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Nutzungsrechte erwerbenGuten Morgen. Bis in die Nacht hinein tagten die Koalitionsverhandler gestern im Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale der CDU. Seinen für den Abend geplanten Auftritt bei der Jungen Union hatte Friedrich Merz vorsorglich abgesagt – wohlwissend, dass es spät werden würde.
Laut einem Bericht der Bild saßen seit dem späten Nachmittag nur noch die Parteichefs Friedrich Merz, Markus Söder, Lars Klingbeil und Saskia Esken zusammen. Der Tagesspiegel berichtete auch von einem Zweiergespräch zwischen Merz und Klingbeil.
Kurz vor Mitternacht war dann allerdings klar, dass noch nicht alles klar ist. Um 9:30 Uhr soll es heute weitergehen, wieder im Adenauer-Haus. Ziel sei eine Einigung bis zum Mittag, hieß es laut dpa aus Verhandlungskreisen.
Herzlich willkommen am Platz der Republik.
Was wichtig wird
In der CDU geht es gerade darum, wer über den Koalitionsvertrag entscheiden soll, sobald er fertig ist. Zuletzt gab es Forderungen nach einem Mitgliedervotum, etwa aus dem Brandenburger Landesverband. Für eine solche bundesweite Befragung der Parteibasis bräuchte es ein Drittel der Landesverbände und eine absolute Mehrheit im Bundesvorstand. Beides gilt als sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist es, dass am Ende ein „Kleiner Parteitag“ entscheidet.
Forderung nach Mitgliederbefragung: Der Brandenburger CDU-Chef Jan Redmann zeigte sich im Tagesspiegel offen dafür – es bildeten sich auch mehrere Initiativen, die im Internet Unterschriften sammeln (etwa hier und hier). Die Abgeordnete Inge Gräßle aus Schwäbisch Gmünd begrüßte den Vorstoß. Ihre Argumentationslinie: Mitgliedervoten seien Teil der Verhandlungs- und Druckstrategie der SPD gegen die Union. „Es ist an der Zeit, demokratische Prozesse zu leben, statt präsidiales Vorgehen zu pflegen“, sagte Gräßle. Und es würde, so die Abgeordnete, „innerparteilich befrieden“.
Im Harz sehen sie das anders. Von Befriedung kann dort keine Rede sein. Nicht nur einen Mitgliederentscheid wünscht man sich, sondern auch das Ende der Brandmauer. Die Mitteldeutsche Zeitung berichtet, der Kreisverband Harz in Sachsen-Anhalt fordere, dass die CDU das Kooperationsverbot mit der AfD abschaffe. Der Kreisvorstand hat demnach einen entsprechenden Beschluss mit fünf Forderungen an die Landesgeschäftsstelle weitergeleitet. Der CDU-Landesverband hat sich bereits distanziert. CDU-Bundesvorstandsmitglied Dennis Radtke bezeichnete eine Debatte über die Brandmauer als „in höchstem Maße toxisch für die CDU“, schreibt Robert Roßmann in der SZ.
In Berlin will man keinen Mitgliederentscheid. Der Plan ist ein sogenannter „Kleiner Parteitag“ – das zweithöchste CDU-Gremium. „Das werden wir so auch handhaben“, sagte Thorsten Frei gestern. Satzungsgemäß soll also der sogenannte Bundesausschuss über den Koalitionsvertrag entscheiden. Dorthin dürfen die Landesverbände einen Delegierten „je angefangene 4000 Mitglieder“ entsenden. Ebenfalls eingeladen sind der Bundesvorstand und Vertreterinnen und Vertreter der acht CDU-Vereinigungen. Es ist also ein deutlich kleineres Format als ein regulärer Parteitag. Außerdem werden dort eher hochrangige Parteipolitiker und weniger die Parteibasis erwartet.
Dabei war das nicht immer so. Die Junge Union war es, die 2018 eine Satzungsänderung durchgesetzt hatte: Künftig sollten Koalitionsverträge durch einen „richtigen“ Parteitag abgesegnet werden. Im Februar 2025 kam es allerdings zur Rolle rückwärts: Beim Bundesparteitag in Berlin gab es einen erneuten Änderungsantrag des Bundesvorstands. Die damalige Schatzmeisterin Julia Klöckner sagte, ein solcher Parteitag koste eine Million Euro. Deshalb solle lieber der Bundesausschuss entscheiden. Die Aussprache dauerte keine zehn Minuten, der Parteitag stimmte der Änderung zu. Geplant ist der „Kleine Parteitag“ Ende April.
Geht es nach den Grünen, soll der Bundestag noch in dieser Woche zusammenkommen. „Unternehmen & Arbeitnehmer brauchen Antworten auf die Zollpolitik von Trump!“, schrieb Fraktionschefin Katharina Dröge auf X. Daher bieten die Grünen Union und SPD an, eine Sondersitzung einzuberufen.
Praktisch: Die Grünen sind ohnehin vor Ort. Sie treffen sich von heute bis Freitag zur Fraktionsklausur im Bundestag. Es soll um die strategische Ausrichtung gehen, um die Arbeitsweise der Fraktion und um die Rollenbeschreibung der Abgeordneten, wie es aus Kreisen der Fraktion hieß. Am Donnerstag soll Luisa Neubauer zu einem Input digital zugeschaltet sein.
Ablehnung aus der SPD: Die Reaktionen aus den anderen Parteien im Hinblick auf die Sondersitzung sind allerdings bestenfalls verhalten. Dirk Wiese, Fraktionsvize der SPD, sagte der Rheinischen Post, er könne den Aktionismus der grünen Führung „wenig nachvollziehen“. Die aktuelle Bundesregierung sei schließlich bis zur Wahl eines neuen Kanzlers geschäftsführend im Amt, „auch die grünen Minister“.
Braucht’s das? Wenig euphorisch, aber nicht gänzlich ablehnend, äußerte sich Thorsten Frei, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion. Man müsse sehen, ob es passt, sagte er laut Bericht der RP. Der Ball liege ja ohnehin bei der Europäischen Union, deswegen müsse man sich anschauen, welchen Mehrwert eine solche Sitzung biete.
In ihrem Wahlprogramm schrieb die AfD: „Deutsche Unternehmen sollen an der Weltspitze der Exportunternehmen stehen.“ Mit Trumps Zollpolitik könnte das schwierig werden. Gleichzeitig suchten Politikerinnen und Politiker der AfD aber zuletzt die Nähe des US-Präsidenten und dessen Administration. AfD-Chef Tino Chrupalla flog zu Trumps Amtseinführung nach Washington, Alice Weidel traf Vizepräsident J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz, plauderte mit Elon Musk auf X und per Liveschalte nach Halle an der Saale. Wie also geht die AfD mit der neuen Lage um? Schließlich sind ihr die deutschen Interessen ja immer sehr wichtig. Rückt sie nun von Trump ab?
Danach sieht es nicht aus. AfD-Politikerinnen und -Politiker zeigen vielmehr Verständnis für den Kurs des US-Präsidenten, auch wenn er Deutschland schadet. Fraktionsvize Stefan Keuter sagte: Mit Blick auf die Interessen der USA sei Trumps Haltung nachvollziehbar. „Auch wenn die deutsche Wirtschaft nun durch zusätzliche Zölle belastet wird.“ Kay Gottschalk, stellvertretender Bundessprecher, sagte, ihm wären zwar gar keine Zölle am liebsten, aber diese Pille müsse man nun schlucken. „Die Medizin ist für alle bitter, aber sie ist die richtige.“ Und Parteichef Tino Chrupalla äußerte in der Bild Verständnis für Trump. Manchmal müsse man Freihandel einschränken, um seine Wirtschaft zu schützen.
Sehen das alle so? Damit sind die AfD-Politiker zwar auf einer Linie mit dem US-Präsidenten. Der rechtfertigte die Kurseinbrüche an den Börsen zuletzt mit dem Satz: „Manchmal muss man Medizin nehmen, um etwas zu heilen.“ Einig sind sie sich in der in Teilen rechtsextremen Partei allerdings nicht. Gerold Otten, der sich zuletzt für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten beworben hatte, sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, die USA schadeten sich selbst. Trumps Handeln nannte er „wirtschaftspolitischen Harakiri“. Man müsse ihm klarmachen, dass er Deutschland schade. Und anders als ihr Co-Sprecher Chrupalla äußerte Alice Weidel kein Verständnis für Trump: „Zölle schaden unserer Wirtschaft“, schrieb sie auf X. „Um Gefahren abzuwenden, müssen wir Lösungsmöglichkeiten mit den USA ausloten.“
Tiefgang
Es ist zu Beginn jeder Legislatur dasselbe und es ist eine Diskussion, die viele Abgeordnete scheuen: Als eine der ersten Abstimmungen wird es im neuen Parlament um die Erhöhung der Abgeordnetendiäten gehen. Das Vorgehen ist zwar Standard, birgt aber jedes Mal aufs Neue Zündstoff.
Schließlich ist es ein seltsames Signal an die Bürgerinnen und Bürger, wenn sich deren Volksvertreterinnen und Vertreter als Erstes eine „Gehaltserhöhung verschaffen“ – so kann es zumindest rüberkommen. Doch dass es so geschehen soll, wurde 1975 von höchster juristischer Stelle festgelegt: Das „Diäten-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet die Abgeordneten ausdrücklich, selbst und „vor den Augen der Öffentlichkeit“ über die Höhe ihrer Mandatsentschädigung zu beschließen.
Für die neu begonnene Legislaturperiode steht eine Erhöhung um 606 Euro pro Monat zur Debatte. Die Diäten könnten ab Juli um 5,4 Prozent steigen; Grundlage ist die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Nominallohnindex.
Weil es eben keine angenehme Diskussion ist, scheuen sich insbesondere die Fraktionen, die die künftige Regierung stellen werden, vor einer Aussage – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Als Grund werden die andauernden Verhandlungen zur Regierungsbildung angegeben: Eine Diätenerhöhung sei momentan noch nicht Thema, ein Beschluss dazu stehe derzeit noch aus, heißt es dazu aus der SPD-Fraktion. Und aus der Unionsfraktion wird in Bezug auf die „sich momentan beschleunigenden Koalitionsverhandlungen“ mitgeteilt, dass man für die Beantwortung der Anfrage mehr Zeit brauche.
Es sei ein Thema, das „erst im Mai“ aktuell werde, teilt die SPD noch mit. Warum erst dann? Weil in diesem Monat noch keine reguläre Sitzungswoche des Parlaments stattfinden wird, anders als zunächst angesetzt. Alles hängt an der Regierungsbildung, aber nach derzeitigem Stand kommt das Parlament das nächste Mal am 8. Mai zu einer Gedenkfeier zusammen. Dann soll im Bundestag der Befreiung Deutschlands von der nationalsozialistischen Diktatur vor 80 Jahren gedacht werden.
Der Opposition fällt eine Positionierung naturgemäß leichter: Linke und AfD sprechen sich gegen eine Diätenerhöhung aus. In der Linkspartei haben die beiden Vorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken angekündigt, ihr Gehalt bei 2850 Euro netto monatlich zu deckeln. Bei ihren Bezügen als Parteivorsitzende wollen sie sich am durchschnittlichen Gehalt in Deutschland orientieren. Ihnen stehen laut Parteisatzung 8162,50 Euro im Monat zu. In der Fraktion werde diskutiert, ob die Abgeordneten es der Parteiführung gleichtun, berichtete van Aken jüngst nach der Linken-Klausur.
Die Grünen, jetzt wieder in der Opposition, stehen einer Erhöhung offen gegenüber: „Die Entwicklung der Diäten orientiert sich an transparenten und berechenbaren Kriterien, über welche die Abgeordneten nicht einfach selbst entscheiden. Für uns als Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen hat sich dieser Mechanismus zur Anpassung der Diäten bewährt und wir werden ihn mittragen“, teilt die Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic mit.
Momentan bekommt jeder und jede Abgeordnete eine monatliche Diät in Höhe von 11 227,20 Euro (Stand Juli 2024). Zusätzlich haben die MdBs noch Anspruch auf eine Amtsausstattung (mit Sach- und Geldleistungen für Büros, Mitarbeiter und Reisekosten) und erhalten eine Kostenpauschale.
Letztere wird zu Beginn eines Jahres an die Lebenshaltungskosten angepasst und beträgt, Stand Januar 2025, 5349,58 Euro monatlich. Mit diesem Betrag sollen die Einrichtung und Unterhaltung eines oder mehrerer Wahlkreisbüros, Fahrten im Wahlkreis und für die Wahlkreisbetreuung sowie die Miete einer Zweitwohnung in Berlin gedeckt werden. Elena Müller
Fast übersehen
Erst das Land, dann die Partei: Man wird der SPD Franz Münteferings Worte wohl bis in die Ewigkeit vorhalten. Der sagte vor etlichen Jahren einmal über den Vorsitz der SPD: „Das ist das schönste Amt neben dem Papst.“ Manuela Schwesig will es trotzdem nicht. Sie habe im September 2026 eine Landtagswahl zu gewinnen und wolle Mecklenburg-Vorpommern weiter regieren, sagte sie dem Stern.
Lieber MV: Ohnehin erscheine ihr Berlin mitunter „wie ein Raumschiff“. In der Bundespolitik müsse man sich sehr viel Mühe geben, um bei den Leuten zu bleiben, sagte Schwesig. Damit sagt eine weitere Spitzenpolitikerin der SPD für den Parteivorsitz ab. Zuvor hatte bereits Anke Rehlinger abgewinkt. Aufgeschlossener scheint Bärbel Bas zu sein. Bei RTL/ntv ließ sie die Frage offen, ob sie Lust auf den Partei- oder Fraktionsvorsitz oder ein Ministerium habe.
Denk noch einmal nach, Donald: Elon Musk soll am Wochenende offenbar versucht haben, Donald Trump von einer Kehrtwende in Sachen Zollpolitik zu überzeugen. Das berichtet die Washington Post unter Berufung auf zwei informierte Personen. Musk habe demnach persönlich an Trump appelliert – vergeblich, wie sich herausstellte.
Durch die Blume: Dass Musk nicht unbedingt auf der Linie Trumps ist, zeigte sich auch öffentlich. Am Wochenende hatte er auf seiner Plattform X Peter Navarro angegriffen, den Handelsberater des Präsidenten, der als Kopf hinter Trumps Zollpolitik gilt. Am Montag teilte Musk ein Video, das den Ökonomen Milton Friedman zeigt, wie er anhand eines Bleistifts erklärte, warum freie Märkte essenziell seien.
Gestern Abend legte Musk nach. Auf X schrieb er, Navarro sei „wirklich ein Idiot“ und „dümmer als ein Sack Ziegel“. Der Handelsberater hatte zuvor angedeutet, Musk sei unzufrieden mit den Zöllen, da der von ihm geführte Tesla-Konzern auf die Einfuhr günstiger Autoteile angewiesen sei. Navarro sagte am Montag bei CNBC, Tesla sei eigentlich kein Autohersteller, sondern montiere nur Fahrzeuge aus fremden Zulieferungen. Musk behauptete anschließend auf X, Tesla sei der Autobauer mit dem höchsten Anteil an „US-Inhalten“.
Unter eins
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) wünscht sich, dass die EU im Zollstreit Zähne zeigt
Zu guter Letzt
Sie wird wohl ein wenig teurer, die zweite Stammstrecke in München. Für alle, die nicht das Glück haben, in der bayerischen Landeshauptstadt zu wohnen: Die zweite Stammstrecke soll den S-Bahn-Verkehr in München leistungsstärker und zuverlässiger machen. Dafür wird in bis zu 48 Metern Tiefe eine gut zehn Kilometer lange S-Bahn-Strecke gebaut.
Sie ist aber auch eines der Großbauprojekte in Deutschland, die viel länger dauern und viel teurer werden als gedacht. Im konkreten Fall beläuft sich die Rechnung mittlerweile auf 9,4 Milliarden Euro, mehr als zwei Milliarden mehr als es 2022 der Stand war, berichten Vivien Timmler und Klaus Ott in der SZ. Hinzugerechnet werden müssten noch gut 1,6 Milliarden Euro mehr an Inflationskosten für die Zukunft, sagte ein Bahn-Sprecher. Dazu kommt noch ein vergleichsweise kleiner Anteil der Stadt München. Das macht insgesamt mehr als elf Milliarden Euro.
Ursprünglich ging man von 3,85 Milliarden Euro aus. Der CSU-Landtagsabgeordnete Jürgen Baumgärtner rechnet gar mit Gesamtkosten von 14 Milliarden Euro. Seine Partei würde für die Kosten gerne auf das neue Sondervermögen zurückgreifen oder auf den KTF, in den Union und SPD (auf Druck der Grünen) 100 Milliarden pumpen wollen. Nach derzeitiger Planung, so heißt es auf den Seiten der Deutschen Bahn, soll das Projekt dann zwischen 2035 und 2037 fertiggestellt werden.