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Der Weg zu Neuwahlen

Mittwoch, 13. November 2024
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Von Tim Frehler

mit Gabriel Rinaldi und Matthias Punz

Guten Morgen. Der Zeitplan steht: Vertrauensfrage im Deutschen Bundestag am 16. Dezember. Neuwahl am 23. Februar. Kurz vor Weihnachten erlebt das Land regierungstechnisch also eine Stunde Null. Mit dem neuen Jahr beginnt dann eine neue Zeit.


Passenderweise findet die nächste Etappe auf dem Weg dahin gleich heute Mittag statt. Kanzler Olaf Scholz wird eine Regierungserklärung abgeben. Darauf antworten wird nicht nur CDU-Chef Friedrich Merz, sondern auch CSU-Chef Markus Söder.

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Wir blicken heute unter anderem darauf, wie sich die Parteien auf den Winter-Wahlkampf vorbereiten und was es braucht, damit die Wahl sicher ablaufen kann.


Herzlich willkommen am Platz der Republik.

Was wichtig wird

1.

Am Ende klangen sie versöhnlich. Vor der gestrigen Fraktionssitzung sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, die Gespräche mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) seien „sehr vertrauensvoll“ gewesen. Mützenich präsentierte dann den vollständigen Zeitplan, der bereits öffentlich geworden war: Am 11. Dezember soll Scholz die Vertrauensfrage beantragen, der Rest ist bekannt. Einige Minuten später bestätigte Merz diese Verständigung.


Warum das wichtig ist: In den vergangenen Tagen hieß es, die Union werde sich nicht bewegen, bevor ein Termin für die Vertrauensfrage stehe. Der ist nun da, nachdem sich Merz und Mützenich am Morgen auch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ausgetauscht hatten. Gestern Abend dann stellten sie ihm den Plan gemeinsam mit der Grünen-Fraktionsspitze vor. Sein Fazit: Die geplante Neuwahl ist „realistisch“.


Jetzt geht es wieder um Inhalte. Die SPD würde vor Weihnachten am liebsten noch einige Projekte umgesetzt sehen. Mützenich nannte ein steigendes Kindergeld, einen Ausgleich der kalten Progression sowie gegebenenfalls auch Entscheidungen zur Zukunft des Deutschlandtickets, Entlastungen der Industrie und der Zulieferbetriebe sowie den Schutz des Bundesverfassungsgerichts gegen demokratiefeindliche Bestrebungen. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann nannte ihrerseits die Stärkung des Bundesverfassungsgerichts und das Deutschlandticket.


Oder auch nicht. „Es gibt zwei, drei Entscheidungen, die keinen Fristaufschub erlauben, wie zum Beispiel die Zurückverweisung des Nachtragshaushalts 2024 in den Haushaltsausschuss“, sagte Merz. Das könne man noch in dieser Woche beschließen. Auf den Fluren war von einer Positivliste die Rede, die Merz aber nicht teilen wollte. Für fast alle anderen Themen gelte, dass Rot-Grün mit der Union abklären könne, „was wir nach dem 16. Dezember dann gegebenenfalls gemeinsam im Deutschen Bundestag noch beschließen“.


Die Zeit rennt: Zur kalten Progression sagte Merz, man könne sie auch rückwirkend beschließen, beim Deutschlandticket müsse der „Rest der Ampel“ erstmal sagen, wie sie sich die Finanzierung vorstellen. (Gerade bei Ersterem gilt es ohnehin als wahrscheinlich, dass die FDP zustimmen könnte.) Bei bereits verhandelten Gesetzen, etwa dem Schutz des Verfassungsgerichts, werde sich die Union an die Vereinbarungen halten, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Man kläre derzeit, ob überhaupt noch alle Sitzungswochen vollständig stattfinden. Viel Zeit bleibt also nicht.


Immerhin: Die Papierindustrie darf sich freuen. Und Bundeswahlleiterin Ruth Brand sah einen Neuwahltermin im Februar als „unkritisch“ an.

2.

Ihre Partei sei bereit für den Wahlkampf, sagte die politische Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Emily Büning, gestern. Die Grünen hätten sich seit dem Sommer auf Neuwahlszenarien vorbereitet. Auf dem Parteitag am Wochenende in Wiesbaden wählt die Partei einen neuen Vorstand, der werde dann in wenigen Wochen ein Bundestagswahlprogramm vorlegen, sagte Büning. Das soll zwar wesentlich kürzer werden als bisherige Programme, einen Wahlparteitag braucht es dafür aber trotzdem. Ganz zum Schluss des Parteitags soll Robert Habeck gekürt werden. Büning wollte aber noch nicht verraten, ob als Kanzler- oder als Spitzenkandidat.


Wahlkampf ist immer: Die Grünen seien zwar „wirklich motiviert“, sagte Büning. Gleichwohl gibt es Landesverbände, wie Sachsen, Thüringen und Brandenburg, die in diesem Jahr bereits zweimal für ihre Partei Plakate geklebt und Flyer verteilt haben. Für die werde dieser Wahlkampf „sehr hart“, sagte Büning. Gerade auch Landesverbände wie Brandenburg und Thüringen, wo die Partei aus dem Landtag geflogen ist, sollen weitere finanzielle Unterstützung seitens der Bundesebene bekommen, sagte Büning. Dazu werde es einen Antrag auf dem Bundesparteitag geben.


Terminänderung: In der AfD wiederum geht man davon aus, den Parteitag noch einmal vorverlegen zu müssen. Am Montag wurde bekannt, die Partei habe dafür den 24. und 25. Januar ausgesucht. Das hätte auch gereicht, hieß es dazu gestern aus Kreisen des Bundesvorstandes. Aber nur, wenn die Wahl am 9. März stattgefunden hätte. Nun müsse der Parteitag Anfang Januar stattfinden, hieß es weiter.


Agenturen im Casting: Thematisch soll es dann vor allem um das Bundestagswahlprogramm und die Neustrukturierung des Jugendverbandes, der Jungen Alternative, gehen. Dafür werde gerade ein Konzept erarbeitet. Eine Agentur für den Wahlkampf hat die AfD allerdings noch nicht. Da sei man noch im Auswahlprozess, hieß es aus Kreisen des Bundesvorstandes. Angestrebt werde, noch im November eine Entscheidung zu fällen.


Kriegskasse leer? Die Finanzen seien eine gewisse Herausforderung, sagte Sahra Wagenknecht gestern mit Blick auf den Wahlkampf. „Wir werden jetzt natürlich sehr, sehr stark noch einmal werben müssen, dass wir Spenden bekommen.“ Es seien hohe Beträge, die ihre Partei brauche. Sie kündigte aber an, im Wahlkampf etwas kreativer zu sein, etwas genauer zu schauen, „was wir machen und welchen Wahlkampf wir machen“.


Inhalte: Was das Wahlprogramm anbelangt, werde das BSW von seinem Plan abrücken, alle Teile davon in einem langen Prozess und unter Beteiligung von Expertenräten zu erstellen. Einige Expertenräte gebe es aber immerhin schon, sagte Wagenknecht. Außerdem hätten Personen aus dem Umfeld der Partei – Wagenknecht sprach von „Ökonomen“ und „Außenpolitikern“ – „freundlicherweise“ angeboten, die Partei zu unterstützen. Noch dieses Jahr soll ein Parteitag stattfinden, sagte Wagenknecht.

3.

Auf die Parteien kommt nun ein unangenehmer Wahlkampf zu. Er wird zwar nicht so lange dauern wie andere, fällt dafür aber in den Winter. Und es gibt sicherlich Angenehmeres, als im Februar bei Schneeregen Flyer zu verteilen. Auch räumlich wird sich einiges ändern müssen. Wer sitzt schon gerne bei Minusgraden auf dem Marktplatz? Allerdings können die Parteien wohl auf eine steigende Zahl an Mitglieder und damit potenziellen Helferinnen und Helfern bauen.


Mehr Geld, mehr Menschen: Seit dem vergangenen Mittwoch seien mehr als 5500 Menschen bei den Grünen eingetreten, sagte Emily Büning gestern. Mit Blick auf Parteieintritte sei das die historisch stärkste Woche der Parteigeschichte gewesen, der November der stärkste Monat, seitdem die Partei das dokumentiere. Ohne diese Neueintritte liege die Zahl der Mitglieder der Grünen bei mehr als 138.000, sagte Büning. Zudem habe die Partei mit Kleinspenden innerhalb von fünf Tagen 350.000 Euro eingenommen.


The trend is your friend: Das Interesse, sich politisch zu engagieren, betrifft aber nicht nur die Grünen. Seit dem 6. November seien allein auf Bundesebene mehr als 1000 Mitgliedseinträge eingegangen, sagte eine Sprecherin der CDU gestern. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sagte am Montag, die SPD verzeichne seit Mittwoch über 1000 Eintritte, das seien allerdings die digitalen Eintritte. Die genauen Zahlen werden erst Ende des Jahres feststehen, wenn auch die analogen Beitritte berücksichtigt seien.


Wahlkampf-Booster: Der ehemalige Koalitionspartner, die FDP, teilte gestern mit, sie habe seit dem Ende der Ampelkoalition mehr als 1600 Mitgliedsanträge vorliegen. Ähnlich sieht es auf der anderen Seite des politischen Spektrums aus: Der Linken sind zwischen dem 7. November und gestern Morgen 1345 Personen beigetreten, „der absolute Wahlkampf-Booster für uns“, sagte Parteichef Jan van Aken.

4.

Damit die Bundestagswahl sicher abläuft, gibt es noch viel zu tun. „Das ist knapp, wir werden unser Möglichstes tun, um diesen Wahlprozess so gut wie möglich abzusichern“, sagte BSI-Präsidentin Claudia Plattner gestern. Einerseits gehe es um die technische Sicherheit des Ablaufs der Wahl. Andererseits müssten Wählerinnen und Wähler darauf hingewiesen werden, „dass nicht alles, was dort massenhaft, teilweise auch automatisiert, in sozialen Medien geteilt wird, immer der Wahrheit entspricht“. Gefahren gehen also sowohl von Hackern als auch von Desinformationskampagnen aus.


Dezentrale Strukturen absichern: IT-Sicherheit spielt etwa bei der Übertragung von Ergebnissen von der lokalen Ebene in zentrale Strukturen eine Rolle. Der Föderalismus macht es komplexer: „Da der Wahlablauf in Deutschland dezentral organisiert ist, ist jede Stelle, die Informationstechnik unterstützend einsetzt, für deren Sicherheit verantwortlich“, sagte eine Sprecherin der Bundeswahlleiterin SZ Dossier.


Sicheres Papier: Das BSI unterstützt die Bundeswahlleiterin sowie die Landeswahlleitungen dabei, „Gefährdungen für die Informationssicherheit zu erkennen und ihnen zu begegnen“, sagte die Sprecherin. Das endgültige Wahlergebnis werde anhand der „Niederschriften der Wahlorgane“ ermittelt und basiere, das wissen wir, auf Papier. Eine Manipulation durch mögliche Cyberangriffe, so kann man es auch sehen, könne also ausgeschlossen werden.


Jedes Jahr derselbe Befund: Die Sicherheitslage im Cyberraum bleibt derweil angespannt. „Insbesondere Ransomware, Spionage und Desinformation bedrohen unseren Wohlstand und gefährden unsere Demokratie“, sagte Plattner bei der Vorstellung des neuen BSI-Lageberichts. Sie betonte, dass es „von entscheidender Bedeutung“ für die Resilienz Deutschlands sei, dass die europäische NIS-2-Richtlinie „schnellstmöglich in nationales Recht“ gegossen werde. Derzeit läuft noch der parlamentarische Prozess.


Geopolitics matters: 22 sogenannte Advanced Persistent Threats (APT) waren dem Bericht zufolge im beobachteten Zeitraum in Deutschland aktiv, das sind cyberkriminelle Akteure anderer Staaten. Sie griffen vor allem deutsche Behörden und Unternehmen im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten, der Verteidigung sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung an. Mehr Details zum Bericht hat Selina Bettendorf im heutigen Dossier Digitalwende.

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Tiefgang

Bund und Länder tragen heute einen Richtungsstreit aus. Im gemeinhin unbekannten, aber wirkungsmächtigen Gremium IT-Planungsrat diskutieren die Digitalbeauftragten von Bund und Ländern, welcher Weg bei der Vernetzung der veralteten Registerlandschaft in der Verwaltung eingeschlagen wird.


Eigentlich sollte es weitergehen wie immer schon: Bund und Länder teilen sich die Verantwortung und die Finanzierung, inklusive komplexer Abstimmungen. Bremen und Sachsen-Anhalt wollen nun aber einen radikalen Neuanfang, wie das Dossier Digitalwende die vergangenen zwei Tage berichtete (hier und hier). Ein Überblick über die wichtigsten Punkte der Debatte.


Im Fokus steht das Nationale Once-Only-Technical-System (Noots). Es ist „die Autobahn, die die Verwaltungsregister miteinander verbindet“, sagte Martin Hagen (Grüne), Finanz- und Digitalstaatsrat in Bremen. „Die muss jetzt schnell gebaut werden, der Handlungsdruck ist groß.“ Denn: „Wir müssen das politische Versprechen einlösen, dass Bürger und Unternehmen nur einmal ihre Daten bei der Verwaltung angeben“, sagte Bernd Schlömer (FDP), Digitalstaatssekretär und IT-Landesbeauftragter in Sachsen-Anhalt.


Das Problem: Es fehlt nämlich immer noch eine Infrastruktur, mit der Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen Daten und Nachweise austauschen können. „Es kann nicht sein, dass man seinen Namen, sein Geburtsdatum und seine Adresse immer wieder neu eintragen muss, obwohl alles bereits vorliegt.“ Stattdessen brauche es automatisierte Abläufe mit den bereits vorhandenen Daten. Auch die Wirtschaft erwarte dringend, „dass wir endlich einen großen Schritt nach vorne gehen“, so Schlömer.


Was für Bürgerinnen und Bürger nervig und zeitraubend ist, kann für die Wirtschaft zur Standortfrage werden. Die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) hat vor dem Sommer den IT-Planungsrat, in dem Hagen und Schlömer sitzen, mit der Ausarbeitung eines Staatsvertrags beauftragt. Er regelt, wer das Noots entwickelt, betreibt und finanziert.


„Deutschland kommt aus einer Kultur, in der Bund, Länder und Kommunen freiwillig bei IT zusammenarbeiten“, sagte Hagen. Geregelt waren die Kooperationen durch Staatsverträge und Verwaltungsvereinbarungen. „Wir stehen jetzt vor der Entscheidung, ob wir das beim Noots wieder so kompliziert realisieren“, so Hagen. „Oder ob wir jetzt zwei Schritte weiter gehen und ein System aus einer Hand und einer Finanzierungsquelle schaffen.“ Der radikale Vorschlag: „Der Bund soll allein entscheiden, aber auch allein finanzieren.“


Singapur, Estland, Dänemark und andere Vorreiter seien genau diesen Weg gegangen, so Hagen. Deutschland müsse sich fragen, warum hierzulande alles so viel langsamer läuft. „Wir sind ja nicht dümmer, wir hatten genau die gleichen Ideen.“ In Deutschland fehlen aber zentrale Entscheidungs- und Finanzierungsstrukturen. Der gemeinsame Vorschlag folge im Grundsatz dem Beispiel der erfolgreichen X-Road in Estland. Jetzt gebe es gerade die Chance, das auch hierzulande so umzusetzen. „Also müssen wir es tun.“


Erfolgreiche Digitalisierung gelinge nur, „wenn wir ebenenübergreifend denken und handeln“, sagte Schlömer. „Mit der Digitalisierung wird nicht die kommunale Selbstverwaltung oder der Föderalismus ausgehebelt.“ Vielmehr gehe es um Verknüpfungen, damit die staatlichen Ebenen besser miteinander kommunizieren.


Kritik ließ nicht lange auf sich warten: Die entsprechenden Länder hätten „seit mehreren Jahren die Möglichkeit gehabt, ihre Ideen in die Diskussion einzubringen“, sagte Kay Ruge, Beigeordneter beim Deutschen Landkreistag. Kurz vor der Frist der Ministerpräsidentenkonferenz „nicht ausgereifte Alternativen“ zu einem Entwurf einzubringen, der gemeinschaftlich ausgearbeitet wurde, sei „nicht konstruktiv“. Ruge sagte, dass er skeptisch sei, ob eine „zukünftige wirkmächtige Basisinfrastruktur wie das Noots“ beim Bund zentralisiert werden sollte und „somit als politischer Spielball missbraucht“ werden könnte.


In der Wirtschaft fehlt mittlerweile jegliches Verständnis für lange Debatten: „Die stockende Verwaltungsdigitalisierung und das Verantwortungs-Ping-Pong zwischen Bund, Ländern und Kommunen mindern zunehmend die Attraktivität von Deutschland als Investitionsstandort“, sagte Steven Heckler, stellvertretender Abteilungsleiter Digitalisierung und Innovation beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Matthias Punz

Fast übersehen

5.

Der alte und der neue Finanzminister: Christian Lindner, Bundesfinanzminister a.D., setzt keine großen Hoffnungen in die Kanzlerkandidatur des Kanzlers. „Das Rennen um die Kanzlerschaft ist in Wahrheit doch gelaufen“, sagte der FDP-Chef auf dem SZ Wirtschaftsgipfel im Berliner Hotel Adlon. „Friedrich Merz ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der nächste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.“


Er will es wieder werden. Lindner will zurück ins Finanzministerium, er weiß auch schon wie. Die Union sollte aus seiner Sicht nicht ohne die FDP regieren. Denn: „Schwarz-Rot, Schwarz-Grün – das ist doch alles Ampel light“, sagte er. „Die CDU ist ein politisches Chamäleon, die nimmt immer die Farbe ihrer Koalitionspartner an.“ Das Ziel der Liberalen sei „die Zehn-Prozent-Hürde“, wie ihr Chef betonte.


Er ist es derzeit. SPD-Mann und Finanzminister Jörg Kukies, wenige Stunden nach Lindner auf der Bühne, sagte, Deutschland bewege sich auf eine Bundestagswahl zu, könne sich aber keinen Stillstand leisten. „Die Prioritäten, die ich bei meiner neuen Aufgabe habe, sind klar: politische und fiskalische Stabilität, klare Perspektiven für Investitionen für die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“, sagte Kukies während seiner ersten Rede im Amt.


Beruhigende Botschaften: Eine gute Nachricht hatte er auch im Gepäck. „Es wird keine Haushaltssperren geben. Wir sind voll handlungsfähig“, sagte Kukies. Ein Haushalt für 2025 in diesem Jahr sei hingegen „nicht sehr realistisch“.

6.

Der Blick nach Peking: China wird sein gutes Verhältnis zu Russland nicht beschädigen, um die Beziehungen mit Europa zu verbessern. Pekings Beziehungen zu Moskau seien etwas völlig anderes als jene zu Europa, betonte Xiao Qian, Vize-Direktorin des chinesischen Think Tanks Center for International Security and Strategy, auf dem Außenpolitikforum der Körber-Stiftung in Berlin. China pflege gute Beziehungen zu unterschiedlichen Ländern.


Aus Sicht der EU gilt: Russlands Ukraine-Krieg verletzt die „Kerninteressen“ Europas – mit Folgen für Russlands Unterstützer. China müsse einen höheren Preis zahlen für seine Unterstützung Russlands, forderte die designierte EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Dienstag vor dem Europäischen Parlament. Damit verschärfte sie die Tonlage der EU. Es ist im Interesse Chinas und der EU, die angespannten Beziehungen wieder zu verbessern.


Schwere Aufgaben voraus: Beides muss die neue EU-Kommission Chinas Führung klarmachen. Wie schwierig diese widersprüchliche Aufgabe sein wird, zeigt ein Blick nach Peking. Dort empfing am Dienstag Chinas Außenminister Wang Yi den russischen Sicherheitsratschef Sergej Schoigu. Tenor des Treffens: Man müsse „der gegen Russland und China gerichteten ‚dualen Eindämmungspolitik‘ der Vereinigten Staaten und ihrer Satelliten entgegentreten“, sagte Schoigu. Wie es in diesen Fragen weitergeht, lesen Sie werktäglich in unserem neuen Dossier Geoökonomie.

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Unter eins

Ich habe auch physisch gelitten.

Verkehrs- und Justizminister Volker Wissing beim SZ Wirtschaftsgipfel über seine Entscheidung, in der Bundesregierung zu bleiben

Zu guter Letzt

Sahra Wagenknecht und CDU-Politiker Roderich Kiesewetter beharken sich in der Regel öffentlich, über Distanz – und ziemlich wortreich. Gestern kam es hingegen zu einem stummen Aufeinandertreffen der beiden. Wagenknecht sprach in ihrem sitzungswöchentlichen Statement im Paul-Löbe-Haus gerade über den Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie, da ging Kiesewetter in Richtung der BSW-Politikerin und der umstehenden Journalisten.


Der CDU-Politiker machte allerdings keinerlei Anstalten, auszuweichen, umzukehren oder seinen Weg zu ändern. Er lief stattdessen schnurstracks durch die Szenerie, verlor dabei kein Wort. Fairerweise muss man sagen: Kiesewetter ging hinter Wagenknecht, also zwischen der BSW-Chefin und dem Geländer, vorbei. Er wird aber bis in alle Ewigkeiten im dazugehörigen Video zu sehen sein. Und vielleicht ist ihm das ja gar nicht so unrecht.


Danke! An das Team in Berlin und in Australien.

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Florian Eder

Leiter SZ Dossier