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Nutzungsrechte erwerbenDie USA haben gewählt
Mittwoch, 6. November 2024Von Valerie Höhne
Guten Morgen. Es wird wohl ein Tag der Unsicherheit. Die USA haben gewählt, wer gewonnen hat, wissen wir noch nicht. „We did it, we did it Joe“, sagte Kamala Harris in einem ikonischen Video ganze vier Tage nach der Wahl im Jahr 2020. Das zum zeitlichen Horizont.
Die Nachwahlbefragungen zeigten eine klare Tendenz: Demokratie, wirtschaftliche Lage, Einwanderung und das Abtreibungsrecht waren die bestimmenden Themen für Wählerinnen und Wähler. Nahost, die Verteidigung auch amerikanischer Sicherheitsinteressen in Europa, das Bestehen der Ukraine und Europas Verteidigung waren es nicht. Lesen Sie hier die neuesten Nachrichten in der SZ-Liveanalyse.
Eine weitere Erinnerung an die Verhältnisse: Die Bundesregierung, diese und die nächste, wann immer es so weit ist, müssen mit der Weltlage zurechtkommen. Nicht die Weltlage passt sich einem Koalitionsvertrag an oder dem Gestaltungswillen (und den Befindlichkeiten) der Parteien, die ihn ausgehandelt haben. Eine „Zeitenwende“ bloß auszurufen, wird so oder so nicht mehr genügen.
Willkommen am Platz der Republik.
Was wichtig wird
Bei Redaktionsschluss um 6 Uhr wurden in den Swing States Wisconsin, Michigan, Pennsylvania, Georgia, Arizona und Nevada noch Stimmen ausgezählt. In Iowa hat Donald Trump gewonnen, dort hatte eine Umfrage zuletzt Kamala Harris in Führung gesehen. Auch in North Carolina hat Trump laut CNN gewonnen. Besonders wichtig ist die sogenannte „Blue Wall“, die Staaten Michigan, Pennsylvania und Wisconsin. Harris müsste sie gewinnen, um Präsidentin zu werden. Sie muss dort auf eine hohe Wahlbeteiligung in den urbanen Zentren hoffen. Die Prognose-Nadel der New York Times sieht Trump vorn.
Warum man auf Orte wie Allentown achtet: In Allentown, Pennsylvania, leben viele Wählerinnen und Wähler mit einem puerto-ricanischen Hintergrund. Bei einer Trump-Veranstaltung in New York City hatte Komiker Tony Hinchcliffe die Insel als „schwimmende Müllinsel“ bezeichnet – Demokraten investierten daraufhin in digitale Plakatwände in Allentown, die das Zitat zeigten. Hat das was gebracht? Ein Hinweis: In Pennsylvania sollen laut Nachwahlbefragungen zwar 58 Prozent der Latinos Harris gewählt haben, 2020 aber hatten deutlich mehr Latinos ihre Stimme US-Präsident Joe Biden gegeben. Ähnliche Tendenzen sieht man bei Frauen mit höherem Bildungsabschluss.
Auf junge Wähler wird geschaut: Obwohl Außenpolitik für viele Wählerinnen und Wähler laut Nachwahlbefragungen nicht wahlentscheidend war, hatte das Harris-Lager Sorge, dass junge Wähler wegen der Israelpolitik der Demokraten nicht wählen gehen würden. Ein anderes mögliches Hindernis: Jim Acosta, Moderator bei CNN, erzählte, in Nevada sei ein Problem, dass junge Wählerinnen und Wähler nicht wüssten, wie man unterschreibt – deswegen passe ihre Unterschrift auf dem Wahlzettel nicht zur hinterlegten Unterschrift. Die Wahlhelfer versuchten nun, diese Menschen zu erreichen.
Besser als an der Haustür zu klingeln: Die Trump-Kampagne mobilisierte bis zum letzten Tag, vor allem Online. Die rote Seite postete hunderttausendfach auf X, wobei einzelne Accounts direkt angesprochen wurden. Ab der Öffnung der Wahllokale in den besonders engen und wichtigen Staaten Pennsylvania, Georgia, Michigan, Wisconsin und Arizona stieg die Zahl der Posts sprunghaft an, beobachtete die Münchner Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl mit ihrem Team: „Das ist Microtargeting“, sagte sie. Bei Harris beobachtete sie das nicht, dort setzte das Team eben mehr auf die Haustüre.
Lange Schlangen vor den Wahllokalen: Um zu wählen, haben Menschen stundenlang vor Wahllokalen gewartet. In Bethlehem, Pennsylvania, zum Beispiel bis zu sechs Stunden. Wer in der Schlange stand, als das Wahllokal schloss, durfte noch wählen. Es herrschte Festivalatmosphäre, schrieb mein SZ-Kollege Fabian Fellmann von vor Ort. Freiwillige verteilten Pizza, Pierogi, Empanadas und Wasser.
Es erinnerte etwas an die Musikkapelle auf der Titanic. Die Jazzband spielte Klassiker, während direkt hinter den Musikern auf dem großen Bildschirm der CNN-Stream lief und die Prognosen eintrudelten. Die baden-württembergische Landesvertretung war zur Election Night des Aspen Institute mit vielen Fähnchen und allerlei USA-Gadgets geschmückt. Einer, der öfter mit den Vereinigten Staaten zu tun hat, ist Michael Link (FDP). Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung betonte, es gehe um so viel mehr als das Weiße Haus.
Wahlergebnis respektieren: „Es ist absolut wichtig, dass wir dieses Verhältnis zu unserem mit Abstand wichtigsten Verbündeten, den wir, Europäer und Deutsche (…) haben, aufrechterhalten“, sagte Link während einer Keynote gestern Abend. Vor allem gehe es darum, das Wahlergebnis als Deutsche zu respektieren. „Es gibt keinen schlechten Wahlausgang, solange wir einen respektvollen Gewinner und einen verständnisvollen Verlierer haben“, sagte Link.
Die Welt warte nicht mehr auf Europa. „Wir Europäer, insbesondere auch wir Deutschen, haben eine Menge Hausaufgaben zu machen“, sagte Link. Am Ende des Tages brauche man sich aber gegenseitig. Angesichts der geopolitischen Lage sei die transatlantische Zusammenarbeit wichtiger als je zuvor. „Wir sollten uns das Leben nicht gegenseitig erschweren“, sagte Link etwa zum Handel. Es gebe zwar nicht viel Appetit auf eine Einigung, man benötige aber zumindest sektorale Abkommen.
Mehr Austausch: Ein laut Link unterschätztes Thema sei die Landesebene und die kommunale Ebene, der Austausch zwischen den Menschen also. Man müsse den Austausch von Jugendlichen und Städtepartnerschaften stärken und dabei auf Regionen achten, die sonst nicht im Mittelpunkt solcher Programme stehen. Die Blase in der Landesvertretung fand das: richtig.
Heute Morgen um acht treffen sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) zum ersten Mal, nachmittags kommt die Runde ein weiteres Mal zusammen, jeweils mit ihren Sherpas Wolfgang Schmidt, Anja Hajduk und Steffen Saebisch. Kann die Regierung noch zusammenbleiben? Will Lindner noch? Erwartet wird, dass Scholz, Habeck und Lindner dem Koalitionsausschuss am Abend einen gemeinsamen Vorschlag präsentieren. Gelingt das nicht, wäre das wohl das Ende der Koalition.
Liberale Sphinx: Keinen Hinweis auf die Gemütslage des Chefs gab gestern Mittag FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Der Frage, ob die Koalition halte, wich er konsequent aus. Interessant: Dürr sagte, beim Haushalt könne die Koalition einig werden. Er gehe davon aus, dass die Lücke sich im „einstelligen Milliardenbereich“ befinde, das sei „grundsätzlich stemmbar“. Er wolle aber „direkt hinzufügen, dass der Haushalt das eine ist, das andere aber ist die wirtschaftliche Lage des Landes“. Dass Grüne und SPD die Misere lieber aussitzen, ist derweil klar. „Wenn man will, kann man sich einigen“, sagte Scholz.
Die Szenarien: In allen Parteien wird über die Möglichkeiten spekuliert. Denkbar wäre zum Beispiel eine rot-grüne Minderheitsregierung, die sich wechselnde Mehrheiten suchen müsste. Käme es heute zum Bruch, wäre der Haushalt 2025 nicht beschlossen, das würde die Regierungsarbeit enorm erschweren. Würde die FDP den Haushalt noch mittragen, würde es wohl beim regulären Wahltermin am 28. September 2025 bleiben. Mehr dazu lesen Sie hier in der SZ von Georg Ismar.
Will Scholz die Schuldenbremse lockern? Ein weiteres Gerücht: Scholz könnte einen sogenannten Überschreitungsbeschluss fordern, weil die Bedingungen sich grundlegend geändert hätten. Unter dieser Voraussetzung hatte Lindner im vergangenen Jahr zugestimmt, die Schuldenbremsenregel möglicherweise nochmal auszusetzen. Ob der Finanzminister die wirtschaftliche Lage aber als derart außergewöhnlich sieht, derart, dass sie eine Notlage rechtfertigen würde? Kreise der FDP-Fraktion erinnern an europäische Fiskalregeln – im besten Falle ein seltener Moment des Bewusstseins: Womöglich ist Berlin gar nicht der Nabel der Welt, für den es sich hält?
Die Union würde im Fall einer Minderheitsregierung punktuell überlegen, ob und welche Regierungsvorschläge sie unterstützt, sagte ihr Erster Parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei. CDU-Chef Friedrich Merz betonte, die Union habe vernünftigen Vorschlägen der Ampel immer zugestimmt. „Wir haben mehr Gesetzen zugestimmt, als wir abgelehnt haben“, sagte Merz. Sicher ist aber: Eine Minderheitsregierung pauschal mittragen oder gar in die Regierung eintreten will die Union nicht.
Entscheidung im Einzelfall: Wie Frei sagte, habe Deutschland derzeit keine handlungsfähige Regierung. Deshalb seien vorgezogene Neuwahlen der beste Weg. Trotzdem könnte Scholz theoretisch in einer Minderheitsregierung weitermachen, wie sie etwa SPD-Chefin Saskia Esken am Montag andeutete. „Sie können relativ lange ohne ein verabschiedetes, beschlossenes Haushaltsgesetz arbeiten“, sagte Frei. Die Union entscheide bei Projekten einer Regierung immer im Einzelfall, ob sie zustimme. „Wir sind eine staatstragende Partei, wir sind eine bürgerliche Opposition, wir werden am Ende immer das machen, was unserem Land am meisten nützt.“
Eigene Mehrheiten – auch mit der AfD? Das Ganze hätte nur einen Haken. „Der Kanzler muss damit rechnen, dass dann Gesetze im Bundestag verabschiedet werden, die er so nicht will“, sagte Frei. Die Union würde sich dann halt eigene Mehrheiten für ihre Vorhaben suchen, etwa mit der FDP. „Eine Minderheitsregierung hat keine Unterstützung“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Und was, wenn dann die AfD zustimmt? Nur durch die Möglichkeit, dass die AfD Gesetzentwürfen der Union zustimmen werde, lasse man sich „nicht selbst so binden, dass wir aufhören werden, Gesetzentwürfe in den Bundestag einzubringen“, sagte Frei.
Bedenkzeit für die SPD: Dobrindt sagte, der Kanzler und die SPD müssten im Fall einer Minderheitsregierung nach einer kurzen Bedenkzeit erklären, wie sie sich dazu verhalten, dass gesetzgeberische Tätigkeiten „aus der Mitte des Parlaments“ entstünden. Die Union will den Kanzler damit vor allem unter Druck setzen. „Ein Bundeskanzler, der sich gegen Neuwahlen stellt, stellt sich ins Unrecht“, sagte Dobrindt. Scholz könne nicht mit einer Minderheitsregierung im Amt bleiben. „Das ist theoretisch denkbar. Praktisch halte ich das für die Bundesrepublik Deutschland für unvorstellbar.“
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Tiefgang
Die Krise der Autobranche verdeckt gerade ein zweites, nicht minder bedeutsames Drama der deutschen Industrie: Auch ihre zweitwichtigste Säule wankt, der Maschinenbau. Und zwar ebenfalls wegen China.
Der deutsche Maschinenbau hat im laufenden Jahr sehr viel weniger Aufträge erhalten als erwartet. Im September gingen die Bestellungen um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zurück. Die um Preisänderungen bereinigte Produktion werde auf das ganze Jahr gerechnet um rund acht Prozent unter dem Vorjahreswert liegen, schätzt der Branchenverband VDMA. Einen stärkeren Einbruch gab es zuletzt nur 2020, im Jahr des Corona-Ausbruchs. Auch 2022 und 2023 waren keine guten Jahre für die Branche. Für 2025 wird ein Produktionsrückgang von weiteren zwei Prozent erwartet.
Es handelt sich also nicht um eine konjunkturelle Delle, sondern um eine tiefgehende strukturelle Krise. Das sieht eine große Mehrheit der Branche so. Im Sommer ergab eine Umfrage des Branchenverbands, dass 61 Prozent der VDMA-Unternehmen sich auch in fünf Jahren in einer nur noch durchschnittlichen oder gar schlechteren Wettbewerbssituation sehen. Als einen ganz wesentlichen Faktor nennen sie: China.
Die chinesische Konkurrenz stößt auf den Weltmarkt vor. Das „Going Global“ der Chinesen führt zu einem Verdrängungswettbewerb auf Kosten der etablierten Anbieter aus Deutschland, Italien, Japan und den USA. Bis 2020 waren die Deutschen Weltmarktführer. Diesen Rang haben seither die Chinesen übernommen. „Die chinesische Maschinenbauindustrie hat sich in Qualität und Technologie rasant weiterentwickelt“, sagt Ulrich Ackermann, Leiter der Abteilung Außenwirtschaft im VDMA. „Und das zu wesentlich günstigeren Preisen.“ Damit eroberten die chinesischen Unternehmen nun den Weltmarkt.
Die Gründe für Chinas hohe Wettbewerbsfähigkeit:
1. Der chinesische Staat subventioniert die heimische Maschinenbauindustrie über direkte finanzielle Zuwendungen zum Aufbau neuer Fabriken. Sie erhalten aber auch indirekte Förderung etwa in Form günstiger Strompreise, leichtem Zugang zu Kapital und zu Landnutzung.
2. Die chinesische Führung betreibt massive Außenwirtschaftsförderung, ebenfalls häufig in Form sehr günstiger Kredite. Sie verschaffen den chinesischen Unternehmen gegenüber den deutschen Konkurrenten erhebliche Vorteile auf Drittmärkten.
3. Eine schwächelnde Binnennachfrage in der Volksrepublik selbst ist ein zusätzlicher Treiber für die neue Welle der Internationalisierung chinesischer Maschinenbauunternehmen. Um ihre Produkte loszuwerden, drängen sie ins Ausland.
Diese Kombination aus niedrigen Preisen, einer auf Marktanteile ausgerichteten Strategie, verbesserter Qualität und schnellen Lieferzeiten mache die chinesischen Maschinenbauer „zu unangenehmen Konkurrenten“, schreibt der VDMA in seiner Studie.
Einen „zweiten China-Schock“ nennt das der Ökonom Sander Tordoir vom Centre for European Reform. Der erste fand zu Beginn der Nullerjahre statt, kurz nach Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation, und traf damals vor allem die USA. Die amerikanische Schwerindustrie brach aufgrund des vielen billigen Stahls aus der Volksrepublik zusammen – mit Folgen, die bis heute im sogenannten Rust Belt zu spüren sind. Etwa eine Million Arbeitsplätze in der Industrie und eine weitere Million in den angrenzenden Branchen gingen verloren.
Der neue Schock betrifft Deutschland stärker, denn es geht um wertigere Sektoren. Die Maschinenbauer sind ein Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Die überwiegend mittelständisch geprägte Branche beschäftigt mehr als eine Million Mitarbeiter. Für Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern ist sie essenziell. In China steckt der staatliche Bausektor in der Krise, die chinesischen Provinz- und Lokalregierungen lenken nun viel Kapital in Richtung hochwertiger Industrien um.
Der Maschinenbau laufe nun in China im „Hyperdrive“, so Tordoir. Die Umlenkung der gewaltigen chinesischen Industriekapazitäten erklärt auch viele andere aktuelle Phänomene: China überschwemmt den Weltmarkt mit günstigen Solarzellen, chemischen Vorprodukten oder Autos, die technisch mit der deutschen Konkurrenz mithalten können und zugleich sehr viel günstiger sind.
Welche Optionen bleiben den Maschinenbauern? „Wir können die Wettbewerbsverzerrungen durch den chinesischen Staat beklagen, daran ändern können wir aber nichts“, sagt Ackermann. Neben einer Stärkung der Innovationskraft plädiert er dafür, dass europäische Maschinenbauer enger kooperieren und so die gemeinsame Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Ackermann schlägt zudem vor, dass die deutschen Maschinenbauer gezielt Märkte auswählen, die es zu stärken und zu verteidigen gilt. Einige Märkte müssten allerdings auch aktiv verloren gegeben werden, um Ressourcen für die Fokusmärkte freizusetzen. Felix Lee
Mehr von diesen Themen? Wenn Sie zum Start unseres neuen Dossiers Geoökonomie dabei sein mögen, melden Sie sich am besten heute zum kostenlosen und unverbindlichen Probelesen an. In Ihrem Account können Sie den Zugriff auf Ihre Dossiers verwalten. Neben dem Platz der Republik sind dies derzeit: Digitalwende, Nachhaltigkeit und, neu, Geoökonomie.
Fast übersehen
Kritis-Dachgesetz im Kabinett: Seit vielen Monaten wurde es angekündigt und immer wieder verschoben. Heute nun soll das Kritis-Dachgesetz im Kabinett sein, berichtet Selina Bettendorf vom Dossier Digitalwende. Das Gesetz soll die Resilienz physischer Kritischer Infrastrukturen – etwa Krankenhäuser oder Kraftwerke – verbessern. Der aktuellste Entwurf sieht vor, dass es eine gemeinsame Meldestelle für Sicherheitsvorfälle des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (BBK) gibt – für physische und digitale Vorfälle.
Jura-Vorlesung im Bundestag: Justizminister Marco Buschmann (FDP) sollte vor Rechtsanwälten und weiteren Juristen eigentlich präsentieren, wie er Strafrecht und Strafprozessrecht reformieren will. Stattdessen hielt er im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus eine Vorlesung aus der Rechtsethik. „Der liberale Rechtsstaat verfolgt nicht die Idee, mit den Mitteln des Strafrechts ein ethisches oder moralisches Optimum zu erzwingen“, sagte Buschmann. „Vielmehr ist das Strafrecht ultima ratio, um objektive Rechtsgüter vor Verletzungen zu schützen“, zitierte er sich selbst aus dem Deckblatt des Gesetzentwurfs zur Modernisierung des Strafrechts.
Homo homini lupus: Die Reform ist ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, das Buschmann noch durchs Kabinett bekommen will. Vorausgesetzt, die Ampel überlebt den heutigen Tag. Veraltete Tatbestände will er streichen. „Wir sind immer schnell dabei, einen neuen Straftatbestand zu erfinden“, sagte er. Das habe etwas mit der Natur des Menschen zu tun: Menschen seien dann kooperationsbereit, wenn sich alle an die Regeln halten, und wütend, wenn einige diese Regeln verletzen. „Dann wünschen sich Menschen, dass diese anderen bestraft werden“, referierte Buschmann.
Liberale Rechtspolitik: „Wer der Meinung ist, den perfekten Menschen mithilfe des Strafrechts zu schaffen, der wird schrecklichen Schiffbruch erleiden, der wird auch eine Gesellschaft der Unfreiheit schaffen“, sagte Buschmann. Liberale Rechtspolitik interessiere deshalb, warum es schade, wenn wir Menschen stärker bestrafen als nötig. Überhaupt: Wer hemmungslos das Strafrecht ausweite, trage dazu bei, Strafverfolgungsorgane zu überlasten und den Staat zu verzetteln.
Kürzen Sie mal „Sächsische Separatisten“ ab: Es sollte wenig Zweifel mehr bestehen, dass es sich um eine rechtsextreme Vereinigung handelt. Der Generalbundesanwalt hat jedenfalls keine. Acht Männer hat die Behörde gestern festnehmen lassen. Unter ihnen sind nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR mehrere sächsische AfD-Lokalpolitiker.
Keine Prinzen: Die Gruppe sei eine „aus fünfzehn bis zwanzig Personen bestehende militante Gruppierung, deren Ideologie von rassistischen, antisemitischen und in Teilen apokalyptischen Vorstellungen geprägt ist“, so der Generalbundesanwalt. Diesmal sind es keine alten Reichsbürger-Rentner, sondern junge Neonazis.
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Unter eins
Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump begründete, warum er seine Anhänger nicht eigens zum Gewaltverzicht aufrief
Zu guter Letzt
Trumps Pläne für den Wahlabend in Mar-a-Lago sahen die Gesellschaft unter anderem seines neuen Besties Elon Musk vor. Von Anhängern eines Genie-, Ingenieur- und Reichenkults wird Unternehmer Musk auch hierzulande als fortschrittlich verehrt. Menschen, die es für verwerflich halten, Wähler mit der Aussicht auf einen Millionengewinn zur Stimmabgabe für Trump bringen zu wollen, sehen womöglich eher Fortschritt Richtung Abgrund.
Musks Geld ist das eine, er hat mindestens 120 Millionen Dollar ausgegeben, um Trump zu unterstützen. Der direkte Zugang zum einflussreichsten Account auf seiner Plattform X – seinem – während der Auszählung einer kritischen, engen Wahl, ist eine ganz andere Verlockung.
In den USA ist X nicht nur Organ hauptstädtischer Nabelschau, sondern ein Kanal, der in eine breite Öffentlichkeit bringt, was noch 2020 in sektiererischen Chatgruppen zuhause war (mehr dazu hier in der SZ). Mehr als 1300-mal hat Musk nach einer Auswertung von Bloomberg allein dieses Jahr schon Behauptungen über eine angebliche Verschwörung zum Wahlbetrug zum Schaden Trumps gepostet.
Vielen Dank! Ans Team in Berlin für die Nachtschicht und Michelle Ostwald in Australien.