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Nutzungsrechte erwerbenDeutschland ohne Führung im Handelsstreit
Freitag, 4. April 2025Guten Morgen. Donald Trump hat das Regieren in Deutschland noch einmal schwerer gemacht. Seine haarsträubende Rhetorik, die die USA als arme, ausgebeutete Nation darstellt, die schwer nachvollziehbaren Berechnungen und das von ihm ausgelöste weltweite Chaos machen angemessene Reaktionen schwer. Und vor allem stellen sie Planungen der Unternehmen und Prognosen zum Wachstum gründlich infrage.
Wenn der Zollstreit nicht doch noch beigelegt wird – und danach sieht es nicht aus – würde ein weiteres Versprechen von Friedrich Merz wackeln: Nämlich, dass es mit der deutschen Wirtschaft bald wieder aufwärtsgeht. Schon der Bruch des Versprechens, keine neuen Schulden zu machen, schadet offenbar der Union. Im jüngsten Deutschlandtrend der ARD kommt sie nur noch auf 26 Prozent (minus drei). Während die AfD auf 24 Prozent vorrückt (plus drei), ihren bisherigen Höchststand. Es wird also Zeit, dass die neue Koalition zu arbeiten anfängt und Merz Wege findet, seinem Volk zu erklären, dass die Welt ganz anders ist als das Bild, das er im Wahlkampf gemalt hat.
Willkommen am Platz der Republik.
Was wichtig wird
Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck zog gestern eine besonders drastische Parallele: Die Entscheidung der USA zur Einführung umfassender Zölle sei vergleichbar mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und der drohenden Gasmangellage, die die gerade vergangene Legislaturperiode stark bestimmt habe. Trumps Zoll-Ankündigungen werden die nächste Legislaturperiode und die nächste Regierung „stark prägen“, sagte Habeck. Und zwar „weit über Deutschland, weit über Europa hinaus“. Die neue Regierung, die jetzt mit Trumps Welthandels-Unordnung zurecht kommen muss, gibt es aber noch nicht. Noch ein Problem für die schwarz-roten Koalitionsgespräche.
Fokus auf Schwarz-Rot: Laut Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) könnte der wirtschaftliche Schaden der neuen Zölle rund 200 Milliarden Euro betragen. Auch die Wirtschaft reagierte prompt. „Der Druck auf Union und SPD ist noch einmal gewachsen, Tempo bei den Koalitionsverhandlungen zu machen und alles dafür zu tun, dass wir so wettbewerbsfähig wie möglich werden“, sagte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Höhere Steuern und Abgaben seien das letzte, was die Wirtschaft in dieser Lage gebrauchen könne.
Diesen Druck spüren die Verhandelnden. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, mit den US-Zöllen würden die wirtschaftlichen Herausforderungen größer. Es müsse nun ein „Politikmix“ geben aus Investieren, Konsolidieren, Reformieren. „Der muss gelingen, dann können wir auch gegen das, was da aus USA droht, bestehen. Aber diese Aufgabe ist jetzt noch mal größer geworden“, sagte Dobrindt.
Die Finanzen bleiben der Knackpunkt. Die entsprechende Arbeitsgruppe tagte zuletzt bis in die Nacht, sagte Dobrindt. Es sei spät gewesen, aber produktiv. „Ich kann nur sagen: Es geht voran“, sagte er. Besonders in der Union werden nun die Rufe nach einer Stärkung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit, also auch einer Entlastung deutscher Unternehmen, laut. Für Friedrich Merz, der spätestens Anfang Mai Kanzler werden will, gefährdet der Handelsstreit ein weiteres Wahlversprechen – für einen Aufschwung zu sorgen. Immer wieder hatte er der Ampel vorgeworfen, an der Rezession schuld zu sein. Ein drastischer Exportrückgang in wichtigen Branchen wie Auto- und Maschinenbau würde aber in seine Amtszeit fallen.
Einen „Anschlag“ auf die Welthandelsordnung sieht Bundeskanzler Olaf Scholz, einen „Frontalangriff“ der Bundesverband für den Groß- und Außenhandel. „Vollkatastrophe“, sagte der Chef der CDU/CSU-Abgeordneten im Europaparlament, Daniel Caspary. Vom Gefühl, dass Europa vom ältesten Bündnispartner im Stich gelassen wird, sprach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Welche Taten den markigen Worten in der EU folgen, ist allerdings weniger klar. Gegenzölle werden zwar vorbereitet, aber noch immer spricht die EU-Kommission auch von Verhandlungen.
Verhandlungshoffnung: Von der Leyen warf US-Präsident Donald Trump zwar vor, dass es keine Ordnung in der von ihm angerichteten Unordnung gebe und Millionen Menschen vor allem in den USA nun höhere Preise zahlen müssten. Andererseits sei die Kommission durchaus bereit, über Schwächen im internationalen Handelssystem zu reden. „Lasst uns von Konfrontation zu Verhandlungen kommen“, sagte von der Leyen. Zu verhandeln hatte zuletzt EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič versucht, der neue Gespräche mit US-Vertretern ankündigte. Bisher ist aber unklar, ob und worüber die USA im Einzelnen zu verhandeln bereit wären. Die US-Regierung hat große Teile der EU-Gesetzgebung etwa zum Datenschutz oder Lebensmittelsicherheit als indirekte Handelshemmnisse identifiziert.
Gegenmaßnahmen: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, sollten wir keine faire Vereinbarung erreichen“, sagte Šefčovič. Mitte April würden Zölle auf ausgewählte US-Produkte wie Whisky oder Motorräder in Kraft treten, ein zweites Paket mit umfangreicheren Zöllen für Ende April ist laut von der Leyen in Vorbereitung. Europa werde seine Interessen vertreten und sich wehren, auch wenn andere Länder versuchen sollten, ihre Überkapazitäten auf den EU-Markt zu bringen.
Trotzdem fair bleiben: „Wir erwarten, dass die EU-Kommission jetzt schnell, angemessen und in gleicher Höhe“ zurückschlägt, sagte Daniel Caspary, allerdings unter Beachtung der Regeln der Welthandelsorganisation. Darauf drängt auch Frankreich. Allerdings würden die USA laut deren Finanzminister Scott Bessent mit einer weiteren Eskalation reagieren, wenn die EU neue Zölle einführt. Die Kommission hat den Vorteil, dass sie für Handelsfragen zuständig ist und die Unterstützung des Parlaments hat. Bei den weiteren Konsequenzen dürfte es weniger Einigkeit geben: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stellte gestern infrage, ob europäische Firmen angesichts der feindlichen Haltung der USA dort überhaupt noch investieren sollten. Deutsche Konzerne denken dagegen über zusätzliche Investitionen im US-Markt nach.
Die Zollpolitik der USA bringt auch die Zentralbanken in Nöte. Nach einhelliger Meinung von Ökonomen wird die Inflation in den USA steigen, während das Wachstum leiden dürfte. „Stagflation“ heißt das Fachwort. Um die Inflation zu bekämpfen, erhöhen die Notenbanken in der Regel die Zinsen, was aber dem Wachstum schadet. Die US-Notenbank Fed wiederum hat ein Doppelmandat; sie soll auch auf den Arbeitsmarkt achten. Zwar will US-Präsident Donald Trump Millionen neue Arbeitsplätze schaffen, indem die meisten Waren wieder in den USA produziert werden, aber wenn das überhaupt klappt, dürfte es Jahre dauern.
Auf dem Prüfstand: Trump hält ohnehin nichts von hohen Zinsen. Sollte die Fed also aggressiv gegen die Inflation vorgehen, wenn diese demnächst steigt, könnte Trump versuchen, die Unabhängigkeit der Zentralbank zu beschneiden. Die ist in den USA anders als in Europa nicht verfassungsrechtlich zementiert. Auch für die Europäische Zentralbank (EZB) ist die Lage aber jetzt komplizierter. Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte gestern, er erwarte weltweit weniger Wachstum, höhere Preise und mehr Unsicherheit. Das stelle auch „Erreichtes in der Geldpolitik auf den Prüfstand“, so Nagel.
Wiederholte Zinssenkung? Die EZB hat seit dem vergangenen Sommer in jeder ihrer Sitzungen die Zinsen gesenkt. Für die nächste Sitzung in zwei Wochen erwarten die Marktteilnehmer eine erneute Senkung des maßgeblichen Einlagesatzes von 2,5 auf 2,25 Prozent. Einige Mitglieder des EZB-Rates wie der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann und auch Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel warnen angesichts der neuen Inflationsgefahren vor einem Automatismus, deshalb wird auch eine Pause bei den Zinssenkungen nicht mehr ausgeschlossen.
Kurs zu halten, wird schwer: Tatsächlich würden umfangreiche Gegenzölle der EU und eine Störung internationaler Lieferketten die Inflation im Euro-Raum eher erhöhen. Andererseits könnte China noch mehr Produkte billig auf den europäischen Markt werfen, was laut Wirtschaftsminister Robert Habeck „deflationär“ wirken würde. Gestern fielen die Rohstoffpreise weltweit und der Euro stieg gegenüber dem Dollar, was zumindest kurzfristig auf die Inflation drückt. Für alle Notenbanken wird es schwerer, einen zinspolitischen Kurs für längere Zeiträume beizubehalten.
Der Leiter des UN-Entwicklungsprogramms UNDP, Achim Steiner, sieht im Engagement der Bundesregierung bei der Entwicklungshilfe auch wirtschaftliche Vorteile für Deutschland. „Diese Investitionen liegen im nationalen Interesse Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger, denn sie schaffen Stabilität auf den Weltmärkten und stoppen oder verhindern Konflikte“, sagte er SZ Dossier. „Für Deutschland ist dies eine Chance, Beziehungen zu schaffen, die dem 21. Jahrhundert angemessen sind – eingebettet in die Europäische Union.“
Steiner reagiert damit auf die Debatte im Zuge der Koalitionsverhandlungen. Vor allem die Union würde gerne die zukünftige Höhe der Ausgaben für Hilfsprojekte im Ausland kürzen. Sie plädiert zudem für eine Integration des Bundesentwicklungsministeriums ins Auswärtige Amt. Die SPD – die derzeit auch die geschäftsführende Entwicklungsministerin Svenja Schulze stellt – hält an dem Ministerium fest. Hinzu kommen Veränderungen auf internationaler Ebene: US-Präsident Donald Trump lässt die US-Hilfsagentur USAID zerschlagen; Großbritannien kürzt die Mittel für Entwicklungshilfe zusammen.
Genau davor warnt der ranghöchste deutsche UN-Beamte die Bundesrepublik. „In dieser Zeit des Ungleichgewichts und der Ungewissheit ist es die Führungsstärke, wie sie Deutschland an den Tag legt, die den Ausschlag gibt“, sagte er. Es sei wichtig, dass Deutschland die Werte und Prinzipien der Vereinten Nationen und der UN-Charta hochhalte. „Das fortgesetzte Engagement Deutschlands wird auch in Zukunft der Schlüssel zur Festigung dieser wegweisenden Führungsrolle in der globalen Entwicklung sein.“
Einmal die Rechnung, bitte! „Als Champion der internationalen Entwicklungszusammenarbeit haben Deutschlands Investitionen einen Multiplikatoreffekt“, sagte der UNDP-Chef. Dies gelinge sowohl durch die Mobilisierung von Finanzmitteln als auch durch die Einbindung neuer Partner. „So hat das UNDP beispielsweise für jeden Euro, den Deutschland in den Klimaschutz investiert hat, weitere 2,5 Euro von anderen internationalen Gebern und Finanzierungsmechanismen mobilisieren können.“
Dieser Text erschien zuerst in unserem Dossier Nachhaltigkeit, das Sie hier zwei Wochen lang kostenlos abonnieren können.
Tiefgang
Die 20. Legislaturperiode ist offiziell zu Ende. Und damit ist für etliche Politikerinnen und Politiker auch ihre Zeit im Bundestag vorbei. Entweder weil sie aus freien Stücken aufgehört haben oder weil sie selbst oder gar die ganze Partei nicht wiedergewählt worden sind. Doch während die Abgeordneten mit dem Übergangsgeld erst einmal verhältnismäßig gut versorgt sind, sieht es bei ihren ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anders aus. Für sie steht jetzt die Suche nach einem neuen Job an – und bis dahin bisweilen Arbeitslosengeld.
Die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt sind gleichwohl anders, härter als zuletzt: Das liegt einerseits an der Reform des Wahlrechts: im 21. Deutschen Bundestag sitzen mehr als 100 Abgeordnete weniger als im 20. Das liegt aber auch an der Zusammensetzung des neuen Bundestages: Vor allem für Bewerberinnen und Bewerber aus dem sozialdemokratischen oder grünen Spektrum ist der Kreis potenzieller Arbeitgeber kleiner geworden, schließlich ist die AfD-Fraktion nahezu doppelt so groß wie in der vergangenen Legislaturperiode. Und ein Wechsel innerhalb der eigenen Fraktion gestaltet sich ebenfalls schwierig, wenn – wie im Fall der SPD – deutlich weniger Büros zur Verfügung stehen als zuvor.
Eine Abgeordnete, die nicht mehr dabei ist, ist zum Beispiel Ye-One Rhie (SPD) aus Aachen. Einige ihrer ehemaligen Mitarbeiter hätten zwar bereits neue Jobs, „aber gerade in Berlin ist es schwieriger, etwas zu finden, als mein Team und ich gedacht haben“, sagt Rhie. Daher seien einige noch auf der Suche. Natürlich habe sie ihre Kolleginnen und Kollegen gefragt, ob sie noch Platz in ihrem Team hätten. Das sei aber nicht sonderlich erfolgreich gewesen, weil schlicht die Kapazitäten fehlten.
In Absprache mit ihren ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe sie sich auch bei Verbänden umgehört, habe angefragt, ob jemand seinen Lebenslauf schicken könne. „Aber viel mehr als die Augen offenhalten, kann man nicht machen“, sagt Rhie.
Das sei eigentlich das Schlimmste am verpassten Wiedereinzug in den Bundestag gewesen, erzählt sie. „Ich weiß ja, dass diese Menschen von mir abhängig sind und davon, wie ich abschneide.“ Dass ihre Leute ihren Job verloren hätten, obwohl sie ja gute Arbeit geleistet hätten, sei „bedrückend“, sagt Rhie. „Da habe ich schon ein schlechtes Gewissen.“
Dramatischer ist die Lage bei der FDP. Die ist schließlich gar nicht mehr im Bundestag vertreten. Eine frühere Büroleiterin eines FDP-Abgeordneten sagt, sie erhalte zurzeit Arbeitslosengeld 1 und sei gerade dabei, sich weiterzubilden. Sie habe zwar Angebote von Unternehmen erhalten, sagt sie, die hätten ihr aber nicht zugesagt. Und in dem Bereich, in dem sie gerne arbeiten würde, seien ihre Bewerbungen bislang abgelehnt worden. Die Konkurrenz zurzeit sei eben groß. „Da sind jetzt viele Leute zur gleichen Zeit und mit einem sehr ähnlichen Profil in Berlin auf dem Arbeitsmarkt.“
Was ihre finanzielle Situation angeht, sei sie aber relativ entspannt, erzählt die frühere FDP-Büroleiterin, sie müsse ihre Miete nicht allein bezahlen, sondern könne sie sich mit anderen teilen. In ihrem Umfeld gebe es aber auch ehemalige Mitarbeiter, „die die Hände über dem Kopf zusammenschlagen“, weil sie jetzt arbeitslos seien.
Einer weiteren ehemaligen Mitarbeiterin eines FDP-Abgeordneten geht es ähnlich. Auch sie bekommt jetzt ALG 1 und nutzt die Zeit, um sich umzuorientieren. Seitens des Bundestages habe es Veranstaltungen von der Agentur für Arbeit gegeben. „Die haben erklärt, welche Anträge bis wann wie gestellt werden müssen und wer die Ansprechpartner sind“, erzählt sie. Auch die Abgeordneten der FDP seien in vielen Fällen bemüht gewesen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzuvermitteln. „Je nachdem, wie groß das Netzwerk des Abgeordneten natürlich war“, fügt sie hinzu.
Avancen gab es aber auch von der politischen Konkurrenz, erzählt sie. Die Union habe etwa eine E-Mail für Initiativbewerbungen eingerichtet. Dort hätten Leute von der FDP, die gerne zur Union wechseln würden, „ganz unverbindlich“ ihren Lebenslauf hinschicken können. Sie wisse zudem von „ein, zwei Fällen“, bei denen Sachbearbeiter auch zu AfD-Abgeordneten gewechselt seien.
Wie schwierig die Jobsuche letztendlich sei, hänge von verschiedenen Faktoren ab. Für „Parteisoldaten“ etwa sei es ungleich schwerer. Die hätten ihr Netzwerk vorrangig innerhalb der Partei. Wer noch nicht lang genug gearbeitet habe, bekomme vielleicht kein Arbeitslosengeld. Und: Wer eine Familie versorgen müsse, blicke ebenfalls anders auf die Situation.
Aber: „Ich glaube, für viele ist der Bundestag immer noch ein Einstiegsjob“, sagt die ehemalige Mitarbeiterin. Viele kämen von der Uni an einen der Jobs im Parlament und seien sehr jung. Die wechselten danach „eigentlich immer in die Wirtschaft oder in die Verbändelandschaft“.
Auch sie denkt über diesen Schritt nach, obwohl sie gerne wieder im Bundestag arbeiten würde. Darin sieht sie aber kein Hindernis: „Ich glaube, für mich wäre das jetzt kein Nachteil, dass ich vielleicht jetzt drei bis vier Jahre in einem Verband bin und danach wieder in den Bundestag gehe.“ Tim Frehler, Gabriel Rinaldi
Fast übersehen
Der Osten will sichtbarer sein: Die sechs ostdeutschen Ministerpräsidenten fordern von CDU, CSU und SPD eine ausreichende Berücksichtigung der Interessen der ihrer Bundesländer in der nächsten Bundesregierung. „Wir verkörpern 20 Prozent der Bevölkerung Deutschlands und das wollen wir auch in einem neuen Bundeskabinett vertreten sehen“, sagte Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) nach einem Treffen der Ost-Landeschefs in Berlin am Donnerstag.
Das Geld soll schnell fließen: Voigt forderte ebenso wie Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), dass der Bund die Kreditlinie des 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögens Infrastruktur „unbürokratisch und schnell“ bereitstellen solle. Außerdem plädierten die Ost-MPs dafür, dass es auch in Zukunft einen Ostbeauftragten im Kanzleramt gibt. Einem Bericht der SZ zufolge wird das aber wohl nicht mehr der SPD-Politiker Carsten Schneider sein. Da nun voraussichtlich jemand anderes als Olaf Scholz Kanzler werde, sagte Schneider am Rande der Konferenz über sein Amt: „Das endet dann.“
Ungarn wird ein sicheres Reiseland. Zumindest für Politiker, die wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen international gesucht werden: Der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyás kündigte gestern an, dass Ungarn den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) verlässt. Der hatte Ende November 2024 den Haftbefehl gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen in Gaza verhängt.
Haftbefehl ignoriert: Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hatte den israelischen Premier an seinem Amtssitz auf der Budaer Burg mit allen Ehren eines hohen Staatsgastes empfangen, berichtete die Deutsche Presse-Agentur. Dabei hätte Ungarn den vom IStGH mit Haftbefehl belegten Netanjahu eigentlich festnehmen müssen. Orbán hatte ihn unmittelbar nach dem Erlass des Haftbefehls demonstrativ nach Ungarn eingeladen und dabei bekräftigt, den Haftbefehl ignorieren zu wollen.
Was macht Deutschland? Friedrich Merz (CDU), der wohl künftige Bundeskanzler, hatte ebenfalls angekündigt, Netanjahu nach Deutschland einladen zu wollen. Er werde Wege finden, dass dieser nicht festgenommen werden müsse. Auch der geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz glaubt nicht, dass der internationale Haftbefehl gegen Netanjahu bei einem möglichen Deutschlandbesuch vollstreckt würde: Dass es in Deutschland zu einer Verhaftung kommt, könne er sich nicht vorstellen, sagte Scholz am Donnerstag.
Unter eins
CDU-Verhandlerin Karin Prien zum Stand der Koalitionsgespräche
Deutschland in Daten

Zu guter Letzt
Schwarz-Rot-Gold soll es richten. Hinter den Farben der deutschen Flagge könne man sich in unsicheren Zeiten versammeln, deshalb solle sie künftig an allen öffentlichen Gebäuden zu sehen sein, meint die AfD im Landkreis Jerichower Land in Sachsen-Anhalt.
Nach übereinstimmenden Medienberichten schloss sich die CDU ungeachtet aller Brandmauern der Idee an und nun gibt es eine Art Fahnenpflicht – jedenfalls da, wo es schon einen Fahnenmast gibt. Ob man zusätzlich etwa die Europafahne hissen darf, ist nicht bekannt. Die deutsche Trikolore spielte schon in der Demokratiebewegung 1848 eine Rolle und wurde von Nationalisten zweimal abgeschafft. Die Schulen, die die Flagge auch hissen sollen, könnten dazu deutsche Demokratiegeschichte lehren.