Unsere Kernprodukte
Im Fokus
Weitere SZ-Produkte
Shops und Marktplätze
Media & Service
Partnerangebote
Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?
Anzeige inserierenMöchten Sie unsere Texte nachdrucken, vervielfältigen oder öffentlich zugänglich machen?
Nutzungsrechte erwerbenWie die FDP die Trendwende schaffen will
Montag, 2. Dezember 2024Von Tim Frehler
Guten Morgen. Wenn heute der estnische Premierminister, Kristen Michal, zu Besuch nach Deutschland kommt, trifft er auf einen Kanzler im Wahlkampfmodus. Klar, Scholz hat ja einiges aufzuholen. Dazu scheint er im Moment keine Bühne auszulassen.
Während die SPD ihr eigenes Wahlkampffiasko (vorerst) hinter sich gebracht hat, durchlebt die FDP das ihre gerade. Wir schauen heute darauf, wie sich die Partei neu aufstellt, wer daran mitwirkt und wer nicht mehr. Und wir haben uns umgehört, wie der schwarze Freitag bei der Basis ankam.
Außerdem blicken wir voraus auf eine Abstimmung im Bundestag, die für fast alle Beteiligten politische Fallstricke bereithält.
Herzlich willkommen am Platz der Republik.
Was wichtig wird
Gut eine Viertelstunde saß Christian Lindner bei Caren Miosga, da fuhr es aus ihm heraus. „Also Frau Miosga“, sagte er, „das, was Sie letzte Woche zu wenig kritisch waren, müssen Sie diese Woche jetzt nicht alles nachholen.“ Spätestens da war klar, dass es Christian Lindner mit den Nerven zu tun bekam. Und man merkte: Da sitzt gerade ein Mann, der um das politische Überleben seiner Partei und letztendlich auch sein eigenes kämpft. Entscheidende Fragen stehen ja noch im Raum: Was wusste der FDP-Chef selbst von dem Papier, das sein Bundesgeschäftsführer verfasst hatte? Ist es möglich, dass einer wie er – auf den die Partei komplett zugeschnitten ist – davon keine Kenntnis hatte? Und wenn er sagt, er übernehme die Gesamtverantwortung: Was heißt das?
Die Antworten: Zumindest etwas schlauer ist man im Anschluss. Lindner sagte, er habe das Papier nicht gekannt, habe aber kein Problem damit gehabt, dass es erstellt worden ist, die FDP habe sich eben auf den Herbst der Entscheidungen vorbereitet. Dazu, was er selbst davon wusste und welche Verantwortung er übernehme, sagte er: „Für das Wort ‚D-Day‘ und dieses Papier kann ich keine Verantwortung konkret übernehmen“, es habe ja nicht in seinem Bereich gelegen. „Aber ich übernehme die Verantwortung dafür, dass die FDP bereit war, die Ampel zu verlassen und dass wir uns darauf vorbereitet haben.“
Immerhin: Einen neuen Generalsekretär hat er. Marco Buschmann soll es werden. Christian Lindner habe ihn gebeten, das Amt „in schwieriger Lage“ zu übernehmen, schrieb Buschmann gestern auf X. Damit entscheidet sich Lindner also nicht für neue Köpfe, sondern setzt auf einen engen Vertrauten, einen, der aber auch Mitglied des „F-Kabinetts“ war, in dem über das Ende der Ampel beraten wurde.
Zurück zur Glaubwürdigkeit: Was jetzt auf den gebürtigen Gelsenkirchener zukommt, ist alles andere als einfach. Er muss den Wahlkampf der FDP organisieren. Im Bericht aus Berlin der ARD war er gestern erst einmal darum bemüht, die Glaubwürdigkeit der Partei wiederherzustellen. Gefragt, ob in den Beratungen der FDP Begriffe wie „D-Day“ gefallen seien, sagte er: „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ein solcher Begriff gefallen ist.“ Garantie könne er aber keine abgeben.
Ein anderer geht: Seinen Austritt aus der FDP hat derweil der Unternehmer Harald Christ angekündigt. Er halte den frühen Ampelausstieg für einen Fehler und habe das innerhalb der Partei zum Ausdruck gebracht, sagte Christ dem Handelsblatt. Christ war nach gut 30 Jahren in der SPD 2020 Mitglied der FDP geworden, war zeitweise auch Schatzmeister der Partei.
Es hatte sich abgezeichnet, worauf es in diesem Wahlkampf hinauslaufen wird. Die SPD wird versuchen, ein Duell Scholz gegen Merz zu inszenieren, der Besonnene gegen den Heißsporn, so sehen sie das bei den Sozialdemokraten. Dieses Duell ging am Wochenende in die nächste Runde. Bei der „Wahlsiegkonferenz“ der SPD im Willy-Brandt-Haus mahnte Scholz in Sachen Krieg und Frieden zur Vorsicht. Friedrich Merz wolle der Nuklearmacht Russland ein Ultimatum stellen. Doch mit der Sicherheit Deutschlands, so Scholz, spiele man nicht „Russisch Roulette“.
Der Angesprochene reagierte prompt: In seiner Merz-Mail schrieb der CDU-Chef gestern: „Die SPD hat in Wahlkämpfen noch nie irgendwelche Skrupel gezeigt, mit den tiefsitzenden Ängsten gerade der deutschen Bevölkerung zu spielen.“ Völlig außer Acht lasse die SPD dagegen die steigenden Arbeitslosenzahlen infolge der Rezession. Sichere Renten aber (eines der Hauptversprechen der SPD) gebe es „nur in einer wachsenden Volkswirtschaft“, schrieb Merz. Die Mehrheit in Deutschland werde schon erkennen, dass der Sozialstaat nicht durch Kriegsrhetorik, sondern durch Wirtschaftswachstum zukunftsfähig werde.
Zurück zu Scholz: Der Kanzler suchte gestern Abend erneut die Bühne, ging ins ARD-Hauptstadtstudio, um sich im Bericht aus Berlin den Fragen von Markus Preiß zu stellen. Seinen scharfen Ton rechtfertigte Scholz damit, dass er dafür sei, „dass Wahlkampf auch Wahlkampf ist“ und es um Unterschiede gehe. Inhaltlich mitgebracht hatte er die Kernthemen der SPD: Rente, Reform der Schuldenbremse, Steuerentlastungen für 95 Prozent, Steuerbelastungen für „das eine Prozent, das am allermeisten verdient“.
Einer fehlt: Bleibt die Frage, wo am Wochenende der war, der ja auch gerne Kanzler werden würde. Die Antwort findet sich auf Instagram. Da teilte Robert Habeck gestern Bilder von seiner Joggingrunde. „Grüße vom Morgenlauf mit Sonne und Biber“, schrieb er.
Im Bundestag birgt diese Woche die Abstimmung über das deutsche Lieferkettengesetz (LkSG) allerhand politischen Sprengstoff – für nahezu alle Beteiligten: Die FDP will einen Gesetzentwurf einbringen, mit dem sie das Gesetz sofort aufheben will. Die SPD kündigte Widerstand an. „Wir haben doch nicht jahrelang dafür gekämpft, dass es ein Lieferkettengesetz gibt, um es jetzt abzuschaffen“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Bernd Rützel (SPD), meinem Kollegen Fabian Löhe von unserem Dossier Nachhaltigkeit.
Warum das wichtig ist: Damit geht die SPD nicht nur auf Konfrontation zu CDU und FDP, sondern auch zum eigenen Kanzler und zu Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). Olaf Scholz (SPD) will das LkSG aussetzen, Habecks Ziel ist es, „die Kettensäge anzuwerfen und das ganze Ding wegzubolzen“. Das deutsche Gesetz stammt noch aus der Feder von SPD und CDU. Seitdem ist jedoch die EU-Lieferkettenrichtlinie CSDDD in Kraft getreten. Ab Juli 2027 verpflichtet sie Unternehmen mit mehr als 5000 Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro, Menschenrechte und Umweltbelange entlang ihrer Wertschöpfungsketten zu berücksichtigen.
Schweigen im Walde: Man wolle den Vorstoß der FDP „nicht kommentieren“, heißt es auf Anfrage aus Habecks Ministerium. Auch die Bundestagsfraktion der Grünen wollte sich nicht äußern. Dem für das LkSG federführenden Arbeitsministerium war es „leider nicht möglich“, inhaltlich zu antworten. Allerdings hat das Kabinett bereits im Sommer beschlossen, dass Firmen nicht mehr der LkSG-Berichtspflicht nachkommen müssen, wenn sie ab 1. Januar nach der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie (CSRD) berichten.
Heikel – auch für die Union: Zusätzliche Brisanz erhält die Abstimmung mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag: Zwar hat die FDP für den LkSG-Stopp die Union an ihrer Seite. Damit der Entwurf aber eine Mehrheit findet, braucht es die Stimmen der AfD und weiterer Abgeordneter, etwa die des BSW. Es gebe zwar „erheblichen Reformbedarf, um kleine und mittlere Unternehmen vor einer übermäßigen Belastung zu schützen“, sagte eine Sprecherin. Einer bloßen Abschaffung des Lieferkettengesetzes werde man aber nicht zustimmen.
Zum Wochenstart folgt wie immer der Blick darauf, wie die Abgeordneten des Deutschen Bundestags in der vergangenen Woche auf X abgeschnitten haben. Die Bundesdatenschau führt wöchentlich diejenigen Abgeordneten auf, die im Vergleich zu den Vorwochen jeweils durchschnittlich mehr oder weniger Aufmerksamkeit in Form von Likes und Kommentaren auf X erhalten haben.
Viel Kritik bringt viele Likes: Überdurchschnittlich viele Likes erhielten Steffen Kotré und Hannes Gnauck (beide AfD), die Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Politikwissenschaftler Carlo Masala wegen einer Aussage zu russischen Gaslieferungen und einer potenziellen Eskalation des russischen Angriffskriegs in der Ukraine kritisierten. Misbah Khan (Grüne) twitterte, Jens Spahn (CDU) habe Desinformation zum Thema Atomstrom aus Frankreich geteilt.
Scholz sackt ab: Mehr Kommentare als sonst erhielt SPD-Mann Carlos Kasper, der schrieb, die Zeit seit dem Rauswurf von Christian Lindner (FDP) innerhalb der Regierung sei viel ruhiger und harmonischer. Dass sie seitdem keine Mehrheit mehr hat, erwähnte er nicht. Marco Wanderwitz (CDU) stellte via X einen Erfolg des AfD-Verbotsantrags in Aussicht und bekam damit noch mehr Kommentare als vergangene Woche, als er ohnehin schon in den Trends war. Interessant: Olaf Scholz sackte auf seinem @Bundeskanzler-Account bei den Likes um 91,3 Prozent ab, nachdem sein erfolgreichster Tweet der Woche gerade einmal etwas mehr als 1000 Likes erhalten hatte.
ANZEIGE
Tiefgang
Vom neuesten Kapitel in der Affäre ihrer Partei hat Anita Maaß erst am Donnerstagabend erfahren. Stunden zuvor hatte die FDP jenes achtseitige Dokument veröffentlicht, das in der Zwischenzeit mehrere Spitzenleute ihr politisches Amt und die Partei wohl einiges an Glaubwürdigkeit gekostet hat. Anita Maaß aber war am Donnerstag mit anderen Dingen beschäftigt: Es war Stadtratssitzung in Lommatzsch, einer Gemeinde im Landkreis Meißen. Hier ist Maaß Bürgermeisterin. Das D-Day-Papier habe sie erst abends im Bett gelesen.
Am Freitagvormittag dann sitzt Maaß im Fraktionssitzungssaal der FDP im Reichstagsgebäude. Die Bundestagsfraktion hat zum kommunalpolitischen Forum geladen. Der Zeitpunkt war gut geplant, eigentlich hätte der Bundestag an diesem Freitag über den Haushalt abstimmen sollen, alle wichtigen Politiker wären in Berlin gewesen. Daraus wurde bekanntlich nichts. Aber wenn gerade alles zusammenbricht, kann es ja helfen, sich an Alltägliches zu klammern. Also diskutieren liberale Bundes- und Kommunalpolitiker nun darüber, wie man mit den Kassenkrediten der Stadt Wuppertal umgeht. Darüber, wie lange es dauert, 17 Bäume umzusägen. Und welche Behörde gefragt werden muss, bevor einer mal die Säge anwirft. Über den Alltag in der Kommunalpolitik eben.
Doch bei all dem Fokus auf reale Probleme – davor, was sich draußen abspielt, was die Partei und das ganze Land umtreibt, können sie sich hier im Sitzungssaal nicht abschotten. Kurz vor dem Ende des ersten Panels – es geht gerade darum, wie viele Wortbeiträge noch möglich sind – platzt es aus einem der Teilnehmer heraus: „Ich glaube, wir haben noch Zeit, weil unser Generalsekretär gerade zurückgetreten ist.“ Ein junger FDP-ler klopft mit der Faust auf den Tisch. Anita Maaß verfolgt das alles vom Podium aus.
Eigentlich wäre nach den Kommunalfinanzen der Chef mit einem Impuls an der Reihe. Doch Christian Lindner kommt nicht. Stattdessen tritt um 11:36 Uhr Bijan Djir-Sarai auf. Nicht persönlich natürlich, sondern im Livestream von Phoenix, den sie jetzt an die Wand projizieren. Wieder unterbricht also die Bundespolitik die Kommunalpolitik. Der Generalsekretär gibt bekannt, von nun an nicht mehr Generalsekretär zu sein – und tritt ab. „Kurz und schmerzlos“, sagt einer der umstehenden FDP-ler. „Gibt bessere Tage“, ein anderer. Kommunikativ sei das eine „Katastrophe, was da abgelaufen ist“, schimpft ein Kommunalpolitiker aus Baden-Württemberg. In Richtung des Generalsekretärs a. D. sagt er: „Wie kann es sein, dass in seinem Haus ein Papier erstellt wurde, von dem er nichts wusste.“
Auch Anita Maaß verfolgt den Abgang Djir-Sarais. Ihr ist anzumerken, dass sein Rücktritt sie nicht kaltlässt. Aber: „Er zieht die politische Konsequenz und übernimmt die Verantwortung für die Indiskretionen, durch die die Glaubwürdigkeit der Partei beschädigt wurde.“ Ihren Standpunkt zu der Affäre vertreten viele FDP-Politiker hier im Reichstag: „Jede Partei hat sich mit diesen Szenarien beschäftigt.“ Aber die Wortwahl, die Tonalität sei „höchst problematisch. Blödsinnig“, sagt Maaß. „Wir werden gerade zerrissen“, sagt sie. „Und wir zerreißen uns auch noch selbst.“ Dabei bleibe ihrer Partei nicht mehr viel Zeit bis zur Bundestagswahl.
Seit knapp zwanzig Jahren ist die 48-Jährige Bürgermeisterin in Lommatzsch, als sie 2005 ihr Amt antrat, war sie mit 29 Jahren die jüngste Bürgermeisterin Sachsens – und nicht gerade in einer glücklichen Ausgangslage. „Ich habe damals eine hoch verschuldete Gemeinde übernommen“, sagt Maaß. „Die Stadt hatte eine faktische Schuldenbremse.“ Eine Situation, wie sie heute auch viele Städte, Gemeinden und Landkreise fürchten. Laut dem Statistischen Bundesamt beträgt das Defizit in den kommunalen Haushalten im ersten Halbjahr dieses Jahres mehr als 17 Milliarden Euro, hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Demgegenüber steht ein riesiger Investitionsstau.
Ja, sagt Maaß, die Kommunen bräuchten mehr Geld. Doch das allein reiche nicht. „Alle staatlichen Ebenen müssen ihre Hausaufgaben machen.“ Sie selbst habe äußerst unpopuläre Entscheidungen getroffen, etwa die Amtsleiterebenen in der Verwaltung abgeschafft und den Sachbearbeitern mehr Eigenverantwortung gegeben. 2011 schloss sie das Freibad. Auf allen Ebenen müsse man sich anschauen, wo es Redundanzen gebe, wo effektiver gearbeitet werden könne. Die Finanzströme zwischen Bund, Ländern und Kommunen müssten transparenter werden. Und was es brauche, sei mehr Selbstverantwortung für die Kommunen, mehr Finanzhoheit. „Weil sie einen Großteil der Aufgaben tragen, brauchen sie auch einen Großteil der Mittel“, sagt Maaß. Bund und Länder müssten sich dann überlegen, wo sie priorisieren und sparen.
Dass ihr so ein ähnlicher Konsolidierungskurs heute noch einmal gelingen würde, glaubt Maaß allerdings nicht. Durch die sozialen Medien sei es für Politiker viel schwerer geworden, Orientierung zu geben. Sie erlebe das am Beispiel Windkraft. Die Diskussionen, die sie dazu führe, seien nicht mehr steuerbar, viele Menschen ließen sich durch Argumente nicht mehr erreichen, lebten in ihren eigenen Blasen. „Und seit Corona ist das Vertrauen in staatliche Institutionen weg.“
Alles wichtige Themen. Überlagert werden sie am Freitag allerdings von der Debatte über das D-Day-Papier. So auch als sich wenige Minuten nach Djir-Sarais Abschied und einem Gruppenfoto alle wieder im Saal treffen. Da ruft ein junger FDP-ler: „Der Bundesgeschäftsführer hört auch auf.“ „Schön“, sagt derjenige, der zuvor geklopft hat. „What a time to be alive.“
Fast übersehen
Auf der Tagesordnung: Die Innenminister treffen sich von Mittwoch bis Freitag zu ihrer Konferenz, diesmal im brandenburgischen Rheinsberg. Auf der Tagesordnung, die SZ Dossier vorliegt, stehen vor allem Fragen der Asyl- und Migrationspolitik. So wird es gleich unter Tagesordnungspunkt zwei um striktere Kontrollen und „Zurückweisung vor Rückführung“ gehen. Das BMI wird unter anderem zur Beschleunigung der Asylverfahren, zur Umsetzung der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und zur Rückführung von Personen berichten, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen – „auch nach Afghanistan und Syrien“.
Auf Wiedervorlage: Außerdem wird es um den Komplex Desinformation und hybride Bedrohungen gehen, darunter etwa um den gemeinsamen Aktionsplan von Bund und Ländern gegen Desinformation. Der stand zwar schon bei vergangenen Sitzungen auf der Tagesordnung, zu einem Ergebnis aber kam es nie, berichtet meine Kollegin Selina Bettendorf vom Dossier Digitalwende. Wie aus informierten Kreisen zu hören sei, soll es gar keinen neuen Entwicklungsstand geben. Auch die von Innenministerin Nancy Faeser angekündigte Desinformationsstrategie kam nie.
Im Fokus: Bei der Konferenz wird es auch um Themen gehen, die im Sicherheitspaket vorkamen, zum Beispiel um die Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden, die Früherkennung extremistischer Anschläge durch Nutzung KI-basierter Software und die Etablierung datenzentrierter Ansätze beim Verfassungsschutz. Außerdem wird über die Auswirkungen der KI-Verordnung auf die Polizeiarbeit diskutiert.
Wahlkampfthema Wohnen? SPD und Grüne wollen die Mietpreisbremse noch in dieser Legislatur verlängern. Entweder indem ein neuer Gesetzentwurf zur Verlängerung der Mietpreisbremse zur Abstimmung gestellt wird oder ein Entwurf des ehemaligen Justizministers Marco Buschmann umgeschrieben wird. Im Justizministerium werde bereits über Änderungen verhandelt, berichten meine Kollegen Constanze von Bullion und Roland Preuß.
Das Problem: Damit in der Sache überhaupt noch etwas geht, braucht es die Union. Die zeigt bislang wenig Interesse daran, Projekten von SPD und Grünen über die Ziellinie zu helfen. Allerdings regen sich nun anderslautende Stimmen. Dennis Radtke, der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), sagte den SZ-Kollegen: „Wir als CDA wollen eine Verlängerung der Mietpreisbremse.“ Seiner Ansicht nach sollte diese bald kommen, in manchen Bundesländern laufe sie bereits im kommenden Jahr aus. Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Union, wiegelt ab. Die Länder könnten die Mietpreisbremse bis Ende 2025 verlängern, die Sache sei also nicht zeitkritisch.
Eine Strategie für den Ernstfall: 1000 Seiten ist der „Operationsplan Deutschland“ in seiner ersten Fassung lang. Darin geht es um nicht weniger als die Vorbereitung der Bundesrepublik auf den Verteidigungsfall. Der Plan sei eine Reaktion „auf die geänderte Sicherheitslage in Europa“, sagte ein Sprecher des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr zu SZ Dossier. „Insbesondere die hybride Einflussnahme ist allgegenwärtig und wird auch zunehmend für die Bevölkerung sichtbar.“ Gemeint sind damit etwa zunehmende Cyberangriffe und Desinformation.
Warum das wichtig ist: Die Bundeswehr sieht die Landes- und Bündnisverteidigung nicht als rein militärische Aufgabe. „Sie ist ressortübergreifend und gesamtstaatlich, ja sogar gesamtgesellschaftlich zu verstehen“, sagte der Sprecher. Die Bundeswehr sei auf die Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Militär auf allen Ebenen, aber insbesondere mit den Ländern angewiesen. Eine zentrale Rolle spielen dabei die jeweiligen Landeskommandos. Unter deren Beteiligung fänden regelmäßig Informationsveranstaltungen, Workshops und Steuergruppen-Meetings statt. Gleichzeitig gebe es auch Einladungen aus dem zivilen Bereich an die Landeskommandos und das Territoriale Führungskommando zu Vorträgen und Austauschformaten.
ANZEIGE
Unter eins
Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, will an der Schuldenbremse festhalten
Zu guter Letzt
„Unser Ziel ist ein Deutschland, auf das die Welt mit Bewunderung und nicht mehr mit Verwunderung blickt“, sagt die Erzählerin des neuen CDU-Wahlwerbespots. Ausgerechnet letzteres hat die Partei mit dem Spot aber selbst ausgelöst.
Nach 53 Sekunden taucht darin eine malerische Landschaft auf: Holzdielen, grüne Bäume, gemähtes Gras, ein See im Hintergrund. Ein wahres Idyll. Problem nur: Es liegt gar nicht in Deutschland, sondern in Dänemark, berichtet die FAZ. Das Video sei schon seit Längerem auf einer dänischen Website zur Eigentumsteilung von Ferienhäusern zu sehen, stamme ursprünglich von einer internationalen Agentur.
Immerhin: Der Reichstag, den die CDU in ihrem Video zeigt, ist dieses Mal auch wirklich jenes Gebäude im Berliner Regierungsviertel. In einem Spot 2023 hatten die Macher stattdessen den georgischen Präsidentenpalast in Tiflis gezeigt.
Danke! An die Teams in Berlin und in Australien.