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Nutzungsrechte erwerbenDas wollen junge Bundestagskandidierende
Donnerstag, 6. Februar 2025Guten Morgen. Heute wird der Wahl-o-Mat freigeschaltet. Wählerinnen und Wähler können dann hier 38 Thesen zu aktuellen politischen Themen beantworten, um ihre Meinung mit den politischen Positionen der zur Bundestagswahl zugelassenen Parteien zu vergleichen.
Beantwortet wurden die Thesen von allen 29 Parteien, die in mindestens einem Bundesland mit einer Landesliste auf den Stimmzetteln vertreten sind. Die Themen können gewichtet werden, bevor die Zustimmung mit den Parteien errechnet wird. Zu den jeweiligen Positionen gibt es dann wie immer eine kurze Begründung. Dabei wird das Tool immer wichtiger: Der Wahl-o-Mat, den die Bundeszentrale für politische Bildung seit 2002 anbietet, wurde zu sämtlichen Wahlen insgesamt mehr als 130 Millionen Mal genutzt.
In der Zwischenzeit sind auch neue Angebote entstanden. Etwa der „Party-Check“, der die Übereinstimmung zu verschiedenen Politikbereichen zeigt – oder das Tool „Wahl.Chat“, das einen KI-basierten Austausch mit den Wahlprogrammen ermöglicht. Was sie alle vereint: Sie wollen keine Wahlempfehlung abgeben, dafür aber informieren und bei der Entscheidungsfindung helfen. Nicht zuletzt, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Dafür kooperiert die Bundeszentrale nun übrigens auch mit der Dating-App Tinder.
Willkommen am Platz der Republik.
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Was wichtig wird
Mehr Wahlkreise für Merz: Wenn am Sonntag Bundestagswahlen wären, würden die Unionsparteien 221 von 299 Wahlkreisen gewinnen. Zu diesem Ergebnis kommt das neue YouGov-Wahlmodell, das SZ Dossier vorab vorliegt. Anfang Januar hatte das Modell noch 208 Wahlkreise geschätzt. Gleichzeitig zeigen die aktuellen Zahlen: Eine Koalitionsoption wäre ausgeschlossen.
Die Ergebnisse im Detail: Die Union gewinnt in 221 Wahlkreisen (+13), die AfD in 48 Wahlkreisen (-2), die SPD in 25 Wahlkreisen (-10), die Grünen in drei Wahlkreisen (-2), die Linke in zwei Wahlkreisen (+1). Die Linke zeigt insgesamt einen positiven Trend, das BSW bewegt sich auf die Fünfprozenthürde zu. Die Ergebnisse wurden anhand eines statistischen Modells geschätzt, das auf Daten von Befragungen beruht. Es berechnet die derzeitige Wahlabsicht nicht nur national, sondern auch für die Wahlkreisebene.
Wahlabsicht: Das Modell sieht die Union auf Platz eins bei 29 Prozent (-1) und die AfD auf Rang zwei mit 20 Prozent. Es folgen SPD mit 15 (-1), Grüne mit 13 (-1) sowie BSW (-1) und Linke (+2) mit jeweils fünf Prozent. Die FDP kommt auf vier Prozent. Die Sonstigen liegen bei acht Prozent. Im neuen Bundestag kämen CDU und CSU auf 207 Sitze, die AfD auf 142 Sitze, die SPD auf 109 Sitze, die Grünen auf 95 Sitze, das BSW auf 39 Sitze, die Linke auf 37 Sitze. Der SSW wird mit einem Sitz angeführt. Damit würden Union und SPD auf genau 316 von 630 Stimmen kommen. Schwarz-Grün hätte hingegen keine Mehrheit.
Linkes Momentum: In einigen Wahlkreisen hat sich viel getan seit dem letzten Modell im Januar (SZ Dossier berichtete). Auch bei den „Silberlocken“ der Linken: Gregor Gysi und Bodo Ramelow liegen jetzt vorn, Ramelow allerdings nur hauchdünn. Dietmar Bartsch ist derzeit weit davon entfernt, seinen Wahlkreis zu gewinnen, dafür ist seine Partei aber nah dran in Leipzig II. Drei Direktmandate scheinen nicht mehr utopisch. Das Wahlmodell wurde für die Leserinnen und Leser vom Platz der Republik bereits hier freigeschaltet.
Zur Methodik: Das Meinungsforschungsinstitut verwendet ein „Mehrebenen-Regressionsmodell mit Poststratifikation“. Dieses wurde mit einer Stichprobe von 9 322 wahlberechtigten Mitgliedern aus dem Panel gefüttert, um Beziehungen zwischen den Merkmalen von Wählerinnen und Wählern und Wahlabsicht zu ermitteln. In einem zweiten Schritt wurden diese Beziehungen genutzt, um die politische Stimmung in Bundesländern und Wahlkreisen zu schätzen (mehr dazu hier). Berichtet werden wahrscheinliche Ergebnisse aus einer Reihe von möglichen Ergebnissen; die Interviews wurden im Zeitraum 17.01. bis 05.02.2025 geführt.
Gestern im Kanzleramt dichtete Olaf Scholz: „Gelassen und heiter, so machen wir weiter.“ Ob er sich da schon einen Reim auf die jüngsten Berichte über seine Partei gemacht hatte? SPD-Chef Lars Klingbeil soll ihm wiederholt nahegelegt haben, nicht noch einmal als Kanzlerkandidat anzutreten. Das berichteten Tagesspiegel und t-online gestern. Auch Co-Parteichefin, Saskia Esken und Generalsekretär Matthias Miersch sollen demnach zu der Erkenntnis gelangt sein, die Bundestagswahl sei mit Scholz kaum zu gewinnen.
Kein gutes Zeichen: Gut zweieinhalb Wochen vor der Wahl sind solche Nachrichten alles andere als Rückenwind für einen Kanzler, der ohnehin große Probleme hat, den Rückstand in den Umfragen aufzuholen: Es verfestigt sich der Eindruck, nicht einmal die eigenen Leute hätten an Scholz geglaubt. Auf Anfrage der SZ-Kollegen Georg Ismar und Nicolas Richter dementierte eine Parteisprecherin den Bericht allerdings, die Darstellung sei falsch. Sie bestätigte aber, dass es damals Gespräche der Parteispitze mit Scholz gegeben habe.
Ein Maulwurf? Auf die Frage, ob Klingbeil ihm nahegelegt habe, auf die Kanzlerkandidatur zu verzichten, sagte Scholz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gestern, nein, ein solches Gespräch habe es nie gegeben. „Und ich müsste es ja wissen.“ Gleichwohl gab es in der Partei diesen Gedanken. Und bis Pistorius erklärte, nicht als Kanzlerkandidat zur Verfügung zu stehen, führte die SPD eine Debatte darüber, wer sie in den Wahlkampf führen soll.
Gewichtige Wortmeldungen: Aus dem mitgliederstärksten Landesverband Nordrhein-Westfalen meldeten sich im November etwa mit Wiebke Esdar und Dirk Wiese zwei Politiker aus unterschiedlichen Strömungen zu Wort, die sagten, sie hörten „viel Zuspruch für Boris Pistorius“. Die Frage ist also, wer ein Interesse daran haben könnte, dass das Thema kurz vor der Wahl noch einmal hochkocht. Denn die Medienberichte stützen sich auf Quellen „innerhalb der SPD“ und deren Umfeld.
Schnell weiter: Hört man sich in der SPD um, wiegeln die Genossen ab, üben sich in Zurückhaltung. Jetzt bloß nicht die Debatte weiter am Laufen halten. „Wir dürfen uns nicht ablenken lassen“, sagte etwa die Bundestagsabgeordnete Jessica Rosenthal.
Eigentlich wollen die Grünen gerade über andere Dinge sprechen. Die Parteivorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak haben ein Maßnahmenpaket vorgelegt, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Sie wollen unter anderem Investitionen in die Kita-Qualität verdoppeln, Arbeitszeit und -ort flexibilisieren sowie den Zugang zu Gründungskapital für Frauen verbessern. Acht Punkte enthält das Paket insgesamt.
Noch ein Plan: Weiter schleppt die Partei aber den Umgang mit dem Thema Migration mit sich herum. Die Grüne Jugend Niedersachsen warf Kanzlerkandidat Robert Habeck in einem Beitrag in sozialen Medien Wortbruch vor, nachdem er am Montag einen Zehn-Punkte-Plan für eine Sicherheitsoffensive veröffentlicht hatte. Den Post hat der Parteinachwuchs zwar inzwischen gelöscht. Dafür hat der Bundesverband der Grünen Jugend nun einen eigenen Zehn-Punkte-Plan zum Thema Migration veröffentlicht, über den meine Kollegin Vivien Timmler exklusiv berichtet hat.
Tenor: Das Grundrecht auf Asyl sei nicht verhandelbar, heißt es in dem Plan mit dem Titel „Humanität durch Sozialstaat“. Die Probleme im europäischen Asylsystem löse man nicht durch strengere und schärfere Maßnahmen, schreibt die Grüne Jugend. Und sie hat auch noch einen Seitenhieb auf den eigenen Kanzlerkandidaten eingebaut. Habeck forderte, nicht-deutsche Gefährder und Schwerkriminelle abzuschieben, die Grüne Jugend plädiert hingegen dafür, sie sollten ihre Straftaten hierzulande verbüßen.
Ein Signal soll her: Habeck selbst war am Dienstagabend zu Gast bei Markus Lanz und sagte dort, jenseits des ganzen Streits sollten Friedrich Merz, Olaf Scholz und er ein Signal senden, „dass es einen stabilen demokratischen Konsens der Mitte immer noch gibt“. Das solle deutlich machen, dass es mehr Gemeinsames als Trennendes gebe. Vielleicht gelinge es ihnen ja, sagte Habeck, ein paar Punkte zu finden, wo sie alle übereinstimmten. Als Ideen nannte er eine gemeinsame europäische Linie gegenüber Donald Trump, die europäische Unterstützung der Ukraine oder eine Entlastung bei den Strompreisen.
Grönlands Regierungschef Múte Egede geht in die Offensive. Angesichts der Drohungen von US-Präsident Donald Trump hat er für den 11. März vorgezogene Neuwahlen auf der Insel angesetzt. Man befinde sich in einer ernsten Zeit, wie sie das Land noch nie erlebt habe. Der Druck ist so groß, dass man sogar die Regel aussetzt, der zufolge eigentlich sechs Wochen zwischen Ausrufung und dem Abhalten einer Parlamentswahl liegen müssen. Unser Dossier Geoökonomie berichtet.
Gesetz gegen Einmischung von außen: Um externe Einmischungen auf die Wahl zu verhindern, wurde zudem ein Gesetz verabschiedet, das ausländische und anonyme politische Spenden verbietet. In der Begründung hieß es, es bestünden geopolitische Spannungen, in denen „eine verbündete Supermacht Interesse an der Übernahme und Kontrolle Grönlands bekundet hat“. Seit Trumps Drohung, Grönland – notfalls mit Gewalt – übernehmen zu wollen, sind in den sozialen Medien vermehrt gefälschte Beiträge aufgetaucht, die für die Unabhängigkeit Grönlands werben.
Nato-Soldaten nach Grönland? Grönland ist autonomes Gebiet innerhalb des Königreiches Dänemark, das auch die Außen- und Verteidigungspolitik der Insel regelt. So will Dänemark mit Initiativen in Höhe von fast zwei Milliarden Euro seine Präsenz auf Grönland, in der Arktis und im Nordatlantik verstärken. In Brüssel diskutierten Europas Staats- und Regierungschefs die Idee, Nato-Soldaten auf Grönland zu stationieren. Sowohl Egede als auch die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen stellten zuletzt klar, dass Grönland nicht zum Verkauf stehe. Egede ist überzeugt, dass Grönländer „keine Amerikaner sein wollen“. Dafür will er sich nun die Zustimmung des Volkes holen.
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Tiefgang
Ihre Kreuzchen machen dürfen bei der Bundestagswahl am 23. Februar mindestens 59,2 Millionen Menschen, schätzt das Statistische Bundesamt. Darunter auch rund 2,3 Millionen Erstwählerinnen und Erstwähler und insgesamt 7,9 Millionen Deutsche unter 30 Jahren. Das sind nur etwas mehr als 13 Prozent aller Wahlberechtigten.
Die Sichtweisen und Themen der jüngeren Generationen bleiben im Wahlkampf oft auf der Strecke. Eine Umfrage von SZ Dossier unter vier jungen Kandidierenden zeigt: Es sind ähnliche Themen, die sie und ihre Generation beschäftigen, vor allem bezahlbarer Wohnraum und die Zukunftsaussichten – und dann hat jeder noch ein paar Klassiker aus dem eigenen Wahlprogramm im Angebot.
Der 18-jährige Schüler Luca Saß aus Jena kandidiert für den Thüringer Landesverband des BSW auf Listenplatz 3. „Für mich als jüngsten Bundestagskandidaten zu dieser Wahl stehen ganz klar die Themen Frieden und Soziales im Vordergrund. In meinem Umfeld bewegen diese Themen die meisten jungen Menschen“, sagt er. Er wolle der Angst entgegentreten, womöglich „einen Krieg im eigenen Land zu haben“.
Zeitgleich bedeute der Mangel an Wohnungen generell eine Herausforderung für junge Familien und junge Menschen. „Es liegt an uns, dafür zu sorgen, dass die Lebensqualität auch in ländlichen Gebieten wieder erhöht wird durch gezielte Investitionen in bessere Anbindungen mittels ÖPNV und Infrastruktur“, sagt Saß. Das Thema Bildung sei ebenfalls eine zentrale Frage, die viele junge Menschen beschäftige. „Jeder muss die gleichen Bildungschancen haben, egal aus welchem Elternhaus man stammt“, so Saß.
Die Stimmung sei aktuell eher durchwachsen: „Vielen jungen Menschen fehlen generell die Stimmen anderer junger Menschen in der Politik auf Bundesebene“, sagt er. Vielen fehle zudem der gesellschaftliche Zusammenhalt – der gemeinsame Wille, Fortschritt zu erreichen. „Extremismus, egal ob links oder rechts, sorgt bei vielen jungen und älteren Menschen für Angst.“
Johannes Winkel, 33 Jahre alt, ist der Vorsitzende der Jungen Union, Volljurist und gleichzeitig CDU-Bundestagskandidat im Düsseldorfer Süden. „Viele junge Menschen blicken heute mit Sorge in die Zukunft, weil sie befürchten, den Lebensstandard ihrer Eltern nicht halten oder erreichen zu können“, sagt Winkel. Finanzielle Stabilität, sichere Jobs und bezahlbarer Wohnraum seien oftmals Themen junger Leute.
„Ich habe nicht das Gefühl, dass die Stimmen der Jungwähler ausreichend gehört werden. Wir leben in einer Republik der Alten“, so Winkel. Die Politik kümmere sich aus „kurzfristigem Gewinnstreben“ um die Stimmen der größten Wählergruppe, also der Ü60-Jährigen. Gleichzeitig sieht Winkel die Folgen einer „gescheiterten Migrationspolitik“ und den „zunehmenden Einfluss des Islamismus, der das gesellschaftliche Miteinander belastet und Unsicherheit schafft“.
Die 29-jährige IT-Beraterin Rebecca Lenhard kandidiert für die Grünen in Nürnberg. „Junge Menschen verdienen echte Mitbestimmung und faire Chancen. Deshalb setze ich mich für Wahlalter 16 und starke Jugendparlamente ein. Wer die Zukunft gestaltet, muss mitentscheiden können“, sagt sie. Zudem dürfe Bildung nicht vom Geldbeutel abhängen, weshalb sie mit einem „Zukunftsinvestitionsprogramm“ die Schulen modernisieren will. Sonst: 15 Euro Mindestlohn, bezahlbarer Wohnraum und Wohnheime sowie ein günstiges Deutschlandticket.
Ihr sei auch ein „Klimaschutz mit Zukunftsperspektive“ wichtig. „Mehr erneuerbare Energien, klimafreundliche Städte und eine Verkehrswende, die niemanden abhängt“, so Lenhard. „Jung- und Erstwählende sind politisch wacher, als oft behauptet wird. In Gesprächen höre ich immer wieder, dass sie sich stark für ihre Zukunft, Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und Bildungschancen interessieren“, sagt sie. Viele würden sich Sorgen machen um die Finanzierung von Studium oder Ausbildung, bezahlbaren Wohnraum – und eben sichere Zukunftsperspektiven.
Lenhard glaubt, dass politische Entscheidungen oft kurzfristig getroffen werden, ohne ihre langfristigen Auswirkungen auf junge Generationen ausreichend mitzudenken. „Um das zu ändern, müssen wir junge Menschen stärker repräsentieren und aktiv in Entscheidungen einbinden.“
Matti Karstedt, Jahrgang 1996, ist Generalsekretär der FDP Brandenburg und kandidiert dort auf Listenplatz 2. „Junge Leute werden in der Politik oft übersehen – vor allem, wenn sie nicht in Berlin, München oder Hamburg wohnen“, sagt er. Die meisten Jugendlichen, sagt er, träumen nicht von weniger, sondern von mehr: „Mehr Freiheit, mehr Chancen, mehr Wohlstand“, so Karstedt.
Wie er ausführt, hörten sie die Sängerin Nina Chuba mit Liedzeilen wie „Ich will Immos, ich will Dollars, ich will fliegen wie bei Marvel“. Diejenigen, die er treffe, würden auch gerne etwas bewegen. „Aber sie haben keine Lust mehr auf Politik, die sich nur um sich selbst dreht“, sagt er. Der Staat blockiere sie mit Bürokratie, nehme ihnen die Hälfte vom Gehalt und liefere nicht, was er verspreche. „Sie sind genervt – aber nicht, weil sie politikverdrossen sind, sondern weil sie phrasenverdrossen sind“, sagt er.
Der nächste Bundestag müsse ran: vom Bildungsföderalismus bis zur Rente. „Die Umlagefinanzierung hält dem demografischen Wandel nicht stand – und jeder weiß es. Trotzdem ändert sich nichts, weil sich mit Rentenerhöhungen großartig wahlkämpfen lässt“, so Karstedt. Stattdessen fordert er eine kapitalgedeckte Rente: „Wir dürfen die Enkel nicht mehr gegen die Großeltern ausspielen.“ Gabriel Rinaldi, Moritz Jägemann
Fast übersehen
CDU-Wahlkämpfer attackiert: Zwei Mitglieder der Jungen Union sind am Dienstagabend in Berlin angegriffen worden, als sie in Schöneberg Flyer in Briefkästen warfen. Laut Mitteilung der Polizei soll ein Unbekannter die beiden zuerst beleidigt und anschließend einen der beiden körperlich angegangen haben. Der Angegriffene sei daraufhin gestürzt und habe sich ein Hämatom am Oberschenkel zugezogen, außerdem sei sein Handy dabei zerbrochen.
Aggressivität steigt: Vor allem seit der Abstimmung der Union zusammen mit der AfD vergangene Woche im Bundestag häufen sich die Anfeindungen gegen die CDU. Kreisgeschäftsstellen seien besetzt, Wahlkreisbüros mit Farbbeuteln beworfen worden, teilte die Partei gestern auf ihrer Homepage mit. Das Konrad-Adenauer-Haus in Berlin sei zwischenzeitlich regelrecht belagert worden. „Mittlerweile haben Ehrenamtliche Angst, an den Infostand zu gehen“, sagte Jan-Marco Luczak, Bundestagsabgeordneter aus Berlin. Deutschlandweit, so teilt die CDU mit, seien Parteiaktionen zur Plakatierung abgebrochen, Infostände abgebaut worden, „in Oldenburg sogar unter Polizeischutz“.
Grüne angegriffen: Am Mittwochmorgen kam es – ebenfalls in Berlin – erneut zu Angriffen. Diesmal waren Wahlkampfhelfer der Grünen das Ziel. In Tempelhof soll ein Mann einem 26-jährigen Wahlkampfhelfer auf einen Flyer gespuckt und ihn homophob beleidigt und bedroht haben, teilte die Polizei mit. Kurz darauf soll ein ebenfalls unbekannter Mann am selben U-Bahnhof einen 41-jährigen Wahlkämpfer der Grünen bedroht und beleidigt haben. Laut Mitteilung der Polizei soll der Unbekannte dem 41-Jährigen ins Gesicht und die Flyer aus der Hand geschlagen haben. Die Polizei prüft, ob ein Zusammenhang zwischen den Taten besteht.
Rekord für eine Bundestagsrede: Die Linken-Abgeordnete Heidi Reichinnek ist mit ihrer Rede nach der Migrationsdebatte im Parlament vergangene Woche zu neuer Hochform aufgelaufen. Ein Blick in die Statistiken zeigt: Videos mit Auszügen der Rede, in der die Spitzenkandidatin der Linken die Unionsfraktion scharf kritisiert, erreichten in sozialen Netzwerken Klick-Rekorde.
Ungewohnter Schwung: Bis Mittwochmorgen zählte die Linke bereits 29 Millionen Video-Views auf verschiedenen Plattformen. Für die Partei sind das die besten Zahlen jemals – und auch über alle Parteigrenzen hinweg dürfte es sich um rekordverdächtige Abrufe für eine Bundestagsrede handeln, meldete Meedia gestern. In den vergangenen Tagen sind bei der Linken nicht nur die Abrufzahlen gestiegen, sondern auch die Umfragewerte: In den jüngsten Erhebungen von Forsa, Insa und YouGov lag die Partei jeweils über der Fünfprozenthürde.
Viel Licht, viel Schatten fürs Klima: Die Emissionen in Deutschland sind zurückgegangen, nicht zuletzt aufgrund der wirtschaftlichen Flaute, mehr Windenergieanlagen an Land wurden genehmigt und die Gebäude werden effizienter gefördert – doch das reicht noch lange nicht. Zu dem Schluss kam der Expertenrat für Klimafragen gestern und stellte der Ampel-Regierung eine gemischte Bilanz ihrer Klimapolitik aus.
So wird das Ziel verfehlt: Besonders in den Bereichen Gebäude und Verkehr müsse in der neuen Regierung mehr erreicht werden, teilte der Rat mit. Schreibe man die Entwicklung der Emissionen linear fort, könne das Ziel, bis 2030 65 Prozent der Emissionen gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren, nicht eingehalten werden, sagte Hans-Martin Henning, der Vorsitzende des Gremiums.
Habecks Heizungsgesetz: Henning warnte zudem davor, das Heizungsgesetz der Ampel abzuschaffen. „Ich hielte es für gefährlich, das leichtfertig zurückzudrehen“, sagte er. Das Gesetz sei im Paket mit den Fördermaßnahmen und der kommunalen Wärmeplanung stimmig. „Eine Rückkehr zu fossilen Heizungen kann im Sinne des Klimaschutzes nicht richtig sein“, sagte Henning. Die Umstellung auf strombasierte Wärmepumpen oder Elektroautos verlaufe eher zu langsam. Mehr dazu hier von Thomas Hummel.
Unter eins
BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht über die Bundestagswahl
Zu guter Letzt
Was zunächst wie eine deutschlandweite Aktion von radikalen Klimaaktivisten aussah, entpuppt sich wohl als ausländische Einmischung in den deutschen Wahlkampf. Wie der Spiegel berichtet, machen deutsche Sicherheitsbehörden Russland dafür verantwortlich, hinter einer Sabotageserie zu stecken: Mehr als 270 Fahrzeuge wurden in mehreren Bundesländern beschädigt, Medien berichteten im Dezember bereits von „Klima-Radikalen“.
Das Muster war recht simpel: Auspuffrohre wurden mit Bauschaum verstopft, an den Tatorten wurden Aufkleber mit dem Slogan „Grüner sein!“ und Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck hinterlassen. Solche Attacken gab es in Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg und Bayern. Laut des Berichts sei in Schönefeld ein verdächtiger Opel-Transporter mit Ulmer Nummernschild kontrolliert worden. Die Beamten fanden nur Bauschaum, der Wagen durfte weiter. In der Nacht wurden dann aber 43 Fahrzeuge lahmgelegt.
Die drei mutmaßlichen Saboteure im Opel-Transporter sollen gezielt von einem „Russen“ per Chat angeworben worden sein: Laut Spiegel sollten sie bundesweit Autos mit Montageschaum lahmlegen und die Aufkleber hinterlassen. Im Gegenzug sollen sie mehrere Tausend Euro bekommen haben. Bei Wohnungsdurchsuchungen in Ulm sei unter anderem weiterer Bauschaum sichergestellt worden. Sicherheitskreise sehen eine gezielte Absicht, im Bundestagswahlkampf Hass auf die Grünen und Habeck zu schüren und die Gesellschaft zu spalten.
Grazie mille! Dem Team in Berlin, den Kolleginnen in Australien.