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Putin ist zurück im deutschen Mainstream

Freitag, 1. November 2024
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Von Florian Eder

mit Gabriel Rinaldi, Tim Frehler und Valerie Höhne

Guten Morgen. Die Ankündigungen von Volkswagen, drei Werke zu schließen, stellen die SPD vor die nächste Herausforderung in den kommenden Wahlkampfwochen und -monaten: als wiederentdeckte Arbeiterpartei glaubwürdig zu sein und dennoch der Tatsache ins Auge zu sehen, dass sie in allen strategischen Fragen nicht nur informiert war, sondern über Stephan Weil überall entscheidend mitgeredet hat.


Das Land Niedersachsen hält eine Sperrminorität, der Ministerpräsident, seit 2013 im Amt, ist Mitglied des Aufsichtsrats und seines mächtigen Präsidiums. Bemerkenswert: Weil wiederholte nicht Forderungen von Parteifreunden, der Konzern müsse auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten, er rief bloß dazu auf, „Alternativen“ zur Schließung der Standorte zu entwickeln und sieht dabei dem Vernehmen nach auch den Betriebsrat gefordert, nicht nur das Management.

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Für die beiden Parteien am linken und rechten Rand, die gern die neuen Arbeiterparteien wären, kommt das Drama dieser Woche hingegen wie bestellt: Sie tragen keinen Ballast der Verantwortung. Und gegen den vermeintlichen Irrweg, auf den sich Volkswagen mit der Konzentration auf E-Mobilität begeben haben soll, kann man gleich noch Kulturkampf betreiben.


Willkommen am Platz der Republik.

Was wichtig wird

1.

Frisch vom neuen Generalsekretär als wertvolles Parteimitglied rehabilitiert, trat der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder gestern, sturmfest wie stets, zusammen mit einem anderen Putin-Freund auf. Gemeinsam mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán folgte er einer Einladung der rechten Schweizer Weltwoche nach Wien; also nicht ohne gleich noch eine unbeteiligte Regierung vor Fragen von Comment und Umgangsformen zu stellen.


Zeitenwende, von wegen: Bemerkenswert an der Brandenburger „Friedens“-Formel war nicht nur, wie wenig Dietmar Woidke die russische Bedrohung (oder auch nur die Glaubwürdigkeit des Bundeskanzlers) schert – da Brandenburg vorgeblich nur für die Demokratie gerettet werden kann, indem Woidke Sicherheitsinteressen des ganzen Landes den seinen unterordnet. Bemerkenswert auch, wie dankbar der „Friedens“-Flügel der SPD solch ideologische Geschmeidigkeit aufnahm; siehe Schröder.


Zoomen wir heraus: Die Woche in der Bundespolitik war eine gute Woche für Wladimir Putin, dessen Propaganda vom angeblich durch den Westen bedrängten Russland wieder ein Stück weiter in den Mainstream gerutscht ist. „Friedenspolitik“ wird von einigen Medien längst ohne Anführungszeichen geschrieben, wenn von BSW-Forderungen die Rede ist.


Verbatim: Der Historiker Karl Adam hat seinen Austritt aus der SPD erklärt. Parteichef Lars Klingbeil habe 2022 eine außenpolitische Wende einleiten wollen. „Doch all das ist längst versandet. Das Thema ist durch“, schrieb er zum Abschied. Der „Friedens“-Europa-Wahlkampf und andere Entwicklungen zeigten deutlich, „wohin die Reise auch künftig (wieder) geht: ins Gestern, ins Ungefähre, ins Halbgare, Halbseidene – dorthin, wo du von BSW und AfD gelobt wirst“. Mehr dazu in der SZ von Georg Ismar.

2.

Lob für Brandenburg, frohe Wünsche für Sachsen – und Tadel für Thüringen, so lässt sich der Beschluss zusammenfassen, den der BSW-Parteivorstand am Mittwochabend getroffen hat. Sinngemäß heißt es in dem Papier: Entweder Katja Wolf und Steffen Schütz gelingt es, in den Koalitionsverhandlungen nachzubessern – oder sie sollten den Gang in die Opposition antreten. Der Beschluss sei einstimmig getroffen worden, sagte Amid Rabieh, der stellvertretende Parteivorsitzende, SZ Dossier.


Was auffällt: Die Kritik aus dem Wagenknecht-Lager am Thüringer Verhandlungsergebnis konzentrierte sich bislang auf die Formulierungen zum Thema Krieg und Frieden in der Präambel. In dem Beschluss nennt der Parteivorstand nun weitere Bereiche, in denen das Sondierungspapier hinter den Erwartungen der Parteispitze zurückbleibt, etwa der soziale Wohnungsbau, die Kontrolle des Verfassungsschutzes, der Erhalt von Klinikstandorten und die Corona-Aufarbeitung, insbesondere ein Corona-Amnestiegesetz. Wagenknecht definiert also munter weitere Bedingungen, an denen sich die Thüringer messen lassen müssen.


Papier ist geduldig: Was hat die Parteispitze in der Hand, um den Beschluss durchzusetzen? Die Parteisatzung stattet den Vorstand an dieser Stelle mit besonderer Machtfülle aus. Bei „schwerwiegenden Verstößen gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei“ kann er einzelne Gliederungen, etwa einen Landesverband, auflösen oder ausschließen. Als schwerwiegend gilt zum Beispiel, wenn Gliederungen „Beschlüsse übergeordneter Parteiorgane trotz wiederholter Aufforderung nicht durchführen oder in wesentlichen Fragen gegen die politische Zielsetzung der Partei handeln“. Den Beschluss des übergeordneten Parteiorgans gibt es nun. Sollte der Parteivorstand allerdings am Ende zu diesem Mittel greifen, müsste ein Parteitag die Ordnungsmaßnahme noch bestätigen.


Es wäre der drastischste Schritt, allein das macht ihn unwahrscheinlich, ganz zu schweigen von der Außenwirkung. Und dem Wagenknecht-Lager bliebe auch ein anderer Weg: Vorgesehen ist, dass ein Landesparteitag in Thüringen am Ende einem Koalitionsvertrag zustimmt. Stimmberechtigt wären dort alle Mitglieder, wie ein Sprecher bestätigt. Möglich wäre es also, innerhalb des überschaubaren Verbandes Mitglieder anzusteuern und sie davon zu überzeugen, den Vertrag abzulehnen – wenn er nicht die entsprechenden Kriterien erfüllt. Laut einem Bericht des Stern soll Generalsekretär Christian Leye die Parteibasis bearbeiten und Dienstag und Mittwoch deswegen in Erfurt gewesen sein.

3.

Die Delegitimierung der anstehenden Wahlen – als von der Gegenseite manipuliert und gefälscht – und die Verleumdung von Medien als staatshörige Lügenschleudern kennzeichnen den Wahlkampf der wildesten unter den Fans von Donald Trump. Übrigens auch die russische Einflussnahme auf die jüngsten Wahlen in Georgien und Moldau. So geht Propaganda: Es geht gar nicht darum, dass Leute die kruden Geschichten glauben, sondern darum, Zweifel an allem zu säen.


Systemfrage: „Das macht politische Auseinandersetzung sehr schwierig, weil es eben nicht nur die Glaubwürdigkeit einzelner untergräbt, sondern die eines ganzen Systems infrage stellt“, sagte die CDU-Europaabgeordnete Lena Düpont SZ Dossier. Düpont, die Arbeit und Positionen der EVP im Justiz- und Innenausschuss koordiniert, wird Desinformation, hybride Attacken und ausländische Einflussnahme bei der Anhörung des designierten zuständigen EU-Kommissars Michael McGrath kommende Woche zum Thema machen. Wie geht sie das an?


Auch bei uns: „Wir müssen uns in Europa klar werden, wie tief Desinformation und Einmischung aus dem Ausland bei uns schon wirken. Uns muss klar sein, dass wir sehr gut auf den demokratischen Diskurs innerhalb Europas aufpassen müssen“, sagte Düpont. „Das heißt nicht, jede Kritik aus dem Diskurs herauszuhalten. Aber es ist Aufgabe von Politikern, sich möglichst viele Seiten anzuhören und dann zu entscheiden, das sind Krokodilstränen und das sind echte Anliegen.“


Paradox: „Meinungsfreiheit“, rufen oft gerade diejenigen im demokratischen Spektrum, die außer sich darüber sein sollten, dass Putin zurück in den Mainstream darf, wie etliche hart liberale und konservative Stimmen. Desinformation über Moderationsregeln und Plattformregulierung überhaupt zu begrenzen, ist beim lauten Gefolge Elon Musks in Verruf gekommen. Was tun? „Gefährlich wird es dann, wenn das Meinungsfreiheits-Argument genutzt wird, um andere Meinungsräume einzuschränken“, sagte Düpont.


Debattenreife: „Es ist Aufgabe nicht nur von Politik und Regulierung, das zu verhindern, sondern auch der Gesellschaft. Mit Freiheitsrechten gehen Pflichten einher“, sagte Düpont. Als Teilnehmer gesellschaftlicher und politischer Debatten „habe ich die Aufgabe Plausibilität, Herkunft, Kontext der Dinge zu prüfen, die ich da sehe und lese“. So viel müsse der Einzelne schon zu leisten bereit sein, sagte sie: „Die gesellschaftliche Dimension von Desinformation und hybriden Attacken wird immer deutlicher. Medienkompetenz und bewusstes Wahrnehmen von Kampagnen sind wesentliche Faktoren in ihrer Abwehr.“


Zum Erwartungsmanagement: Düpont rät davon ab, allein auf neue Regulierung unter dem Schlagwort „Democracy Shield“ zu hoffen, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt hat. „Wir bewegen uns immer zwischen den Kompetenzen der EU und jenen der Mitgliedsstaaten, das macht die Sache schwierig und bedeutet auch, dass das Democracy Shield keine One-fits-all-Lösung sein kann.“

4.

Die Bundesregierung wird alle drei iranischen Generalkonsulate – in Frankfurt, Hamburg und München – schließen, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in New York City. Mit der Schließung reagiert die Bundesregierung auf die Hinrichtung des Deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd. Insgesamt werden nach Angaben des Auswärtigen Amtes 32 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Aufenthaltstitel verlieren. Die iranische Botschaft in Berlin bleibt offen.


Bilaterale Beziehungen auf Tiefpunkt: Die Bundesregierung strebt zudem Sanktionen gegen Personen an, die an der Hinrichtung Sharmahds beteiligt waren. Innerhalb der EU setzt sich die Ampelkoalition für die Listung der Revolutionsgarden als Terrororganisation ein. Darauf „dränge“ sie, sagte Baerbock. Hoffnungen, die bilateralen Beziehungen könnten sich unter dem neuen Präsidenten Massud Peseschkian entspannen, waren vergebens und sind perdu. Baerbock sprach von der „Ermordung“ Sharmahds, die unterstreiche, „dass das Unrechtsregime auch mit dem jüngsten Wechsel an der Spitze weiter in voller Brutalität agiert“.


Berlin versucht sich in Klarheit: Die Schließung der Generalkonsulate gilt in Diplomatenkreisen als Signal der Härte. Die Bundesregierung wurde in den vergangenen Jahren mehrfach sowohl von der Opposition als auch von der iranischen Community in Deutschland für ihre lasche Haltung gegenüber Iran kritisiert. Insbesondere als nach dem mutmaßlichen Mord an der Studentin Jina Mahsa Amini Massenproteste gegen das Regime ausbrachen, hätten sich viele Gegner der Mullahs eine deutlichere Reaktion gewünscht. Weitere Deutsche befinden sich in iranischer Haft, wie viele, ist aber nicht bekannt. Die deutsche Botschaft in Teheran soll offen bleiben.

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Tiefgang

„Ich habe im Freundeskreis auch einen Arzt, der gesagt hat: ,Du musst sofort bremsen, du hast doch schon Anzeichen eines Burn-outs‘“, sagte der FDP-Abgeordnete Muhanad Al-Halak im Gespräch mit SZ Dossier. Er spricht offen über Druck und Misstrauen im Bundestag, berichtet von Schlafproblemen und über die Einsamkeit der Abgeordneten. Ein jeder kämpfe für sich allein: „Ich habe bis heute keinen Abgeordneten getroffen, der ein reines Herz hat.“


Direkt nach der Bundestagswahl stand der 35-Jährige im Mittelpunkt: Ein Geflüchteter aus dem Irak mit Hauptschulabschluss wird MdB – so lauteten damals viele Schlagzeilen. An die Stelle der Freude über den Bundestagseinzug sei schnell Vorsicht getreten: „Da kommt keiner auf dich zu und fragt, ob er helfen kann“, sagte Al-Halak. „Man wird immer angeschaut und sucht direkt Fehler.“


Die psychischen Herausforderungen der politischen Tätigkeit können krank machen. Der Druck ist hoch: Man eilt von Termin zu Termin, steht ständig unter Beobachtung. Fehler können Karrieren beenden. Wenn es nicht mehr ging, haben sich Abgeordnete auch schon Hilfe geholt. Michael Roth (SPD), Bruno Hönel (Grüne) und Nyke Slawik (Grüne) machten in dieser Legislaturperiode eine Auszeit, wurden krankgeschrieben.


Der gelernte Abwassermeister Al-Halak ist in der Fraktion eine bekannte Figur. Auch für ihn sei der Druck mit der Zeit gestiegen. „Mein großes Problem ist einfach die Psyche“, sagte er. Er habe bis heute schlaflose Nächte. „In der Politik ist es so, dass ich jeden Tag mehrere Probleme auf einmal habe, die gefühlt unlösbar sind. Und dann liege ich im Bett und denke darüber nach, springe von Thema zu Thema und kann nicht schlafen.“ Das mache ihn fertig. „Ich habe das damals nicht erwartet, dass ich mit solchen Problemen konfrontiert werde.“


Dazu kommt die Geschwindigkeit des politischen Betriebs. Ricarda Lang (Grüne) war es, die im Interview mit der Zeit sagte, in der Hektik des Alltags habe man keine Zeit mehr, sich Gedanken zu machen. Al-Halak geht es ähnlich: „Ich habe immer irgendwas im Kopf und der Satz, den ich ausspreche, ist dann manchmal komplett anders, weil man nicht mehr klar nachdenken kann.“


Der Abgeordnete aus dem niederbayerischen Grafenau weiß noch nicht, wie er mit der Situation umgehen soll. Er wolle die Zeit im Parlament nutzen, sich für Themen einzusetzen, die ihn bewegen: „Da kann man nicht einfach sagen: Hey, ich ziehe mich jetzt zurück oder bremse jetzt mal.“ Sich Hilfe bei anderen Abgeordneten zu holen, ist für Al-Halak keine Option: „Ich kann das nicht, ganz ehrlich, weil es nicht jeder gut mit dir meint in Berlin. Das führt dazu, dass man eingesperrt ist.“


Er habe keine Vertrauensperson. „In der Fraktion oder Partei würden sie natürlich sofort darauf reagieren, wenn ich sage, dass es mir nicht gut geht“, sagte er. Aber er habe eine Art Hemmung, das Gefühl, sich in einer solchen Situation „auszuliefern“. „Ein Fehler und ich bin weg vom Fenster.“ Al-Halak habe Angst, dass irgendwas genutzt werde, obwohl er es nicht so meine. Natürlich gebe es Abgeordnete, die er persönlich sehr schätze, die ihm auch gewogen seien. Aber es sei nicht so, dass er ihnen alles anvertrauen würde. „Deswegen habe ich mich nie gegenüber anderen Abgeordneten geöffnet.“


„Ich habe seit drei Jahren keinen Tag Urlaub gehabt“, sagte Al-Halak. Auch seine Mitarbeitenden sehen die Belastung: „Über die Sommerpause hat mein Büro mir eine Woche Urlaub reingetan und alle Termine abgesagt“, sagte er. Im Wahlkreis habe dann aber trotzdem das Handy geklingelt, Menschen hätten gefragt, wo er bleibe. „Da habe ich dann so ein schlechtes Gewissen gehabt, dass ich doch noch hingefahren bin“, sagte er. Es sei immer etwas von früh bis abends geplant. Vor allem in Berlin „hat man es gar nicht in der Hand, da geht es wirklich von Termin zu Termin“. Sein Kalender, sagte Al-Halak, kontrolliere sein Leben. „Ich hatte noch keinen Tag, wo ich nur sechs oder acht Stunden gearbeitet habe.“


Ihm sei bewusst, dass es auch mit seiner Persönlichkeit zu tun habe. „Ich komme mit elf Jahren hierher und werde herzlich aufgenommen und das will ich durch meine politische Arbeit wiedergutmachen“, sagte er. Es gebe auch andere Abgeordnete, die „komplett damit anders umgehen und eiskalt sind“. Sicher würde es besser werden, wenn er das Ganze ebenfalls „als eine Nummer“ sehe. „Das bin aber nicht ich.“


„Nach den vier Jahren kann ich auf jeden Fall sagen, dass ich mein Bestes gegeben habe und ich hoffe, ich falle halt nicht um“, sagte Al-Halak. Es habe auch Tage gegeben, an denen er gedacht habe, alles hinzuschmeißen. Aber dann habe er an diejenigen gedacht, die ihm Vertrauen geschenkt haben. Er wolle keinen enttäuschen. „Was nächstes Jahr auf mich zukommt, ist mir gerade echt egal. Ich habe Rückkehrrecht, kann jederzeit wieder in den Beruf zurückkehren.“ Gabriel Rinaldi

Fast übersehen

5.

Risikoabbau, wir? Von De-Risking in Sachen China, wie es sich der Bundeswirtschaftsminister wünscht, ist in der Praxis nur wenig zu sehen. Die Investitionen europäischer Unternehmen in neue Anlagen und Fabriken sind im zweiten Quartal 2024 auf ein neues Rekordhoch von 3,6 Milliarden Euro gestiegen. Ganz vorne mit dabei: die Deutschen, und dabei vor allem die Autobauer. Das ist das Ergebnis von Berechnungen der Rhodium Group.


Unbeirrtes Festhalten an China. Der geopolitische Gegenwind bringe die deutschen Autobauer nicht dazu, ihr Engagement zu überdenken, heißt es in der Studie. Das stehe im Kontrast zu japanischen, US-amerikanischen und anderen europäischen Autoherstellern, die ihre China-Abhängigkeit eher abbauen. Die Forscher sehen eine „Diversifizierungs-Müdigkeit“: Deutsche Manager haben andere Märkte abgeklopft, aber keine echten Alternativen zu China gefunden.


Mehr zur Suche der deutschen Wirtschaft nach dem rechten Umgang mit China bald in unserem neuen Dossier Geoökonomie – registrieren Sie sich hier für vier Wochen Probelesen ab dem Start.

6.

Cyber-Showdown am Montag: Die Bundesregierung hat mehrere Jahre lang versucht, die europäische Cybersicherheitsverordnung NIS-2 in ein deutsches Gesetz zu übersetzen. Unternehmen sollen Anforderungen umsetzen, damit das allgemeine Cybersicherheitsniveau steigt. Doch die Fronten sind verhärtet. Zwischen Geheimdiensten und der Cybersicherheitsszene, zwischen Innenministerium und Bundestagsabgeordneten. Am Montag kommt es im Innenausschuss zum Showdown.


Ein großes Thema ist der Haushalt. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) soll unter anderem tausende Unternehmen mehr beraten als bisher. Doch statt einer Erhöhung werden ihre Haushaltsmittel für 2025 gekürzt. Ein weiterer Zankapfel ist der Ausschluss bestimmter staatlicher Institutionen. BSI-Präsidentin Claudia Plattner kritisiert das in ihrer Stellungnahme: Um effektiv ein hohes Cybersicherheitsniveau für den Bund gewährleisten zu können, müsse auch die Bundesverwaltung zur Einhaltung angemessener IT-Sicherheitsvorgaben verpflichtet werden. Mehr von Selina Bettendorf im heutigen Dossier Digitalwende (für Abonnenten).

Für Sie gelesen

Los geht es mit der „Zeitenwende“ von Bundeskanzler Olaf Scholz, jener Rede, die er am Sonntag nach der russischen Invasion der Ukraine gehalten hat. „Was der deutsche Kanzler nun sagt, ein Mann, der sich sonst oft in Floskeln verliert und der kein großer Redner ist, wischt in fünf Minuten Redezeit Gewissheiten aus dreißig Jahren Bundespolitik hinfort“, schreibt Christian Schweppe und setzt den Ton für sein Buch „Zeiten ohne Wende“ (C. H. Beck).


Der Journalist zeichnet nach, was danach geschehen ist. Es sind Erkenntnisse dabei, die auch politische Brisanz mit sich führen: „Womöglich wurde die gesamte Zeitenwendepolitik der Frühphase unter die zentrale Annahme gestellt, dass der Krieg nicht lange dauern würde und es danach keinen Bedarf mehr für Aufrüstung gäbe“, schreibt Schweppe und zitiert „jemanden“ aus dem Verteidigungsministerium.


Wie der Titel der Langzeitreportage vermuten lässt, ist die Bundeswehr nicht in einer neuen Welt aufgewacht. Der Autor beschreibt Eindrücke aus Bundestagsbüros und Bundeswehrstützpunkten. Sein ernüchterndes Fazit: „Es spricht mehr für ein sicherheitspolitisches Scheitern als dagegen.“ Beispiele finden sich auf den mehr als 300 Seiten zuhauf: Militärmaterial zur Landesverteidigung sei zu spät bestellt worden, es gebe nach wie vor keine Initiative für Ersatzteile, und ohnehin nicht genug Geld im Verteidigungshaushalt.

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Unter eins

Die spinnen, die Römer.

Der FDP-Abgeordnete Daniel Föst kommentiert auf X, dass das Kanzleramt die Anschaffung von 4000-Euro-Stühlen plant.

Deutschland in Daten

So schätzen die Deutschen die Migrationsmaßnahmen ein
in Kooperation mitYouGov

Zu guter Letzt

Der langen Geschichte der Versuche regierungsamtlicher Geheimhaltung von Vorgängen, die einem gerade auf die Füße fallen, hat das Auswärtige Amt eine neue Volte hinzugefügt: Unter anderem Bild will gerade von ihm wissen, wer alles an einem Dinner mit Baerbock im September zu Gast war. Wer, außer einigen antiisraelischen Aktivisten, die ihre Teilnahme öffentlich machten.


Eine Bekanntgabe „kann nachteilige Auswirkungen auf das Erreichen der außenpolitischen Ziele der Bundesregierung haben“, zitiert Bild das Amt. Zu den möglichen Gefahren zähle auch ein „Reputationsverlust der Bundesrepublik Deutschland im Ausland“. Das wäre nicht einmal übertrieben, hätte ein deutsches Bundesministerium zum Beispiel einen bekannten Antisemiten zum Abendessen auf Staatskosten eingeladen.


Danke! Dem Team in Berlin, den Kolleginnen in Australien.

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Florian Eder

Leiter SZ Dossier