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Nutzungsrechte erwerbenWo Schwarz und Rot noch uneins sind
Donnerstag, 27. März 2025Guten Morgen. Die Chefverhandlerinnen und Chefverhandler von Union und SPD treffen sich morgen im Willy-Brandt-Haus, um über die Ergebnisse der Arbeitsgruppen zu sprechen und damit den Koalitionsvertrag weiter auszuarbeiten.
Wie die drei Generalsekretäre Matthias Miersch (SPD), Carsten Linnemann (CDU) und Martin Huber (CSU) in einer gemeinsamen Erklärung mitteilten, sollen die Gespräche „vertraulich“ und künftig im Wechsel im Konrad-Adenauer-Haus, im Willy-Brandt-Haus und in der Bayerischen Landesvertretung stattfinden.
Nicht alle aus den Reihen der drei Parteien scheinen das mit der Vertraulichkeit so streng zu nehmen: Auch gestern erreichten uns wieder Papiere aus den Arbeitsgruppen, aus denen sich der bisherige Stand der Verhandlungen ablesen lässt. Die Dokumente sind mittlerweile fast vollständig im Umlauf. Worüber wir bereits berichtet haben, lesen Sie hier.
Bei welchen Punkten der neuen Papiere es noch besonders laut knirscht und wo man sich einig ist, schauen wir uns heute an. Willkommen am Platz der Republik.
Was wichtig wird
Trotz der Verfassungsänderungen der vergangenen Woche könnten die Finanzen der schwerste Teil der Koalitionsverhandlungen werden. In der Arbeitsgruppe „Haushalt, Finanzen, Steuern“ jedenfalls haben Union und SPD bei den wichtigsten Punkten weiterhin unterschiedliche Auffassungen. Was nicht schon im Sondierungspapier vereinbart wurde – etwa die Reduzierung der Stromsteuer oder die Senkung der Umsatzsteuer für Restaurants – muss nun von der Spitzenrunde geklärt werden.
Schnelle Abschreibungen: Zur Entlastung der Unternehmen und Ankurbelung der Wirtschaft wollen beide Seiten im Prinzip ab 2025 für vier Jahre eine „stark degressive“ Abschreibung einführen. Das macht Investitionen attraktiver. Die Union will zusätzlich ab 2026 die Körperschaftsteuer schrittweise auf zehn Prozent senken, die SPD nur um einen Punkt auf 14 Prozent und erst ab 2029, wenn die Sonderabschreibungen wieder auslaufen.
Spitzensteuer umstritten: Bei der geplanten Reform der Einkommensteuer haben sich beide Seiten noch nicht von ihren Wahlprogrammen wegbewegt. Die SPD will 95 Prozent der Steuerzahler entlasten, vor allem durch einen höheren Grundfreibetrag. Damit die Sache für den Staat aufkommensneutral ist, soll der Spitzensteuersatz auf 47 und die Reichensteuer auf 49 Prozent angehoben werden. Die Union dagegen will den Spitzensteuersatz bei 42 Prozent belassen und den sogenannten Mittelstandsbauch schrittweise abbauen. Die SPD will für große Vermögen die Vermögensteuer wieder einführen und Multi-Millionen Erbschaften stärker besteuern, für die wegen der Sonderregelungen für Betriebsvermögen oft geringere Sätze fällig werden als bei mittelgroßen Erbschaften.
Finanzierungsvorbehalt: Je stärker Steuern gesenkt werden, desto weniger Geld bleibt für andere Ausgaben. Da aus den anderen Koalitionsarbeitsgruppen mehr Ideen für neue Ausgaben als für Einsparungen kommen, haben die Finanzer vorgebeugt: „Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt“. Und der Koalitionsvertrag soll die Prioritäten festlegen, die „entsprechend der Haushaltslage“ angegangen werden. Der künftige Finanzminister wird also eine starke Rolle haben.
Wie zu erwarten war, liegt im Papier der AG Arbeit und Soziales noch einiges im Argen – schließlich ist dies einer der Bereiche, in denen die Interessen der künftigen Koalition naturgemäß auseinanderlaufen: Zwar gibt es zahlreiche Themen, bei denen sich die Verhandlerinnen und Verhandler bereits einig werden konnten, aber viele Stellen im Dokument stehen weiter in Rot oder Blau.
Wo Einigung besteht: Die Anwerbung von Fachkräften und die Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen sind zwei der wichtigsten Punkte für den Arbeitsmarkt und stehen gleich zu Anfang des Papiers. So soll eine zentrale IT-Plattform für ausländische Fachkräfte geschaffen werden. Außerdem soll die Geringverdienerförderung verbessert und die betriebliche Altersvorsorge leichter zugänglich gemacht werden. In Sachen Inklusion soll das Behindertengleichstellungsgesetz ausgebaut werden.
Es weht jetzt ein kälterer Wind. Das bisherige Bürgergeldsystem soll zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende umgestaltet werden, da ist man sich einig. „Jede arbeitslose Person hat sich aktiv um Beschäftigung zu bemühen“, heißt es im Papier. Sanktionen sollen nach dem Willen von Schwarz-Rot künftig „schneller, einfacher und unbürokratischer“ durchgesetzt werden können. Dabei soll jedoch die besondere Situation von Menschen mit psychischen Erkrankungen berücksichtigt werden. Künftig soll zudem die Höhe des Schonvermögens an die Lebensleistung gekoppelt werden, zudem wird die Karenzzeit für Vermögen abgeschafft.
Wo es noch knirscht: In Sachen Tarifbindung sind sich die künftigen Partner noch uneins. So will die SPD ein arbeitsrechtliches Verbandsklagerecht für Gewerkschaften; die Union hingegen will, dass das Tariftreuegesetz erst ab einem Auftragsvolumen über 250 000 Euro zur Anwendung kommt. CDU und CSU wollen zudem „die Pflicht zur Erfassung von Arbeitszeiten unbürokratisch regeln“ – die Sozialdemokraten hingegen eine „gesetzliche Regelung der elektronischen Arbeitszeiterfassung“.
Einige Phrasen finden sich in einem Papier der AG Bürokratierückbau und Staatsmodernisierung: Von einem „Team Deutschland“ ist etwa die Rede, in dem sich die Ministerinnen und Minister aktiv für Reformen einbringen. Einig sind sich Union und SPD, dass eine „Modernisierungsagenda“ kommen soll. Nur: Die Union hätte es gerne in den ersten sechs Monaten, weshalb die Stelle in eckigen Klammern steht. Die wichtigsten Punkte im Überblick.
Das neue Selbstverständnis: „Unsere Verwaltung soll vernetzt, effizient und leistungsfähig sowie niedrigschwellig und nutzerfreundlich für alle erreichbar sein“, heißt es im Papier. Die SPD merkt noch in Rot an, dass man die Leistungen barrierefrei und mehrsprachig anbieten solle. Einen Schwerpunkt bilden „antragslose Verfahren“: So sollen Eltern nach der Geburt eines Kindes etwa automatisch einen Kindergeldbescheid erhalten.
Die zwei Prinzipien: „Digital Only“ und „One-Stop-Shop“. Das heißt, dass Leistungen der Verwaltung digital über eine zentrale Online-Plattform ermöglicht werden sollen, ohne Behördengang oder Schriftform. Dafür soll laut des Papiers jeder Bürger verpflichtend ein Bürgerkonto und eine digitale Identität erhalten. So ganz only geht es dann aber scheinbar doch nicht: „Wer den digitalen Weg nicht gehen will oder kann, erhält Hilfe vor Ort“, heißt es. Auch genannt wird der „Once-Only“-Grundsatz: Es soll gegenüber dem Staat keine doppelte Erhebung von Daten mehr geben.
Mentalitätswechsel: Die Regierung soll mehr „durch Missionsorientierung“ über Ressortgrenzen hinaus arbeiten und damit „Silodenken überdenken“. Zudem soll mehr in Szenarien gedacht werden: „Das Instrument der strategischen Vorausschau werden wir wirksam verankern“, heißt es.
Insgesamt soll es effizienter werden: Standardisierte Aufgaben wie IT oder Personal sollen gebündelt werden. Die Union wünscht sich eine Bundespersonalagentur. Und: Die Voraussetzungen für die Verwaltungslaufbahnen sollen geöffnet und die Durchlässigkeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft verbessert werden. Ebenfalls im Papier steht eine Änderung von Art. 91c des Grundgesetzes in Abstimmung mit den Ländern: Sollte sie durchgehen, könnte der Bund Standards zentral regeln und Systeme für alle errichten und betreiben.
Und weniger transparent? Abschaffen möchte die Union laut des Papiers hingegen das Informationsfreiheitsgesetz „in der bisherigen Form“. Das Gesetz regelt seit 2006 den Anspruch von Bürgerinnen und Bürgern auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber Bundesbehörden. Der Vorschlag ist noch nicht geeint.
Die Arbeitsgruppe Gesundheit scheint sich im Ergebnis erstaunlich einig zu sein. Nur zwei Forderungen stehen noch in eckigen Klammern: Zum einen ein stärkerer Fokus auf die gesundheitlichen Belange der queeren Community und zum anderen die Forderung nach einer umfassenden Aufarbeitung der Coronapandemie.
Mehr Psychotherapie: Union und SPD bekennen sich in dem Papier deutlich zum Ausbau der psychotherapeutischen Versorgung, die auch im ländlichen Raum und besonders für Kinder und Jugendliche verbessert werden soll. Zudem will Schwarz-Rot das bereits von der Ampelregierung angestrebte Suizidpräventionsgesetz umsetzen und eine Notversorgung durch Psychotherapeuten einführen.
Frauengesundheit im Fokus: Das Papier der AG Gesundheit zeigt auf, bei welchen Punkten es Schnittstellen zu anderen Arbeitsgruppen gibt. Dazu gehören etwa die Themen Wechseljahre und Endometriose, die mit der AG Familie/Frauen abgestimmt werden sollen. In Sachen Frauengesundheit haben die Koalitionäre vereinbart, dass die medizinische Vorsorge, Behandlung und Forschung geschlechts- und diversitätssensibel gestaltet und dabei die speziellen Bedürfnisse in jedem Lebensabschnitt aller Geschlechter berücksichtigt werden sollen.
Selbstbestimmung ade: Im Papier der AG Familien, Senioren, Frauen, Jugend und Demokratie finden sich einige strittige Punkte zu gesellschaftspolitischen Themen. So will die Union das von der Ampel eingeführte Selbstbestimmungsrecht wieder abschaffen und den Umgang mit Prostitution verschärfen. Den Ansatz eines Dreisäulenmodells (Prävention, Repression und Opferschutz) von CDU und CSU lehnt die SPD ab, die Union aber wiederum den Gegenvorschlag der Sozialdemokraten.
Keine strengeren Regeln für Alkohol und Vapes: Weiter lehnt die Union die SPD-Forderungen nach kostenlosen Mittagessen an Schulen und Kitas, die sogenannte Familienstartzeit für Partner und Partnerinnen frisch gebackener Mütter und strengere Regeln für die Bewerbung von Suchtmitteln ab. Die SPD will psychosoziale Zentren für die Betreuung traumatisierter Asylbewerber ausbauen, auch bei diesem Punkt geht die Union nicht mit.
Tiefgang
Die Verhandler der Arbeitsgruppe 10 haben sich ein hehres Ziel gegeben: „Der funktionierende Staat fängt auf kommunaler Ebene an“, steht über dem Ergebnispapier der AG Kommunen, Sport und Ehrenamt. Angesichts undichter Dächer in Schulen und Turnhallen, einstürzender Brücken und maroder Straßen entstand zuletzt ja der Eindruck, dass eben dieser Staat nicht mehr richtig funktioniert.
Die Unterhändler scheinen das Problem also erkannt zu haben. Doch ist das, was sie aufgeschrieben haben auch geeignet, es zu lösen?
Dabei geht es einerseits um die Frage der Finanzen. Erst gestern veröffentlichte das Statistische Bundesamt neue Zahlen zur Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Ergebnis: Zwischen Ende 2023 und Ende 2024 stieg die Verschuldung des Bundes um 2,1 Prozent, die der Länder ebenfalls um 2,1 Prozent – und die der Kommunen um 9,5 Prozent.
In ganz Deutschland stünden Städte, Gemeinden und Landkreise inzwischen „mit dem Rücken zur Wand“, sagt Achim Brötel, Präsident des Deutschen Landkreistages SZ Dossier. „Wenn sich deshalb an unserer Grundfinanzierung nicht schnell etwas ändert, drohen uns Strukturen wegzubrechen“, sagt Brötel.
In ihrem Papier haben die Unterhändler notiert, sich an der „Veranlassungskonnexität“, zu orientieren, also am Grundsatz, wer bestellt, bezahlt. Bürgermeister und Landräte kritisieren immer wieder, dass Bund und Länder von ihnen Aufgaben verlangen, die sie aber nicht in vollem Umfang bezahlen. Auch haben die Verhandler festgehalten, die Kommunalfinanzen systematisch und jenseits von Förderprogrammen zu verbessern. Von einer „Verstetigung und Verlässlichkeit der kommunalen Einnahmen“ ist die Rede, von mehr „Autonomie und Gestaltungsmöglichkeiten“. Die „Ausgabendynamik“ soll durchbrochen, die Kommunen entlastet werden.
Das Papier sei ein „echter Hoffnungsschimmer in ansonsten eher trüben Zeiten“, sagt Brötel, es atme „einen kommunalen Geist“. Den Worten müssten nun aber konkrete Taten folgen. Julia Samtleben, Bürgermeisterin in Stockelsdorf in Schleswig-Holstein und stellvertretende Vorsitzende des Netzwerks Junge Bürgermeister, wird deutlicher: Das Konnexitätsprinzip in ein Papier zu schreiben sei so sinnvoll wie die Aussage, sich ans Grundgesetz zu halten. „Das ist keine politische Leistung, sondern eine Selbstverständlichkeit.“ Die kommunalen Probleme seien bekannt, was fehle sei die Umsetzung, sagt Samtleben SZ Dossier.
Vor allem im Bereich Finanzen bleibt vieles im Ungefähren. Wie sollen Einnahmen verbessert werden? Und bis wann? Dabei gäbe es ja konkrete Ideen. Der Landkreistag schlägt unter anderem vor, den kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer zu verdreifachen.
Auch die Unterhändler aus der AG Finanzen bleiben vage. Zwischen Bund, Ländern und Kommunen sollen Aufgaben und Finanzen fair verteilt sein, schreiben sie. Der Satz: „Wir wollen die Finanzkraft der Kommunen stärken“, steht im roten Farbton der SPD-Verhandler in dem Papier, ist also nicht Konsens.
Uneinig sind sich Union und SPD auch bei der Altschuldenfrage. Die SPD will, dass sich der Bund an einer Lösung beteiligt. Das Bundeskabinett hat im Januar einen entsprechenden Gesetzentwurf des Finanzministeriums beschlossen. Den sehen die Sozialdemokraten als Grundlage, um das Grundgesetz zu ändern, sodass der Bund sich einmalig daran beteiligen kann, hoch verschuldete Kommunen zu entschulden. Die Union sieht den Entwurf hingegen als ungeeignet an, um das Problem zu lösen.
Neben dem Geld geht es den Kommunen auch darum, dass die Arbeit in den Amtsstuben einfacher wird. Hier kündigen die Verhandler der AG Kommunales an, Bürokratie abzubauen. Es soll zum Beispiel einfacher werden, Fördermittel zu beantragen und umzusetzen.
Zuständig für Staatsmodernisierung und Bürokratieabbau ist aber die Arbeitsgruppe 9. Die verständigte sich darauf, „eine ambitionierte Modernisierungsagenda“ für Staat und Verwaltung zu erarbeiten, um den Staat „vom Bürger her“ zu denken. Dazu listet sie eine ganze Reihe von Ideen auf – von „Digital-only“ in der Verwaltung über Praxischecks in der Frühphase der Gesetzgebung bis zur Neuordnung der föderalen Beziehungen. Auch sollen zum Beispiel mindestens 20 Prozent der Verwaltungsvorschriften des Bundes abgeschafft werden, um den Verwaltungen wieder mehr Spielräume zu geben.
So richtig überzeugt ist man in der Praxis aber noch nicht. Finn Thomsen, Bürgermeister im hessischen Großalmerode, sagt, zahlreiche, teils sinnvolle Maßnahmen und ambitionierte Zielvorgaben zum Bürokratieabbau würden zwar benannt. „Eine systematische Strategie zu deren Umsetzung ist jedoch nicht erkennbar.“
Landrat Achim Brötel stößt sich an viel Grundsätzlicherem: Es spreche Bände, dass die Arbeitsgruppe es für nötig halte, den Grundsatz auszurufen, den Staat vom Bürger her zu denken. „Was denn eigentlich sonst?“, sagt Brötel. Für Kommunalpolitiker sei das selbstverständlich, weswegen sie den ganzen Reformprozess über eingebunden sein sollten.
Gelegenheit zum Mitmischen wird es noch häufig geben. Ein Arbeitsgruppenpapier ist schließlich noch nicht das Bundesgesetzblatt. Tim Frehler
Fast übersehen
Deutschlandticket und Deutsche Bahn: Auch beim Verkehr gibt es erste Verhandlungsergebnisse. Wie aus einem Papier der entsprechenden Arbeitsgruppe hervorgeht, soll das Deutschlandticket „über 2025 hinaus“ fortgesetzt werden. „Dabei wird der Anteil der Nutzerfinanzierung ab 2027 schrittweise und sozialverträglich erhöht“, heißt es weiter. Uneins sind sich Union und SPD – wer hätte es gedacht – bei einem generellen Tempolimit: Die SPD will 130 Kilometer pro Stunde auf Autobahnen, die Union lehnt ein generelles Tempolimit ab. Gelder aus der Lkw-Maut sollen wieder in die Straße fließen statt in die Schiene.
Zurückbleiben, bitte: Bei der Bahn planen die Verhandelnden „mittelfristig“ eine grundlegende Reform. DB Infrago, die Infrastrukturtochter der Bahn innerhalb des Konzerns, soll weiter entflochten werden: „Hierzu sind sowohl personelle, rechtliche als auch organisatorische Maßnahmen zu ergreifen“, heißt es. Sowohl im Konzern als auch bei der Tochter sollen Aufsichtsrat und Vorstand neu aufgestellt werden.
Das Ziel: eine Verschlankung und mehr Fachkompetenz. Durch die Reform soll sichergestellt werden, dass die Mittel künftig bei der Schieneninfrastruktur ankommen. Auch sonst sind mehr Investitionen in das Schienennetz geplant: gleichermaßen für Haupt- und Nebenstrecken sowie die Großknoten. Da kommt das Sondervermögen Infrastruktur zum richtigen Zeitpunkt. Und: „Die Digitalisierung und die Elektrifizierung finanzieren wir aus dem KTF“, schreiben die Verhandelnden.
Die Erwartungen der Jungen: Die Junge Gruppe der Unionsfraktion mit ihrem neu gewählten Vorsitzenden Pascal Reddig (CDU) hat Forderungen an eine künftige Koalition aufgeschrieben. Der Gruppe gehören alle Unions-Abgeordneten an, die am Tag der Wahl jünger als 35 Jahre sind. Derzeit sind das 18 Abgeordnete – und damit mehr als die schwarz-rote Mehrheit von zwölf Stimmen.
Kein Weiter-So: „Zu oft wurden Zumutungen einseitig auf die Schultern der jungen Generation abgewälzt“, heißt es in dem Papier, das SZ Dossier vorliegt. Es dürfe jetzt kein „Weiter-So“ geben, von den Verhandlungen müsse ein „klares Signal an die junge Generation“ gehen. Die Abgeordneten nennen fünf Voraussetzungen für eine erfolgreiche Koalition: eine generationengerechte Rentenpolitik, stabile Sozialabgaben, langfristige Investitionen sowie Verteidigungsfähigkeit und Strukturreformen.
Rente und Sozialabgaben: „In dieser Legislatur müssen wir uns auf eine grundlegende Reform der Rente einigen. Eine solche muss die Koppelung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung enthalten“, heißt es. Die Sozialabgaben dürften nicht weiter steigen. „Die Zustimmung zu einer wie auch immer gearteten Kommission zur Reform der Schuldenbremse ist für uns an die Einsetzung einer Kommission zur Reform der Sozialversicherungen geknüpft“, schreibt die Gruppe.
Verteidigung und Strukturreformen: Die jungen Abgeordneten fordern die Einführung einer Wehrpflicht, zudem soll Verteidigung perspektivisch ohne Kreditaufnahme finanziert werden. Unter anderem prüft die Gruppe dafür auch die Einführung eines „Verteidigungs-Solis“. Zudem sollen 15 Prozent der Stellen in der Ministerial- und der Bundestagsverwaltung eingespart, die Zahl der Beauftragten mindestens halbiert und die Zahl der Bundesbehörden deutlich reduziert werden. Auch das Planungs- und Vergaberecht will die Gruppe grundlegend vereinfachen.
Einladung ist raus: Die AfD-Fraktion hat die neu gewählte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner erneut in ihre Fraktionssitzung eingeladen. „Wir freuen uns, wenn Frau Klöckner es einrichten kann, in eine unserer nächsten Sitzungen zu kommen“, sagte die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel dem Tagesspiegel. Vor ihrer Wahl hatte Klöckner erst angeboten, sich der AfD-Fraktion vorzustellen. Die Grünen protestierten.
Am Ende kam es nicht zu dem Besuch: Die AfD habe ihr einen Termin angeboten, zu dem jedoch der ökumenische Gottesdienst vor der konstituierenden Sitzung des Bundestages stattgefunden habe, sagte Klöckner am Dienstagabend im ZDF. Weil ihr der Gottesdienst wichtig sei, sei sie dorthin gegangen. Außerdem habe sie diesen Termin zuerst zugesagt.
Wieder keine Zeit? Fraglich ist nun, ob sie mit einer derartigen Terminkollision noch einmal eine Absage begründen kann. Der AfD spielt der ganze Fall in die Karten. Sie dürfte in dieser Legislaturperiode versuchen, die anderen Parteien und insbesondere die Union immer wieder in heikle Situationen zu bugsieren.
Unter eins
Ex-Finanzstaatssekretär Florian Toncar – einer der sechs FDP-Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht, dessen Klage in Karlsruhe abgewiesen wurde
Zu guter Letzt
Dem Wolf geht es wohl bald leichter an den Kragen. Wenn es nach der AG Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt der schwarz-roten Verhandlerinnen und Verhandler geht, soll der Vorschlag der EU-Kommission zur Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes national umgesetzt werden. „Wir nehmen den Wolf umgehend ins Jagdrecht auf und erneuern dabei das Bundesjagdgesetz punktuell“, heißt es in dem entsprechenden Papier.
Die Kommission hatte vorgeschlagen, den Schutzstatus in der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) angesichts der steigenden Wolfspopulationen in Europa von „streng geschützt“ auf „geschützt“ abzusenken. Dann wäre das Management von Wolfsbeständen – also die Jagd auf Wölfe – leichter möglich. Zuvor wurde bereits der Schutzstatus in der Berner Konvention des Europarates abgesenkt. Ministerrat und Parlament müssen dem Vorschlag der Kommission zustimmen, dann könnte eine neue Bundesregierung die Änderung national umsetzen – etwa durch eine Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht.
Doch damit die Jagd erleichtert wird, müsste Berlin bis zur Jahresmitte einen sogenannten „günstigen Erhaltungszustand“ des Wolfes melden. Die aktuelle Regierung wollte das nur für einige Bundesländer tun. Eine künftige müsste den Erhaltungszustand hingegen für das gesamte Bundesgebiet erklären.