Unsere Kernprodukte
Im Fokus
Weitere SZ-Produkte
Shops und Marktplätze
Media & Service
Partnerangebote
Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?
Anzeige inserierenMöchten Sie unsere Texte nachdrucken, vervielfältigen oder öffentlich zugänglich machen?
Nutzungsrechte erwerbenGuten Morgen. Die Freien Wähler (FW) haben es eingesehen: Sie können das Finanzpaket von Union und SPD nicht aufhalten. „Auch wenn das völliger Wahnsinn ist: Die CSU kann auch ohne uns im Bundesrat zustimmen“, gab sich FW-Chef Hubert Aiwanger gegenüber der Augsburger Allgemeinen geschlagen. Gestern Abend beschloss dann die bayerische Koalition auch formell, das Paket nicht weiter zu blockieren.
Das dürfte die Union etwas erleichtern: eine Baustelle weniger auf dem Weg zur Reform des Grundgesetzes. Heute steht jedoch erstmal die abschließende Lesung im Bundestag an, auch da müssen die künftigen Koalitionäre von Schwarz-Rot die Macht der Abweichler fürchten.
Willkommen am Platz der Republik.
Was wichtig wird
Das Ringen um die Reform der Schuldenbremse und das Billionen-Paket für Verteidigung und Infrastruktur geht heute in die vorletzte Runde. Um zehn Uhr tritt der 20. Deutsche Bundestag nun wirklich zum allerletzten Mal und zur abschließenden Beratung zusammen. Die namentliche Abstimmung soll dann zugunsten von Union und SPD ausgehen. Doch noch ist nichts ausgemacht.
Krankheitsfälle: Der SPD-Fraktionsvorsitzende Lars Klingbeil meldete gestern für seine Truppe eine erkrankte Abgeordnete und eine sichere Nein-Stimme; die Unionsfraktion geht laut Friedrich Merz von „einer Handvoll Abweichlern“ aus. Union, SPD und Grüne haben zusammen 31 Stimmen mehr, als für die Zweitdrittelmehrheit nötig sind.
Kommt auf den Bundesrat an: Dort sieht es für die Abstimmung am Freitag anders aus. Aus Bayern kam zwar gestern das Signal, dass die Freien Wähler die Abstimmung nicht mehr blockieren, aber die Länder mit BSW-Regierungsbeteiligung wackeln. So hat ein Appell von Brandenburgs Landeschef Dietmar Woidke (SPD) an das BSW nichts gebracht: Das Bündnis Sahra Wagenknecht bleibt bei seiner Ablehnung neuer Schulden für die Verteidigung.
Konsolidierung: Währenddessen spricht die Union schon von nötigen Konsolidierungen im Haushalt, sie hat ja auch eine Kernklientel, die Wünsche und Vorstellungen hat. Merz verwies auf einen „kurzen Satz im Sondierungspapier, der es aber in sich hat“. Gemeint ist damit die Formulierung: „Wir werden im Rahmen der Haushaltsberatungen auch Einsparungen vornehmen und darüber hinaus schrittweise auf eine ziel- und wirkungsorientierte Haushaltsführung umstellen.“ CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, das Thema sei bei den Koalitionären „adressiert“.
Koalitionsverhandlungen: Ob der bangen Blicke auf die Macht des alten Bundestages können die Architektinnen und Architekten der neuen Regierung fast unbehelligt am Koalitionsvertrag arbeiten. Das von der Führungsebene auferlegte Schweigegebot scheint zu funktionieren.
Kanzlerwahl: Nur bei der Terminierung rudert die Union leicht zurück. Pläne, nach denen er sich am 23. April zum Kanzler wählen lassen will, seien so nicht formell beschlossen worden, sagte Merz gestern. „Es gibt kein festes Datum.“ Das Ziel sei eine „gute Regierung“, zur Not ginge es auch eine Woche später. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch zeigte sich am Montag hingegen optimistisch, „dass wir im Zeitplan bleiben können.“ Die Verhandlungen hätten sehr konstruktiv begonnen.
Kampfabstimmung: Einen Zeitplan gibt es bereits auch für die Mitgliederbefragung in der SPD zum Koalitionsvertrag. Die mehrheitliche Zustimmung der Genossinnen und Genossen ist notwendig, damit die Partei in eine Regierung mit CDU und CSU eintreten kann. Ein digitales Verfahren soll den Vorgang beschleunigen; Miersch betonte gestern mehrmals, eine Zwei-Faktor-Authentifizierung schütze den Prozess vor Missbrauch. Was nicht ganz verhindert werden kann: Dass nun noch neue Mitglieder eintreten, um die Befragung zu beeinflussen.
Die CDU-Politikerin Julia Klöckner soll Bundestagspräsidentin werden. Das hat die Unionsfraktion gestern einstimmig beschlossen, wie sie im Anschluss an eine Fraktionssitzung mitteilte. Klöckner wolle eine „faire Sachwalterin der Interessen des Deutschen Bundestages und aller seiner Abgeordneten gegenüber der Bundesregierung und der Öffentlichkeit“ sein. Andere Fraktionen sind sich noch uneins, wen sie für das Bundestagspräsidium vorschlagen wollen.
Modernisierung des Bundestages: Wie die 52-jährige Abgeordnete aus Rheinland-Pfalz ankündigte, werde sie sich im Falle einer Wahl für eine Modernisierung des Parlaments einsetzen. Also unter anderem eine umfassende Digitalisierung und praxisnahe Modernisierung der Parlamentsarbeit, eine Verschlankung der Verwaltungsabläufe und eine effizientere Gestaltung des parlamentarischen Fragerechts, hieß es aus der Fraktion. Nun muss sie noch bei der konstituierenden Sitzung am 25. März gewählt werden.
Laschet geht leer aus: Für das zweithöchste Amt in Deutschland wurde auch der CDU-Abgeordnete und Ex-Kanzlerkandidat Armin Laschet gehandelt. Gegen Laschet hatte es aber Widerstand aus der CSU gegeben, zudem wollte die Union eine Frau in einem hohen Staatsamt. Merz betonte Klöckners „umfangreiche parlamentarische Erfahrung“. Noch offen ist der Vizeposten der Unionsfraktion, den in Regierungszeiten traditionell die CSU-Landesgruppe besetzt. Wie ein Sprecher SZ Dossier mitteilte, soll die Personalie am Montag gewählt werden.
Grüner Dreikampf: Bislang sind sich nur die Linken mit Bodo Ramelow einig, der ihr Bundestagsvizepräsident werden soll. Bei Grünen und SPD ist hingegen weiter unklar, wer nominiert wird. In der grünen Partei herrscht derzeit ein Dreikampf zwischen Claudia Roth, Katrin Göring-Eckardt und Omid Nouripour: Göring-Eckardt begründete ihre Kandidatur mit ihrer ostdeutschen Herkunft, Nouripour mit seinen bisherigen Ämtern und seines biografischen Hintergrunds. Roth hingegen wolle mit ihrer Erfahrung für eine „kraftvolle und selbstbewusste Rolle des Parlamentes gegenüber der Regierung“ sorgen und „Kräften wie der AfD“ entgegentreten. Die wiederum dürfte bei der Wahl wieder leer ausgehen.
„Natürlich bin ich ein anderer Typ als Christian Lindner“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr, der nun auch FDP-Chef werden will. Auf die Frage, was ihn von Lindner unterscheide, sagte er gestern: „Der Nachname.“ Wer genauer hingehört hat bei der Pressekonferenz im Hans-Dietrich-Genscher-Haus, kam auch noch auf andere Eigenschaften: Er sei immer ein „Team-Leader“ gewesen, sagte Dürr. Und überhaupt komme es jetzt auf ein „starkes Team“ an, auf „neue Köpfe“ und „bekannte Gesichter“.
Soll also auch heißen: Die Zeit der Lindner-FDP ist vorbei, es gibt keine One-Man-Show mehr. Die FDP habe Lindner viel zu verdanken, ja, die Rahmenbedingungen hätten sich aber geändert – gerade im Vergleich zum Ausscheiden 2013. Auch darum soll es jetzt ein Team richten: Dürr wünscht sich auch Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Wolfgang Kubicki als Teil des Präsidiums. „Wenn man hinfällt, dann steht man wieder auf“, sagte Dürr. Die große Aufgabe der FDP sei es, den Liberalismus als Partei in Deutschland ganzheitlich zu betrachten. „Dafür möchte ich Verantwortung übernehmen“, so Dürr.
Teambuilding: Wie Hans-Ulrich Rülke, FDP-Vorsitzender in Baden-Württemberg und Sprecher der Fraktionsvorsitzendenkonferenz, sagte, habe es am Sonntag bei einer Sitzung der Landes- und Fraktionsvorsitzenden in Kiel „einmütige Unterstützung“ für die Dürr-Kandidatur gegeben. Man habe einige Wochen in die Partei hineinhören wollen – jetzt sei aber die Zeit, eine „breite Spitze“ zu finden, mit Persönlichkeiten unterschiedlichen Geschlechts und inhaltlicher Ausrichtung. Darauf wird es nun ankommen in den Wochen bis zum Parteitag im Mai. Es gebe noch keine fertige Parteiführung, sagte Rülke. Die Diskussionen gehen also weiter.
Tiefgang
Deutschlands Unternehmen sehen sich infolge der US-Zölle mit höheren Kosten und Risiken konfrontiert – und suchen den richtigen Umgang damit. Zugleich zeichnen sich erste Möglichkeiten ab, sich auf verschiedene Szenarien eines Handelskonflikts vorzubereiten, der immer weitere Kreise zieht. „Die Unternehmen müssen ihre gesamten Lieferketten im Blick haben“, sagt Melanie Vogelbach, Bereichsleiterin Internationale Wirtschaftspolitik bei der Industrie- und Handelskammer (DIHK).
Übersicht ist die beste Gegenstrategie. Bei vielen der Unternehmen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. „Dazu gehört, die Warengruppen und die HS-Codes ihrer Produkte und Vorprodukte ganz genau zu kennen“, sagt Außenhandelsexpertin Vogelbach. Die Harmonized System Codes sind eine internationale Einteilung von Warengruppen, die für die Zollabfertigung und den internationalen Handel verwendet wird.
So bestimmt der HS-Code, ob ein Produkt von einem Strafzoll betroffen ist oder nicht. Falsche oder unklare Klassifizierungen können dazu führen, dass Unternehmen unnötige Abgaben zahlen oder sogar Sanktionen riskieren.
Essenzieller Teil des Risikomanagements. Ein Beispiel ist die US-Blockade gegen chinesische Solartechnik. Hier kommt es darauf an, welchen HS-Code ein Modul trägt. Umgekehrt müssen Unternehmen wissen, welcher HS-Code für ihre Ware gilt, um von Freihandelsabkommen zu profitieren oder um herauszufinden, ob bestimmte Präferenzzölle gelten. Unternehmen, die ihre HS-Codes nicht genau kennen, riskieren höhere Zölle, Verzögerungen oder gar rechtliche Probleme.
Wen es in welchem Szenario genau trifft, darüber wird derzeit in Berlin und Brüssel diskutiert. Auch Zölle der USA gegen China, Mexiko oder Kanada betreffen deutsche Unternehmen. Ihre Waren werden dort oftmals weiterverarbeitet und anschließend in die USA exportiert.
Das Problem für die Handelsbeobachter: Die Zölle gegen Mexiko und Kanada hat Trump wiederholt angedroht und zum Teil wieder zurückgenommen. Das lässt keine Planungssicherheit zu und rechtfertigt keine Anpassung der Strategie. Da der Handel bisher effizient organisiert war, würde jede Änderung potenziell höhere Kosten mit sich bringen.
Auch für die 6 000 deutschen Unternehmen mit Sitz in den USA wird es daher schwerer zu planen. Sie haben auf internationale Lieferketten gebaut, insbesondere Richtung Mexiko und Kanada – im Vertrauen auf den nordamerikanischen Freihandel, also das USMCA-Abkommen, früher NAFTA.
EU trägt zur Verschärfung des Problems bei. Brüssel plant den Gegenschlag – in Form von weitreichenden eigenen Zöllen. Die Auswirkungen werden sofort auch in Europa zu spüren sein. Es liegt in der Natur von Zöllen, die eigenen Verbraucher und Firmen mindestens ebenso zu treffen wie das Land, „gegen“ das sie verhängt werden.
Made in USA: Einen Teil seiner Ziele scheint Trump mit seiner Zollstrategie jedenfalls zu erreichen: mehr Produktion innerhalb der USA. So ergab jüngst der German American Business Outlook, die jährliche Konjunkturumfrage der Deutsch-Amerikanischen Handelskammern, dass 84 Prozent der deutschen Tochtergesellschaften in den USA ihre Investitionen in den nächsten drei Jahren steigern wollen. Zudem will ein gutes Viertel der Firmen, die bisher gar keine Produktionsstätte in den USA haben, dies in den nächsten drei Jahren ändern. Carolyn Braun
Diesen Text konnten Abonnentinnen und Abonnenten des Dossiers Geoökonomie als Erste lesen.
Fast übersehen
Vom Klimaschutz als einer „rechtlichen Verpflichtung“ hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann gestern gesprochen. Der Klimaschutz sein kein „nettes Extra“ sagte er und warnte die künftige Koalition aus Union und SPD vor einer Aufweichung des Klimaschutzes. Heilmann ist Mitglied der maßgeblich von CDU- und CSU-Politikern unterstützten Klimaunion. Im Auftrag der Klimaunion haben die Staatsrechtler Christian Calliess und Gregor Kirchhof ein Gutachten erstellt.
Der Staat muss es besser machen: Nach Einschätzung der Rechtsexperten handelt verfassungswidrig, wer den Klimaschutz abschwächt – und riskiert dabei gerichtliche Konsequenzen. Demnach sei der Staat verpflichtet, Klimaschutz konsequent voranzutreiben. Konkrete Maßnahmen könnten nur zurückgenommen werden, wenn sie durch andere Maßnahmen mit mindestens dem gleichen Ambitionsniveau ersetzt würden, heißt es in dem Gutachten.
Nur aus guten Gründen: Das heißt, dass die neue Bundesregierung auch das umstrittene Heizungsgesetz nicht ersatzlos abschaffen oder grundlegend ändern kann. Wenn gesetzliche Maßnahmen im Klimaschutz verändert werden, gelte ein „Verschlechterungsverbot“, sagte Heilmann.
Einmal eingeführte Emissionsreduktionen dürften nur dann gelockert werden, wenn dafür überzeugende wissenschaftliche oder rechtliche Gründe vorliegen, heißt es dazu im Gutachten.
Kritik nach Pipeline-Vorstoß: CDU-Politiker Thomas Bareiß hat mit einem Vorschlag für Unmut gesorgt. Der Abgeordnete hatte in einem Linkedin-Beitrag vorgeschlagen, die Gaspipeline Nord Stream II zu reparieren und nach einem Friedensschluss in der Ukraine in Betrieb zu nehmen. „Natürlich kann dann auch wieder Gas fließen, vielleicht diesmal dann in einer Pipeline unter US-amerikanischer Kontrolle“, schreibt Bareiß in seinem Post. Die Pipeline könne „Teil eines Trump-Deals mit Russland werden“.
Die Reaktionen folgten prompt: SPD-Außenpolitiker Michael Roth nannte den Vorschlag „das völlig falsche Signal zur völlig falschen Zeit“. Grünen-Politikerin Ricarda Lang sprach gar von einer „Moskau-Connection“ in der CDU. Bareiß, dem während der Coronapandemie vorgeworfen wurde, zu enge Kontakte nach Aserbaidschan zu haben und Lobbyarbeit für Baku zu leisten, sitzt derzeit bei den Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Verkehr, Infrastruktur, Bauen und Wohnen.
Unter eins
Grünen-Parteichefin Franziska Brantner befürchtet, dass sich die Politik früherer schwarz-roter Regierungen nach diesem Muster wiederholt
Zu guter Letzt
Die Digitalisierung geht in Deutschland zu langsam voran? Von wegen! Niedersachsen rüstet auf, um im Falle von Pannen während der Abiturprüfung schnell alle betroffenen Schülerinnen und Schüler zu erreichen. Nachdem im vergangenen Jahr ein Einbruch an einer Schule zu Verzögerungen bei den Abiprüfungen im Fach Politik und Wirtschaft geführt hatte, gibt das Kultusministerium in Niedersachsen nun neue Notfallpläne aus.
Sollte erneut ein Austausch der Aufgaben oder eine Absage einer Prüfung nötig sein, soll den Schulen der Austausch mit den Organisatoren des Abiturs erleichtert werden – etwa per SMS und Chatfunktion, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. 85 Prozent der Schulen mit Abiprüfungen haben sich laut Ministerium für das Angebot gemeldet. Ein Einbruch an einer Schule im Harz hatte vergangenes Jahr zu Verzögerungen bei Prüfungen geführt, weil nicht sichergestellt werden konnte, dass die landesweit einheitlichen Aufgaben nicht weitergegeben wurden.