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Nutzungsrechte erwerbenWas die Krise in Frankreich bedeutet
Freitag, 6. Dezember 2024Von Florian Eder
Guten Morgen. Eine wilde Woche in der Politik, und sie ist nicht zu Ende: Fürs Wochenende hat sich Donald Trump zu seinem ersten Europabesuch angekündigt, seit er die Wahl gewann. Er beabsichtigt, in Paris an der feierlichen Wiedereröffnung der Notre-Dame-Kathedrale teilzunehmen.
Die Renovierung in nur fünfeinhalb Jahren beweist Frankreichs Fähigkeiten, Know-how, den Stellenwert des Kulturerbes und europäische Solidarität. Emmanuel Macron hat diese Erneuerung zu seinem Projekt gemacht, ihr Glanz soll auf ihn abstrahlen.
Im Elysée und in anderen Regierungszentralen wird aufmerksam registriert werden, ob Trump als Bewunderer kommt – oder Macron wieder behandelt wie einmal im Weißen Haus, wo er ihm Schuppen vom Jackett wischte, die außer ihm niemand je gesehen hatte.
Sortieren wir, was von der Woche bleibt. Willkommen am Platz der Republik.
Was wichtig wird
Der Bundeskanzler brachte eine Debatte mit von seinem Ukrainebesuch, die er dann versuchte, wieder hinter die verschlossenen Türen zu verbannen, wo sie derzeit tatsächlich heftig geführt wird. Aber da hatte Außenministerin Annalena Baerbock schon öffentlich die Frage aufgeworfen, wie ein möglicher, künftiger Waffenstillstand in der Ukraine überwacht und garantiert werden könnte. Mit deutschen Truppen?
Früh oder zu früh? Donald Trumps neuer Ukraine-Beauftragter Keith Kellogg hatte, in anderer Funktion, vor einigen Monaten eine Skizze zum Ende der Kampfhandlungen entworfen. Sie sieht eine aktive Rolle der Europäer – samt boots on the ground – in der Garantie eines möglichen Waffenstillstands und der Überwachung der dann vorläufigen Grenzlinien vor. Von dem Papier zu einem Deal mit Russland ist es ein weiter Weg. Daher verwundert der Zeitpunkt der deutschen Debatte.
Nichts zu melden: Sollte der neue US-Präsident den Krieg binnen kurzer Zeit nach Amtsantritt so oder ähnlich beenden, bleibt allerdings nicht viel, als mitzugehen. Da kann sich der Kanzler für seine Unterstützung der Ukraine feiern, wie er mag: Die Entscheidungen werden in Washington getroffen und Europa wird mitgehen müssen, postulierte Zeitenwende hin oder her.
Sonderweg: Die Partner wissen, dass sie auf deutsche Truppen nicht zu warten brauchen. Stimmung im Land, Grundgesetz und ein Kanzler, der sich als „besonnen“ sieht, sprechen dagegen. Wer aber mit Truppen in die Ukraine gehen soll? In den Vereinten Nationen hat Russland ein Veto und die EU hat weder Struktur noch Mandat dafür. Die Nato, deren größtes Mitglied die USA sind? Ein hochrangiger Diplomat berichtete von Überlegungen, wonach die EU einen solchen Einsatz der Allianz finanzieren könne.
Es bleiben: Die Atommächte Frankreich und Großbritannien, die nach Auskunft von Diplomaten ja gerade sprechen. Mitreden zu wollen, wie Deutschland diese Woche, ohne viel an den Tisch zu bringen: Das ist genau der sicherheitspolitische Vorwurf, mit dem Trump nun aufräumen will. Womöglich geschieht das mitten in der Endphase des deutschen Wahlkampfs.
Scholz ließ diese Woche zweierlei deutlich erkennen: Erstens versucht er erneut einen „Friedens“-Wahlkampf mit dem Zweiklang aus Unterstützung für das überfallene Land, aber nicht zu viel davon.
Ob's hilft: Damit kann er Merz ärgern, der bislang klarer war, gerade aber den Kurs korrigiert und dieselben Umfragen kennt, nach denen vielen Menschen die (von Scholz behauptete) Verwicklung Deutschlands in den Krieg durch Lieferung des Taurus Angst macht. Der Nachteil für die SPD: Schon im Europawahlkampf hat dieses Einerseits-andererseits nicht verfangen, weil es wie mal so, mal so wirkte.
Zweitens wurde deutlich, dass Scholz sich von der Würde seines Amtes nicht mehr belastet fühlt. Dem verteidigungspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion antwortete Scholz am Mittwoch im Bundestag auf eine Frage zum Taurus: Wer mit der Fünf-Prozent-Hürde kämpfe, habe bestimmt andere Sorgen, als seine Großartigkeit in Frage zu stellen.
Sicherheit in grün? Der Union brachte das Thema Sicherheitspolitik eine zweite Debatte, die sie nicht will: Ginge es nicht doch besser mit den Grünen, wie deren Vorsitzende Franziska Brantner vorschlug? „Die außenpolitische Isolation Deutschlands in Europa ist eine direkte Folge der Kanzler-Katastrophe Scholz. In außen- und sicherheitspolitischen Fragen gibt es zwar sicherlich mehr Überschneidungen mit den Grünen als mit der Scholz-SPD“, sagte der CSU-Außenpolitiker Thomas Erndl.
Aber zurück zum Wirtschaftswahlkampf, der der Union besser liegt. „Was wir jetzt in Deutschland brauchen, ist ein echter Politikwechsel – und zwar auf allen Ebenen“, sagte uns Erndl. „In zentralen Bereichen wie Migration und Wirtschaft ist das mit diesen Grünen schlichtweg nicht machbar.“ Oder wie sein Parteichef Markus Söder es gestern aus dem Dienstwagen heraus diktierte: „Mit der CSU gibt’s keine schwarz-grüne Koalition, keinen Robert Habeck mehr als Wirtschaftsminister.“
Die vormalige Bundeskanzlerin ließ sich gestern bis in den Abend hinein als letzte Zeugin des Afghanistan-Untersuchungsausschusses ein, und zwar im Stile ihrer Erinnerungen: Mit wem, wann genau und wo sie im Sommer 2021 über die Lage in Afghanistan allgemein und über die Ortskräfte gesprochen hatte, legte Angela Merkel recht ausführlich dar. „So systematisch wie Sie hat hier niemand eingeführt“, sagte der Ausschussvorsitzende Ralf Stegner (SPD).
Nationale Sicherheit, Verantwortung für Mitarbeiter, geopolitische Realität: Dem allen gerecht zu werden, erwies sich im Augenblick des Abzugs als große Überforderung – der Politik. Der Abschlussbericht des Ausschusses wird laut CSU-MdB Erndl nun „bis Februar“ erstellt: rechtzeitig vor der Bundestagswahl, davon ist auszugehen.
Wer war's? „Den einen großen Fehler gab es nicht. Vor allem die Soldatinnen und Soldaten haben ihre Aufträge erfüllt“, sagte Erndl am Abend SZ Dossier, der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses. Er sieht das damals SPD-geführte Auswärtige Amt in der Verantwortung: „Das dort erstellte Lagebild war zu lange von der Hoffnung geprägt, dass ein innerafghanischer Friedensprozess zu einem Ergebnis führt“, sagte er.
2015 war schon sechs Jahre her: Merkel gab auch institutionelle Spannungen in der eigenen politischen Familie zu. Das Verteidigungsministerium unter Annegret Kramp-Karrenbauer wollte eigene Ortskräfte schützen – das Innenministerium, damals von Horst Seehofer geführt, habe dafür sorgen müssen, „dass wir uns nicht Kräfte ins Land holen, die für terroristische Anschläge verantwortlich sind“, sagte Merkel. „Dieses Dilemma habe ich schon sehr deutlich gespürt.“
In Deutschland gibt es keine Mehrheit für die Einhaltung der Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form. YouGov hat die Deutschen für SZ Dossier gefragt, wie sie zu der Regelung stehen. Insgesamt spricht sich eine Mehrheit dafür aus, sie in ihrer derzeitigen Form vorübergehend zu lockern oder grundlegend zu reformieren. Die Deutschen stehen aber zu ihrer Schuldenbremse, denn nur fünf Prozent würden sie vollständig abschaffen.
Die Zahlen: Nur rund jeder vierte Befragte möchte, dass die Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form eingehalten wird. 18 Prozent denken, die Regelung sollte gelockert werden, während 34 Prozent der Meinung sind, sie müsste grundlegend reformiert werden. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte zuletzt Reformbereitschaft signalisiert. Insbesondere Grüne und SPD würden sich das wünschen, um Investitionen zu finanzieren – ihre Wählerinnen und Wähler sehen das ähnlich.
Entgegenkommen von Merz: „Ich habe mir angewöhnt, in der Politik niemals nie zu sagen“, sagte Merz am Mittwochabend in der ARD. „Wir wissen nicht, was morgen und übermorgen an Herausforderungen auf uns zukommt“, führte er fort. Von heute aus betrachtet sei er aber fest davon überzeugt, dass die Probleme ohne eine Änderung der Schuldenbremse lösbar seien. Wer die Union gewählt hat, ist in der Frage laut der Umfrage recht gespalten, wünscht sich aber mehrheitlich ebenfalls Anpassungen.
Liberale Überzeugungen: Auch unter Wählerinnen und Wählern, die bei der Bundestagswahl 2021 die FDP gewählt haben, gibt es keine Mehrheit für eine starre Haltung in Bezug auf die Schuldenbremse. Dabei sind es gerade die Freien Demokraten, die – im Gegensatz zur Union – fest zur Regelung stehen. Zwar ist der Anteil derer, die an der Schuldenbremse unverändert festhalten möchten, mit 38 Prozent erhöht – aber fast jeder Zweite plädiert für eine Abkehr von einer strikten Durchsetzung.
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Tiefgang
In jedem Berliner Gespräch kommt so ein Satz derzeit einmal vor: Die nächste Regierung muss sitzen. Egal, welche Parteien dann zusammen regieren: Wer nicht will, dass vier Jahre später die Extremen auf der Rechten und Linken so stark werden, dass das Land nur schwer regierbar ist, der muss sich nun zusammenreißen und liefern.
Keine kleine Verantwortung. Wie sehr der Versuch die Mühe wert ist, zeigt ein Blick ins Nachbarland: Seit der Parlamentsneuwahl im Sommer stehen in der Assemblée drei ähnlich große Blöcke nebeneinander. Nach 89 Tagen fiel die Regierung der Mitte darüber, dass Linke und Rechte in ihr den gemeinsamen Gegner identifizierten und sie stürzten – weil sie konnten.
Was das für Frankreich, Deutschland und Europa bedeutet.
„Wir können uns weder Spaltungen noch Stillstand leisten“, sagte der Präsident am Abend in einer Ansprache an die Nation. „Aus diesem Grund werde ich in den nächsten Tagen einen Premierminister ernennen.“ Auch seine nächste Regierung muss sitzen – denn die geläufigen Möglichkeiten zu reagieren, hat er nun einmal durch. Neuwahlen auszurufen, brachte Frankreich erst in die parlamentarische Blockade und die Nationalversammlung darf erst ein Jahr danach wieder aufgelöst werden.
Der nun angekündigte zweite Versuch einer Regierung mit den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen – einer „im nationalen Interesse“, wie er sagte – schleift den Glanz auch dieses Experiments. Macron appellierte an die Franzosen, sich von den Olympischen Spielen und dem Wiederaufbau von Notre-Dame anstecken zu lassen: „Lassen Sie uns in derselben Weise die Nation wieder aufbauen.“
Eine Möglichkeit bliebe immer: Macrons eigener Rücktritt vor Ende der Amtszeit 2027. Vehement gefordert von der Opposition, gliche er einem Opfer auf dem Altar der Republik – symbolhaft mehr, als dass es den Lauf der Dinge zum Besseren wenden würde. Zwar hat Macron Handlungsfähigkeit zu einem Leitgedanken seiner Politik gemacht und ist von der Kraft der Tat als solcher fasziniert. Vom Rücktritt nicht: „Ich werde nicht die Verantwortung der anderen auf mich nehmen, vor allem nicht von Parlamentariern, die sich bewusst dazu entschieden haben, den Haushalt und die Regierung Frankreichs wenige Tage vor den Weihnachtsfeiertagen zu Fall zu bringen“, sagte er.
Scholz, mit dem die Deutschen durch zu sein scheinen; Macron, der noch etwas länger Zeit hat für ein Comeback von ganz unten in der Gunst: Nicht, dass sie einander jemals verstanden oder gar Europa gemeinsam kraftvoll vorangebracht hätten, aber nun fallen Deutschland und Frankreich gleichzeitig aus. Dabei könnte Europa eine starke gemeinsame Position vertragen: Im handels- wie sicherheitspolitischen Ringen mit Trump, um China keine Gelegenheit zur Spaltung zu geben, um Putin entgegenzutreten.
Ein Vakuum bleibt natürlich keines: Ursula von der Leyen steht bereit, europäische Politik aus Brüssel heraus entscheidend zu prägen – eine in der Geschichte seltene cohabitation zweier geschwächter Vertreter europäischer Staaten mit einer starken Kommissionspräsidentin.
Dabei kommt es zu bitteren Niederlagen: So flog von der Leyen gestern nach Uruguay, um dort das von Frankreich heftigst abgelehnte Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten zu unterzeichnen. Die Ziellinie sei „in Sicht“, teilte sie mit, nun wolle sie sie überschreiten. Das kommt der Bundesregierung entgegen, der Erfolg ist aber einer des Powerplays der Kommission. Ein zweites Beispiel: Die Debatte um Eurobonds für Verteidigungsausgaben bekommt neue Dringlichkeit – vorgetragen etwa nun in der Financial Times von Griechenlands Premierminister Kyriakos Mitsotakis; auch Italien und Polen sind offen. Für von der Leyen bedeutet so ein Instrument einen weiteren Machtzuwachs, Berlin will es nicht.
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt der Eurostaaten bekam den ersten dauerhaften Schaden, als Deutschland – unter Bundeskanzler Gerhard Schröder – und Frankreich ihn unsanktioniert verletzten. Es ist wieder so weit: Beide Länder werden die Grenzen reißen, erwarten Brüsseler Beamte, und mangels Haushalt 2025 auch nicht entschieden gegensteuern können.
Nicht so schlimm, sagten Wohlmeinende lange, eine neue Euro-Krise drohe kaum, die Schwierigkeiten seien schließlich nicht ökonomischer, sondern politischer Natur. Und damit kurzfristig lösbar? Bon.
Fast übersehen
Duell um Mitte: Bei den Grünen in Berlin-Mitte geht es morgen darum, wer Kandidatin oder Kandidat für das Direktmandat wird. Gewonnen hat das vor drei Jahren Hanna Steinmüller, als erste Grüne in Mitte. Steinmüller bewirbt sich erneut und gibt sich optimistisch: „Ich bin zuversichtlich, dass ich sehr viele Menschen überzeugen kann“, sagte sie SZ Dossier.
Der Herausforderer: Jochen Wermuth ist vermögend, hat einst für die Deutsche Bank gearbeitet und in den Neunzigern die Regierung Boris Jelzins beraten. Er ist Finanzinvestor, spezialisiert auf grüne und nachhaltige Investments und bekannt als großzügiger Spender. Mehrmals schon hat er den Grünen Summen von mehreren Hunderttausend Euro überwiesen. In seiner Bewerbung hebt er auf seine Wirtschaftskompetenz und auf breite Beine ab: „Wenn man als Greenpeace Aktivist schon von russischen Sicherheitskräften mit Kalaschnikows gejagt wurde, weiß man [mit] Gefahren umzugehen“, schreibt Wermuth.
Die Wahl: Abstimmen dürfen alle Mitglieder, die im Bundestagswahlkreis Berlin-Mitte wohnen, vorausgesetzt sie sind deutsche Staatsbürger und volljährig. Es wird darauf ankommen, wer die Unterstützung der Basis gewinnt und dort entsprechend vernetzt ist.
Nächster Versuch: Die Grünen haben gestern den Entwurf für ein „Faire-Mieten-Gesetz“ vorgelegt. Noch vor der Bundestagswahl soll damit die Mietpreisbremse bis 2029 verlängert und verschärft werden, Ausnahmen für Wohnungen, die nach 2014 gebaut wurden, sollen ebenso abgeschafft werden wie Ausnahmen für möblierte Wohnungen. Mieterhöhungen bei Bestandsmieten sollen auf neun Prozent in drei Jahren gesenkt werden.
Die Zeit drängt: Die Grünen wollen das Gesetz in der Woche des 16. Dezembers, also in der letzten Sitzungswoche in diesem Jahr, in den Bundestag einbringen. Weil die Zeit drängt, probieren es die Grünen nun nicht über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, sondern einen aus der Mitte des Bundestages heraus. „Wir sind ein selbstbewusstes Parlament und haben leider in der Vergangenheit erlebt, dass das Kabinett nicht sehr zuverlässig war“, sagte Christina-Johanne Schröder, die wohn- und baupolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion gestern.
Wird das was? Die Erfolgsaussichten des Vorhabens sind eher gering, schließlich bräuchte es dafür die Stimmen der Union oder der FDP. In der Union sprachen sich zuletzt Berlins Regierender Bürgermeister, Kai Wegner, und Dennis Radtke, Chef der CDA, für eine Verlängerung der Mietpreisbremse aus. Aus der Bundestagsfraktion kamen hingegen ablehnende Signale. Der Deutsche Städtetag, der Deutsche Mieterbund und der DGB hingegen fordern die Bundesregierung auf, die Mietpreisbremse vor der Wahl noch zu verlängern. Die drei Organisationen wollen sich dazu heute auch noch einmal bei einer gemeinsamen Pressekonferenz äußern.
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Unter eins
Ich als Zeichen: Der ehemalige SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel zu seinem nächsten Mandat
Für Sie gelesen
Roger de Weck will in seinem Buch „Das Prinzip Trotzdem“ (Suhrkamp) den Journalismus vor den Medien retten. Seine These: „Es gibt immer mehr Medien, aber immer weniger Mittel für den Journalismus.“ Gelder flössen nun in die großen Plattformen und nicht mehr in Anzeigen, die einst den Journalismus finanzierten. Das läuft nicht gerade unter Geheimnisverrat.
In seinem Buch skizziert der ehemalige Zeit-Chefredakteur die Geschichte des Journalismus und mündet in einer Warnung. „Zahlreiche Presseverlage wollen ihren Niedergang aufhalten, indem sie das Angebot graduell boulevardisieren, viele Soft-Themen und laute Meinungen bringen“, schreibt de Weck. Für beliebige Reichweite täten sie fast alles. „Der Paradigmenwechsel vom handfesten Produkt zum digitalen Service änderte die Grundhaltung des Journalismus.“
Das ist alles nicht neu, von de Weck aber als sehr lesenswerter Essay zusammengebunden. „Der Zeitgeist prägt den Journalismus stärker, als der Journalismus den Zeitgeist beeinflusst“, schreibt er. De Weck belässt es nicht bei seiner Analyse. Lösungen hat er parat: die bequeme – öffentliche Förderung für Journalismus. Und die ehrgeizige: Ziel europäischer und nationaler Regulierung müsse sein, selbst Plattformen wie X zu einem „Fundament der Demokratie“ zu entwickeln.
Danke! Den Kolleginnen und Kollegen in Berlin und Australien.