Beiträge, den Kolleginnen in Australien für Schlusskorrektur und Produktion.